Regisseur Valle Döring dreht im Mai mit seinem Team in Bad Wildbad. Foto: Mutschler

Karlsruher Student produziert Parodie auf Businessgesellschaft als Abschlussarbeit in Bad Wildbad.

Bad Wildbad - Das Sommerberghotel in Bad Wildbad kommt zu neuen Ehren. Der Hotelbetrieb ruht seit einigen Jahren, große Teile des einst stattlichen Gebäudes stehen leer. Diesen Umstand nutzt nun Valle Döring. Der Student an der Karlsruher Hochschule für Gestaltung lässt zumindest einen Teil des Gebäudes als Kulisse für seinen Abschlussfilm in neuem Glanz erstrahlen.

Es sei nicht das erste Mal, dass das alte Bad Wildbader Hotel als Kulisse für Filme der Karlsruher Hochschule für Gestaltung diene, erzählt Valle Döring. Als er für seinen Film nach einem Drehort suchte, hörte er davon, schaute sich um – und war begeistert. "Das Hotel steht lange leer, hat aber noch einen gewissen Charme", sagt er. Dazu käme die einmalige Architektur und der Blick aus dem Panoramahotel auf den Schwarzwald. "Die Exklusivität, die das Hotel hatte, ist in dem Raum noch vorhanden." Genau diese Exklusivität sucht er für seinen Film mit dem Arbeitstitel "À la Carte".

Denn der auf rund 20 Minuten Länge geplante Kurzfilm soll eine "absurde Businessparodie und Gesellschaftskritik" werden. Ort der Handlung ist ein Nobelrestaurant, in dem sich vier Personen zu einem Arbeitsessen oder einem, wie Döring es nennt, "Networking Dinner" treffen. Bei diesem Essen treten die älteren Geschäftsleute sowie die jungen Assistenten – jeweils ein Mann und eine Frau – in immer absurdere Überbietungswettbewerbe. Das beginnt schon damit, dass jeder versucht, die anderen besser zu begrüßen als die Gegenpartei, mehr bestellt, mehr isst oder von den anderen kostet. Auch im Smalltalk überbieten sie sich, etwa bei der Frage, wer am meisten lächeln kann. "Diese Nebenkriegsschauplätze werden für Leistung und Überbietungswettkämpfe benutzt", erklärt Döring. Das ändert sich, wenn sich die Gegenparteien, aufgeteilt in Männer und Frauen, auf die Toiletten begeben. Hier hingegen wird Klartext gesprochen. Neue Intrigen werden gesponnen, um nach dem desperatem Vertragsabschluss nicht völlig leer da zu stehen. Trotz permanentem Beeindrucken und Ausspielen aller Trümpfe ist keine der Parteien überlegen. Die Verhandlungen münden verzweifelt in einem shakespearschen Wortgefecht. Bei diesem letzten Wettbewerb, bei dem mit sehr geschwollener Sprache und in Reimen geredet wird, geht es dann zur Sache und es wird richtig verhandelt. Dann aber eskaliert die Stimmung und die Szene endet in gegenseitigem Vergiften, nach dem dann auch noch die Assistenten die Überreste der ehemaligen Vorgesetzten essen.

Vermischung von Beruf und Privatleben

"›À la Carte‹ zeigt, dass die fortschreitende Vermischung von Beruf, Privatleben und Selbstinszenierung längst zu einer Art der Performance geworden ist", beschreibt Döring seinen Film im Regiekommentar.

Ausgehend von der Parodie eines ohnehin schon absurden Leistungsalltags soll das Publikum mit Witz und Irritation bei der Hand genommen werden, um später die verstörenden und grausamen Szenen in bizarrer Komik zugänglich zu machen. Auch wenn die Parodie in der Businesswelt angesiedelt sei, gebe es doch Parallelen auch im Kunstbereich, in dem er sich als angehender Filmemacher aufhält. "Der Künstler als Einheit von Leben und Beruf wird derzeit als Ausbeutungsvorlage der Leistungswirtschaft erkannt, weiterentwickelt und wirtschaftlich perfektioniert", sagt er. Deshalb sei die gesamte Gesellschaft ist Adressat und Opfer dieser Parodie, auch wenn die Charaktere sich in den Sphären der Businesswelt bewegen.

Gedreht wird in der Zeit vom 18. bis 25. Mai. Und genau deshalb bietet sich das ehemalige Hotel an, denn die rund 20-köpfige Filmcrew benötigt einen Raum, den sie eine Woche lang benutzen kann. Das funktioniere in einem Hotel mit laufendem Betrieb nicht. Außerdem habe der Raum tolle Eigenschaften. Und die Architektur aus den 1960er-Jahren verleihe dem Film eine gewisse Zeitlosigkeit. Auch wenn der Film als Abschlussarbeit für Dörings Studium zählt, sind viele weitere Studenten und Absolventen der Hochschule beteiligt, die sich das Werk für ihr Studium anrechnen können, etwa für Kostüme, Szenenbild, Requisiten oder Kamera.

Apropos Kamera: Der 28-Jährige erzählt von einem interessanten Kamerakonzept mit verschiedenen Stilistiken und Ästhetiken, um den Film, der sich die meiste Zeit in einem Raum abspielt, interessant zu halten. In das Projekt seien auch viele Ideen von anderen mit eingeflossen. Die erste Idee sei schon alt, die konkreten Produktionsschritte laufen seit dem Winter, so Döring. Jetzt gilt es noch, alle Rollen final zu besetzen. Die Hauptdarsteller sollen dabei professionelle Theaterschauspieler sein. Aber für die "No Budget"-Produktion, die mit ganz wenigen finanziellen Mitteln und nur etwas Förderung von der Hochschule auskommen müsse, fehlen auch noch andere Rollen. "Unsere Währung ist die inhaltliche Ambition. Damit kommen wir auch ganz gut zurecht", erklärt der Regisseur.

Die Macher wollen dem Film eine große Aufmerksamkeit verschaffen und ein deutsches und internationales Festivalpublikum begeistern. Sie hoffen auf eine Premiere bei einem sogenannten "A-Festival", also einem Filmfestival mit internationalem Wettbewerb.

Info: Männliche Komparsen gesucht

Für die Dreharbeiten zu "À la Carte" werden noch männliche Komparsen im Alter 60 plus gesucht, die in diesem merkwürdigen Restaurant Kellner spielen.

Neben den "inhaltlichen Ambitionen" bietet das Team "Einblicke in die Abläufe einer Filmproduktion, tolle Kostüme, leckeres Catering und ein herzliches Filmteam", sagt Produktionsleiterin Elenya Bannert.

Wer Interesse hat, kann sich unter der E-Mail-Adresse alacarte.kurzfilm@gmail.com

oder telefonisch unter der Nummer 0177/2 83 62 99 melden.