Zur Aufarbeitung des Filmthemas und ernsten Gesprächen im Kiwi-Kino hatte der Arbeitskreis "Spurensuche" mit Hubertus Welt (von rechts), Beate Kunz und Marina Lahmann zu einem Glas israelischem Wein eingeladen. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Projektgruppe "Spuren jüdischen Lebens in Bad Wildbad" zeigt "Sarahs Schlüssel" im KiWi-Kino

"Sarahs Schlüssel", ein Film im KiWi-Kino in Bad Wildbad, ging den Besuchern mächtig unter die Haut, machte tief betroffen und ließ so manche Träne fließen.

Bad Wildbad. Mit dieser gut besuchten Veranstaltung gelang es der Projektgruppe "Spuren jüdischen Lebens in Bad Wildbad", das grauenvolle Geschehen an den Juden im Dritten Reich ins Bewusstsein der Kinobesucher zu rücken.

Die Projektgruppe ist ein Zusammenschluss der evangelischen Kirchengemeinde Bad Wildbad, der Stadt Bad Wildbad, der Volkshochschule Calw, des Enztal-Gymnasiums und des Vereins Menschen Miteinander/Interkultureller Garten Oberes Enztal. Ziel dieser Projektgruppe ist es, Einblicke in jüdische Kultur und jüdisches Leben früher und heute zu vermitteln. Die Gruppe erforscht und recherchiert Geschichten und Schicksale von jüdischen Bürgern, die in Bad Wildbad lebten und wirkten.

Der Film führt vor Augen, dass die grausame Verfolgung und Vernichtung der Juden zwar traurige Vergangenheit ist, aber bis in die Gegenwart nachwirkt und lebendig ist, denn auch heute ist jeder noch ein Teil davon, ein Ergebnis der unheilvollen Geschichte im Dritten Reich. "Wenn wir eine Geschichte weitererzählen, verwandelt sie sich in das, was wir waren und in die Hoffnung, was wir hätten sein können", so lautet eine Textpassage im Film, die tief bewegt.

"Sarahs Schlüssel" ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans der französischen Schriftstellerin und Journalistin Tatiana de Rosnay und kam im Jahre 2010 in Frankreich auf die Leinwand. Ein mutiger Streifen, denn bis 1990 war die Deportation jüdischer Bürger durch die Franzosen in Arbeits- und Vernichtungslager in Frankreich kein Thema.

Der Film zeigt eigentlich zwei Geschichten, spielt abwechselnd in den Jahren 1942 und 2009 und pendelt ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Zum Inhalt: 1942 wird die zehn Jahre alte Sarah mit ihren Eltern ins Wintervelodrom in Paris zur Judendeportation gebracht. Ihren kleinen Bruder versucht sie zu retten, indem sie ihn in einem Tapetenwandschrank im Schlafzimmer ihrer Eltern versteckt und einschließt.

Flucht aus dem Lager und die Suche nach dem Bruder

Als ihr bewusst wird, was dies bedeutet, hat sie nur einen Gedanken, sie muss zurück zu ihrem Bruder. Von ihren Eltern getrennt, die nach Auschwitz deportiert werden und dort umkommen, gelingt es ihr, aus dem Lager zu entkommen. Eine mit ihr geflohene Freundin stirbt auf der Flucht, während sie Zuflucht und Schutz bei der Familie eines Bauern auf dem Lande findet. Den Schlüssel des Wandschranks trägt sie stets bei sich.

In Begleitung des beschützenden Ehepaares kommt sie nach langer Zeit nach Paris, stürmt in die frühere elterliche Wohnung, die inzwischen von anderen Menschen bewohnt wird und öffnet den Wandschrank. Ein unglaublicher Schock für alle.

Und genau in diese Pariser Wohnung will 2009 eine amerikanische Journalistin mit ihrer Familie einziehen. Die Wohnung wurde nach 1942 von den Großeltern ihres französischen Ehemannes bewohnt und schließlich auch gekauft. Durch Recherchen für einen Artikel, den sie schreiben soll, gerät sie in ein wohl gehütetes Geheimnis der Familie ihres Mannes, das bis dahin nur ihm und seinem Vater bekannt war. Die Geschehnisse kommen nun ans Tageslicht: höchst tragische Szenen, bei denen Fragen nach Schuld oder Unschuld aufkommen.

Aufwendige Recherchen führen die Journalistin Julia auf die Spur von Sarah, die inzwischen in die USA ausgewandert ist. Sarah, verheiratet mit einem Amerikaner und Mutter eines neunjährigen Sohnes, leidet an einer schweren Depression und stirbt durch Selbstmord durch einen vorsätzlichen Autounfall.

Ein politischer und psychologischer Thriller

Die Schuld am Tod ihres kleinen Bruders konnte Sarah nie überwinden. Wer seine Mutter wirklich war, erfuhr Sarahs Sohn erst durch die Journalistin Julia und durch seinen betagten Vater. Der Film ist ein Thriller, politisch wie psychologisch. In den Hauptrollen unter der Regie von Gilles Paquet-Brenner spielten als Journalistin Julia Kristin Scott Thomas, als Sarah (unterschiedlich alt) Charlotte Poutrel und Mélusine Mayance.

Tiefe Betroffenheit war in den Gesichtern der Kinobesucher zu sehen. Gelegenheit zum Gespräch und Gedankenaustausch gab es bei einem Glas israelischem Wein und Kleingebäck, das die Mitglieder der Projektgruppe den Besuchern im Anschluss an die tieftraurige Geschichte der zehnjährigen Sarah anboten.