Wer es weiß, dem fällt es auch auf: Aichelberg hat einen leicht schiefen Kirchturm. Foto: Schwarzwälder Bote

Dass der Ausflug des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) zu verschiedenen Plätzen am

Dass der Ausflug des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) zu verschiedenen Plätzen am Fautsburgweg und damit in die Geschichte Aichelbergs eine gute Stunde länger dauerte als zunächst gedacht, lag nicht an der Planung des eine 45-köpfige Gruppe führenden Vorsitzenden Tobias Roller.

(hms). Nicht nur Pisa hat einen schiefen Turm, auch Aichelberg an seiner Kirche. Davon überzeugten sich von oberhalb die Teilnehmer der Veranstaltung des Kreisgeschichtsvereins Calw beim reizvollen Blick auf den Ort mit der Alb im Hintergrund.

Die nicht gleich ins Auge springende Neigung ist vielleicht eine Folge dessen, dass auch Holzbalken ermüden können oder etwas mit dem Fundament nicht ganz stimmt.

Pfarrer Schäberle-Koenigs gab in dem kleinen Gotteshaus Erläuterungen zum "seinem" schönen Jugendstil-Kirchlein, das 1907 entstand.

Damals bildeten das zuvor zum Kirchspiel Zwerenberg gehörende Aichelberg und die sich kirchlich von Neuweiler trennenden Dörfer Hünerberg und Meistern die neue Kirchengemeinde, die im nächsten Jahr Wildbad einverleibt wird und damit vom Dekanat Calw nach Neuenbürg wechselt.

Bad Wildbad-Aichelberg. Der Grund lautete: Das große Interesse der Teilnehmer und die Beantwortung ihrer Fragen forderte eben Zeit. Langweilig wurde es niemanden. Auch einige sachkundige Teilnehmer – nicht alle KGV-Mitglieder – wussten dieses und jenes zu ergänzen. Es sei ein besonderes Jubiläumsjahr für Aichelberg, Hünerberg und Meistern unterstrich Roller im Rahmen seiner Begrüßung beim Sportplatz.

Nicht nur das kleine Jubiläum "10 Jahre Fautsburg-Rundwanderweg" sei zu feiern, was am 2. September mit einem großen Erlebniswandertag geschehe. So gebe es seit 170 Jahren eine Schule in Aichelberg, vor 120 Jahren sei durch die Schwarzwaldwasserversorgung die Moderne auf einem wichtigen Sektor eingekehrt und vor 80 Jahren habe man die bis dahin Bergorte genannte Kommune in Aichelberg umbenannt. Seit 40 Jahren gibt es die Waldweihnacht, die mit ihrer Lebenden Krippe jedes Jahr Hunderte Besucher anzieht.

Bei der Wasserversorgung ging die Initiative auch noch mit entscheidend von der Gemeinde Bergorte aus. Ihr Schulheiß Frey war nämlich von 1897 bis 1922 der erste Vorsitzende des 1896 gegründeten Gemeindeverbandes und damit ein Hauptverantwortlicher für das in damaliger Zeit enorme Bauvorhaben und die gute Entwicklung des Verbundunternehmens.

Zur Geschichte der drei Höhendörfer zeigte Roller eine Karte der Markung. Im Osten reicht diese bis an die Kleine Enz – die Fautsburg sowie die Rehmühle stehen auf dieser. Im Westen ist über weite Strecken Grenze die Große Enz und die Kälbermühle eingeschlossen.

Enger Zusammenhang

Vorher zu Neuweiler gehörend, wurden 1850 die drei Dörfer mit damals zusammen 250 Einwohnern – heute sind es knapp doppelt so viele – in die kommunale Selbstständigkeit entlassen. Im Rahmen der Gemeindereform in Baden-Württemberg wurde kurz vor der ein Jahr danach drohenden gesetzlichen Regelung die Kommune 1974 freiwillig Teil von Wildbad. Diskutiert wurde unter dem damaligen Bürgermeister Karl Schlag, der in Aichelberg wohnte und auch Enzklösterle "regierte", ein Anschluss an die kleinere benachbarte Enztalgemeinde. Aber bei einer Abstimmung bedeuteten 105 Stimmen für die Stadt eine Zweidrittelmehrheit.

In Fahrgemeinschaften ging es zunächst zur Rehmühle. Von dort aus wurden der Turm der Fautsburg und das Forsthaus in den Blick genommen. Beide haben insofern einen engen Zusammenhang, als der eine prachtvolle Aussicht ins Enztal bietende Bergfried im Wald in den 1960er-Jahren von Staatsforstseite saniert und erhalten wurde. Die letzte große Aktion erfolgte vor elf Jahren, als dank Zuschüssen von EU, Staat, Stadt und vor allem ehrenamtlichem Engagement mit dem Hubschrauber in zwei Teilen ein schützendes Dach aufgesetzt wurde.

Erstmals dokumentiert ist die Burg 1276 im Zusammenhang mit Besitz der Calwer Grafen. Der Name stammt wohl von Hugo de Vogetesberg oder auch de Voutesberg, wie man sich im Adel gerne auf Französisch nannte – und so entstand wohl der Name Fautsburg, wobei der Vogt oder Faut einen "Advocatus" bezeichnete. Zum Besitz gehörten die Dörfer Aichhalden, Hofstett, Wenden und die drei Bergorte. Württemberg kaufte die Hälfte 1323 von den Vogtsbergern, die andere Hälfte 1345 von den Tübinger Pfalzgrafen.

Ein namhafter Lehensnehmer war 1476 Graf Hans von Helfenstein, der als Straßburger Domdechant einen Zufluchtsort in Württemberg fand, als er zum Kritiker der Kirche und insbesondere seines Bischofs Lebenswandels geworden, einen solchen dringend benötigte. Von 1561 bis 1570 besaß der Reformator Johannes Brenz das Lehen. Zufluchtsort in kriegerischen Tagen war das Bergschlösschen auch für die Einwohner umliegender Dörfer.

Die Rehmühle war Mahlmühle für den Bereich der Vogtei. Auch Flöße zogen dort vorbei. Dies ermöglichten zwischen der etwa zwei Kilometer oberhalb liegenden, restaurierten Neubachwasserstube bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts mehr als 600 Jahre hinweg bis zu 16 solche kleine Stauseen bis Calmbach. Als Kronprinz stieg vielfach der spätere König Wilhelm hier ab, und es gibt wie im "Goldenen Lamm" in Neuweiler deshalb ein "Königszimmer".