Gastronomen und Hoteliers beim ersten Gastro-Stammtisch, initiiert vom Dehoga-Vorsitzenden Wolfgang Richter (Sechster von links) und unter Mitwirkung von Frank Rieg (von rechts), Staatsbad, und Stefanie Dickgiesser, Touristik.Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Tourismus: Gastro-Treff des Bad Wildbader Dehoga-Verbands / Mohamed Mokni: "Stadt muss belebt und belegt werden"

Rund 20 Unternehmen der Bad Wildbader Hotellerie und Gastronomie hatte der Vorsitzende des Dehoga-Stadtverbandes, Wolfgang Richter, im Restaurant "JJ’s Raugrund", zu einem Gastro-Treff, dem ersten nach den extremen Einschnitten durch die Corona-Pandemie, eingeladen, an dem knapp die Hälfte der Angeschriebenen teilnahm.

Bad Wildbad. Dieser erste "Nach-Corona-Stammtisch" sollte die Auswirkungen der Pandemie darstellen, sowie "was uns bewegt", wie Richter sich äußerte. "Man könnte sich die Haare raufen über die anfänglichen Schwierigkeiten der Ausführungsbestimmungen," doch jetzt scheine es zu klappen. Wanderungen und E-Bike-Touren sowie die Konzerte seien nun ein Anfang in eine gewisse Normalität.

Mohamed Mokni erinnerte an die mehrmals wöchentlichen Telefonate und Kontakte mit der Touristik und wies darauf hin, dass man aus der Corona-Krise auch lernen könne. Man habe Zeit gehabt, um Ideen zu entwickeln. Mokni, Betreiber der Mokni-Hotels (Rossini und Badhotel), dankte vor allem Frank Rieg, dass die Thermalangebote (Vital Therme und Palais Thermal) wieder geöffnet seien, da diese eine wichtige Säule für den Bad Wildbader Kurbetrieb darstellen. Stammgäste, so Mokni weiter, kämen auch mal ohne Rossini-Festival. Schließlich habe Bad Wildbad eine positive Zukunft, wenn man gemeinsam dafür kämpfe.

Detlev Weingärtner vom Hotel Weingärtner wies darauf hin, dass man nun eine andere Marktsituation habe, die sich momentan allerdings auf niedrigstem Niveau bewege, ähnlich gehe es auch dem Einzelhandel. Die Situation sei problematisch, das Buchungsverhalten sehr kurzfristig, im April und Mai sei überhaupt nichts gelaufen, deshalb müsse man jetzt intensiv für den Herbst werben.

Mokni ergänzte dies, indem er darauf hinwies, dass Bad Wildbad nicht nur "Sommerberg" sei, die Stadt müsse belebt und belegt werden. Dies dürfe jedoch nicht durch Senkung der Preise geschehen, sondern durch Qualität und Entgegenkommen, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit den Gästen gegenüber.

Kundenumfrage zur Reiselust vorgestellt

Außer den Gastronomen beteiligten sich an diesem Gastro-Treff auch Stefanie Dickgiesser, Leiterin der Touristik Bad Wildbad, und Frank Rieg, Geschäftsführer der Staatsbad GmbH. Beide interpretierten anschließend eine "Endkundenbefragung der Heilbäder und Kurorte Marketing GmbH Baden-Württemberg" über Reiselust, Reisemotive und Reiseverhalten. Diese Umfrage erfolgte im Mai 2020, sie gab also zwar einen gewissen Einblick in die damalige Situation, wurde aber durch die jetzt gültigen Corona-Vorschriften zumindest teilweise überholt.

So waren 60 Prozent der Befragten direkt durch Corona und den damit verbundenen Einschränkungen betroffen (unabhängig von den für alle geltenden Schutzmaßnahmen). Dies habe negative Auswirkungen auf das Reiseverhalten, was besonders die eigene Zuordnung (Risikogruppe, Auswirkungen auf den Job und somit die eigenen finanzielle Planungssicherheit) betreffe. Innerdeutsche Reisen (Kurzurlaube) werden deutlich sicherer als Fernreisen bewertet, was allerdings kein Selbstläufer für den Binnentourismus sei. Die Schönheit von "Balkonien" verleite durchaus zum Daheimbleiben und auch mal dazu, auf eine Urlaubsreise zu verzichten (60 Prozent).

