Matthias Beck arbeitet mit Gerhard Seeger an der Wetterstation, die vor dem Rathaus aufgestellt werden soll. Foto: Schwarzwälder Bote

Jugendarbeit: Seit acht Jahren bietet Gerhard Seeger im "Freiraum" eine Elektronikwerkstatt an

Die Elektronikwerkstatt im Bad Wildbader Jugendhaus "Freiraum" ist ein voller Erfolg. Seit 2012 nehmen Kinder und Jugendliche aus der Werkstatt an "Jugend forscht"-Wettbewerben teil. Doch so langsam leidet das Projekt an Nachwuchsmangel.

Bad Wildbad. Angefangen hat alles im Jahr 2010. Da nämlich ging der gelernte Maschinenbauingenieur Gerhard Seeger in den Ruhestand. Oder besser: den Unruhestand. Weil er die Elektronik schon sein ganzes Leben als Hobby betrieben hatte, wollte er sich ehrenamtlich mit Kindern in dieser Thematik engagieren.

Also mailte er verschiedene Schulen an. "Da habe ich teilweise nicht mal eine Antwort bekommen", sagt er. Andere lehnten das Angebot mit Blick auf eigene Projekte ab. Also wandte er sich ans Jugendhaus. Mit einem Muster zeigte er, was er gerne machen würde und das habe Anklang gefunden, sagt Seeger.

"Ich habe mich einfach in ein Zimmer gesetzt, meine Ausrüstung ausgepackt und angefangen, ein Blinklicht zu löten", erinnert er sich. Es habe nicht lange gedauert, bis das erste Kind herein kam und fragte: "Was machst du da? Darf ich das auch machen?" Ab diesem Zeitpunkt gab es also die Elektronikwerkstatt – mittwochnachmittags von 15 bis 18 Uhr.

Andrang riesengroß

Am Anfang sei der Andrang riesengroß gewesen. "Wir mussten sogar Gruppen einteilen", so Seeger. Irgendwann seien dann zwei Jungs dabei gewesen, die einen alten Scanner von zu Hause mitbrachten und auseinandernahmen. Nachdem die damals elf und zwölf Jahre alten Moritz Schulze und Moritz Bott überlegt hatten, was man daraus alles bauen könnte, entschieden sie sich für einen mikroprozessorgesteuerten Aufzug – das erste "Jugend forscht"-Projekt war geboren.

Ab da ging es nahtlos weiter mit Teilnahmen an dem Jungforscher-Wettbewerb: Geschwindigkeitsmesser mit Ultraschall, ein mitdenkendes und selbstregulierendes Haus, intelligenter Roboterarm, selbststeuerndes Auto oder der Test, welche Batterie die Beste ist.

Das elektronische Haus

Der bisherige Höhepunkt: Mit dem "elektronischen Haus" erreichten Victoria (14) und Veronica (16) Schübilla beim diesjährigen Wettbewerb in Nagold den zweiten Platz. "Besser geht’s nicht", freut sich Seeger. Die beiden Schwestern bauten in ihr altes Puppenhaus eine intelligente Haussteuerung ein. Regen- und Temperatursensoren steuern Fenster und Ventilator, ein Helligkeitssensor die Beleuchtung und ein Bewegungsmelder die Alarmanlage sowie eine Klingel mit Anrufbeantworter. Über einen Statusmonitor sind alle Werte der Sensoren auch abzulesen. Und die alten Glühbirnen haben die Mädchen durch LEDs ersetzt. "Das spart Strom", sagt Victoria. Den Strom erzeugen Solarzellen, der in einem Lithium-Ionen-Akku gespeichert wird. Die Steuerung erfolgt mit Arduino, einer aus Soft- und Hardware bestehenden Physical-Computing-Plattform, die die beiden mit einer "C++"-ähnlichen Programmiersprache fütterten.

Im nächsten Jahr wollen sie mit dem Haus wieder antreten. Dazu tüfteln sie mit Peter Klein, der seit zwei Jahren bei der Elektronikwerkstatt als Betreuer mit dabei ist, wie sie das Haus noch weiter optimieren können.

Seit zwei Jahren arbeiten sie einmal pro Woche in der Elektronikwerkstatt, in der sie sich auch alle ihre Elektronik-Kenntnisse aneigneten. Und was mit einfachen Blinklichtern, LED-Lauflichtern oder Sirenen begonnen hat, entwickelte sich schnell zu dem Hausprojekt, an dem die beiden mittlerweile seit eineinhalb Jahren arbeiten.

Und noch ein weiteres interessantes Projekt entsteht derzeit im Jugendhaus. Die altehrwürdige Wetterstation vor dem Wildbader Rathaus soll modernisiert werden. Daran arbeiten Timo Wöhr und Matthias Beck. Der 15-jährige Beck kam über das Sommerferienprogramm zur Elektronikwerkstatt. Daraus hat sich auch sein Berufswunsch entwickelt: Ingenieur. Das Projekt soll bis nach den Sommerferien abgeschlossen sein, denn dann beginnt für Beck die Kursstufe und damit die heiße Phase in Richtung Abitur.

Derzeit arbeiten vier bis fünf Kinder regelmäßig in der Elektronikwerkstatt mittwochs und der Erfinderwerkstatt freitagnachmittags. Das soll wieder mehr werden, da sind sich Seeger und Klein einig. "Wir wollen die Jugendlichen wieder begeistern. Ich denke nicht, dass sie weniger Interesse haben", sagt Klein. Und Seeger fügt an, dass sich die Ausrichtung so ändern könnte, dass die Kinder mit ihrem Smartphone arbeiten könnten, um damit Daten zu Hause auszulesen oder Dinge zu steuern. Aber natürlich gehört das löten und Bausätze bauen trotzdem dazu. Klein kann sich auch vorstellen, über die Webseite des Jugendhauses Werbung für die Elektronikwerkstatt zu machen.

Ein weiterer Weg scheint schwieriger zu werden. Jedes Jahr versuche das Jugendhaus, sich und sein Angebot an den Schulen vorzustellen. Dieses Jahr habe, so Seeger, eine Rektorin erstmals gesagt, das möchten wir nicht, das nehme zu viel Zeit in Anspruch.

Dennoch geben Seeger und Klein nicht auf. "Es wäre gut, wenn wir wieder mehr Kinder kriegen könnten", sagt Peter Klein, der anfügt: "Diese Elektronikwerkstatt in einem Jugendhaus ist einmalig." Er habe das noch nirgends anders gefunden. "Das ist eine Einrichtung, die erhaltenswert ist", so der Betreuer weiter.

Wer Interesse an der Elektronikwerkstatt im Jugendhaus, Calmbacher Straße 14, in Bad Wildbad hat, kann einfach mittwochs oder freitags vorbeikommen und kostenlos und unverbindlich schnuppern. Weitere Auskünfte gibt das Jugendhaus auch unter den Telefonnummern 07081/38 41 41 oder 38 41 42.