Mit dem Wechsel von Jana Schulze, Uwe Heyen, Annerose König und Annegret Gußmann (von links) aufgrund der Notariatsreform zu anderen Arbeitsplätzen verlassen 80 Jahre Erfahrung Bad Wildbad. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Notariatsreform: In Bad Wildbad lediglich noch Unterschriftsbeglaubigungen / Grundbuch-Einsichtsstelle

Am 31. Dezember beendet die Notariatsreform die Geschichte des 1826 von König Wilhem I. eingeführten württembergischen Bezirksnotariats.

Bad Wildbad. Die 16 000 bisher beim Notariat Wildbad geführten Grundbücher sind schon abtransportiert. Digital werden sie beim jetzt zuständigen Grundbuchamt in Böblingen geführt. Im Land gibt es 13 solche zentralen Ämter an Amtsgerichten.

Neue Aufträge annehmen kann Notar Uwe Heyen nicht mehr. Er ist überwiegend schon an seinem künftigen Arbeitsplatz in Böblingen im Einsatz. Seine drei Mitarbeiterinnen sind für den Rest des Jahres mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt. Wenn Jana Schulze, Annerose König und Annegret Gußmann ihre neuen Stellen – allesamt bei Notarin Iwone Peikert in Pforzheim im Büro "Dr. Glagowski & Peikert" – antreten, dann haben 80 Jahre Erfahrung auf dem Spezialgebiet die Stadt verlassen.

Schon als 2008 von Minister Ulrich Goll die Reform eingeleitet wurde, wiesen Kritiker bis hin zum Gemeindetag Baden-Württemberg darauf hin, dass ein ganzes Stück Bürgernähe vor allem im ländlichen Raum verloren gehe. Denn die privaten Notare können sich nicht irgendwo, sondern nur am Sitz eines Amtsgerichtes niederlassen. Wer aus dem Oberen Enztal künftig einen Notar benötigt, muss beispielsweise nach Calw, Nagold, Pforzheim oder Freudenstadt.

Zentral fürs ganze Land

In Pforzheim kann man unter mehreren Notarbüros wählen. In Calw ist ab Januar der von Schömberg her bekannte, dann freie Notar Matthias Schönthaler tätig. Ihm obliegt auch die Abwicklung der "Bad Wildbader Fälle", die bis zum Jahresende nicht vollständig abgeschlossen werden können. Die Grundakten und noch ältere Rechte enthaltenden Servitutenbücher, die früher in den Rathäusern lagerten, sind jetzt für das ganze Land zentral in Kornwestheim aufbewahrt und müssen bei Bedarf dort angefordert werden. Das Land hat es den Gemeinden überlassen, die Entfernung vom Bürger bei der Reform etwas auszugleichen. Sie können Grundbuch-Einsichtsstellen betreiben und einen Ratsschreiber bestellen, der Unterschriften beglaubigen darf.

Die Stadt Bad Wildbad hat dies für ihre Bürger getan. Die Grundbuch-Einsichtsstelle im Rathaus besteht seit 18. August 2016 und wird von Kämmerin Sabine Kranzl geführt. Vertreten wird sie vom Leiter der Steuerabteilung, Heiko Friedrich. "Die Möglichkeit wird rege wahrgenommen", erläuterte Friedrich dem Schwarzwälder Boten. Gleich im Rumpfjahr 2016 gab es 44 Einsichtnahmen oder Auszüge für Berechtigte, schon mehr als 200 waren es bisher in diesem Jahr.

Druck gespürt

Wenngleich alle bisher im Notariat in der Uhlandstraße Beschäftigten eine neue Stelle gefunden haben, klagen vor allem die drei Angestellten über den Druck, den sie spürten. Schon im November 2016 mussten sie entscheiden, ob sie – ohne hinreichende Informationen zu haben oder brauchbare Angebote – im Staatsdienst bleiben wollten. Notar Heyen hatte es da einfacher. Der Beamte kommt aus dem Raum Böblingen und hat sich früh entschieden, im dortigen Grundbuchamt tätig zu werden. Allerdings begleitet ihn doch ein wenig Wehmut, wenn er erklärt: "Gerne hätte ich das ›20-Jährige‹ hier vollbracht". Den bislang 400 000 Kilometern als Pendler hätte er – mit den Verhältnissen vor ort vertraut – gerne in künftigen Jahren weitere hinzugefügt.

Die alte Aufgabe war wohl auch abwechslungsreicher. Denn schließlich war Heyen als Bezirksnotar zusätzlich Nachlassrichter und für Betreuungen zuständig. Diese Aufgaben sind jetzt beim Amtsgericht in Calw angesiedelt. Dort sind auch die aktuellen Akten dazu gelandet.