Bei den Sicherheitsbewertungen ausgewählter Freizeit- und Urlaubsaktivitäten stehen Wanderung, Besuch von Parkanlagen, Ferienwohnung, Wohnmobil und Camping recht positiv da, während Busreisen, Saunabesuch oder Besuch von Veranstaltungen (Oper, Theater, Konzert) als sehr risikoträchtige Freizeitaktivitäten gesehen werden.

Baden-Württemberger, so die Umfrage, haben bei den erholungsspezifischen Aktivitäten sowie Restaurantbesuchen geringere Bedenken als der Bundesdurchschnitt. Immerhin ist das Interesse am Binnenurlaub gestiegen, zumal sich die Lage seit Ende Mai zunehmend entspanne. Baden-Württemberg (25 Prozent) stehe derzeit im Urlaubsranking auf einem guten vierten Platz hinter Bayern (40 Prozent) Mecklenburg-Vorpommern (32 Prozent) und Schleswig-Holstein (28 Prozent), wobei die beiden Letztgenannten Meeresanrainer sind.

Seit Ende Mai entspannt sich die Lage

Seit Ende Mai entspanne sich die Lage, deshalb sei Werbung und Marketing jetzt entscheidend.

Der "Gesundheitsurlaub" stellt in den seltensten Fällen ein Hauptreisemotiv dar, wobei gesundheitliche Aspekte in allen Erholungsreisen angegeben werden. Auch Corona habe dem Motiv "Gesundheit" nicht den erhofften Aufschwung verliehen.

Dem Wusch, die Seele baumeln lassen, reine Luft zu atmen, eine ansprechende Natur zu erleben oder Baden und Schwimmen in sauberem Wasser könnten in Baden-Württemberg die Kurorte und Heilbäder durchaus gerecht werden. Deshalb solle man diese Motive in der Werbung herausstellen. Auch individuelle Erholungs- und Naturerlebnisse könnten im Mittelpunkt der Werbekampagne stehen.

Ablehnende Faktoren von Kurzurlaub in Deutschland sind finanzielle Engpässe, Reiseverschiebungen auf das nächste Jahr sowie Angst vor Ansteckung. Deshalb sei in der Tourismusbranche die Transparenz von Sicherheits- und Hygienemaßnahmen sehr wichtig.

Belegungszahlen Schlüssel zum Erfolg

Im sich anschließenden Gespräch wurde betont, dass Bad Wildbad alles für die Gäste biete (reine Luft, Therme, Natur), deshalb sei an Wochenenden die Stadt weitgehend voll. Grundsätzlich sei der Schlüssel zum Erfolg der Stadt steigende Belegungszahlen, wovon auch der Einzelhandel profitiere.

Bemängelt wurde, dass Bad Wildbad bei der CMT in Stuttgart, die, laut Dickgiesser, stattfinde, nicht mehr vertreten sei. Vorgeschlagen wurde ein Zusammengehen mit anderen Kurorten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Schwarzwald-Mitte-Nord GmbH stets mit einem Stand teilnehme, auf dem sich die Urlaubsorte in der Region präsentieren könnten.

"Kurstadtflair und ländliche Idylle – Thermalwasser und urgesundes Klima. Das ist es, was Bad Wildbad berühmt gemacht hat. Gesundheit tanken und neue Lebensfreude gewinnen – ein Besuch in Bad Wildbad macht das möglich", auf der Homepage der Stadt ist diese Aussage zu finden. Und wenn sie befolgt würde, müsste man keine Sorgen wegen der Belegung der Gästebetten haben, sofern diese Attraktionen nicht nur von Tagesgästen genutzt werden.

Mit einem kleinen Kurparkfilm, gedreht von derzeitigen Praktikanten der Touristik, wurde der erste Nach-Corona-Gastrotreff beschlossen. Es bleibt abzuwarten, wie sich bei intensiver Werbung der Zuspruch nach Urlaub in Bad Wildbad in den kommenden Monaten entwickeln wird.