Hans-Joachim Scholz (von links), Stefan Häßler und Bernd Schinko beim Rundgang durch die Ausstellung Yad Vashem in der Landesakademie in Bad Wildbad. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Ausstellung: "Yad Vashem": Gedenken, Dokumentation, Forschung und Erziehung / Gruppe Maseltov bei Vernissage dabei

Es herrschte eine ehrfurchtsvolle Stille, die gleichermaßen gespenstisch und bedrückend war, beim Rundgang in der Landesakademie zur Ausstellung "Yad Vashem".

Bad Wildbad. Zahlreiche Bild- und Texttafeln, die in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hergestellt worden waren, vermittelten einen Einblick in das Leben und Sterben der europäischen Juden im Dritten Reich.

Bedrückend deshalb, weil hier deutsche Geschichte zu sehen ist, welche die meisten heute Lebenden zwar nicht mehr selbst erlebten, die jedoch immer wieder vergegenwärtigt wird und mahnen und erinnern soll.

Yad (Denkmal) Vashem (Namen) ist eine Gedenkstätte des jüdischen Volkes für die Shoa (Unheil, große Katastrophe). Hier wird die Erinnerung an den Völkermord an den europäischen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus wachgehalten.

Nach seiner Gründung 1953 fühlt sich Yad Vashem den vier Säulen der Erinnerung verpflichtet: Gedenken, Dokumentation, Forschung und Erziehung.

In die Ausstellung eingeführt wurden die Besucher musikalisch durch die Gruppe Maseltov aus Freudenstadt mit "Schpil-she mir a lidele in Jiddisch", einem traditionellen Lied, das die vier Musiker von Maseltov mit jiddischem Text vortrugen, wie das folgende Lied "Oifm Pripetschik", das Ende des 19. Jahrhunderts entstanden ist. Auch in den weiteren musikalisch-gesanglichen Beiträgen wurden jiddische Lieder vorgestellt, "Mir leb’n eibig", ein Lied aus dem Wilnaer Ghetto, oder "Jeder ruft mich Shamele“", welches das Leben und Schicksal eines elternlosen Kindes erzählt.

Ehrenkodex "Besa"

Akademiedirektor Bernd Schinko begrüßte nach dieser musikalisch-traurigen Einstimmung die Besucher der Vernissage – unter ihnen Regierungsdirektor Stefan Häßler, Referent für Lehreraus- und Fortbildung beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport.

Seit vier Jahren gibt es eine Partnerschaft zwischen dem Ministerium und der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Für die erkrankte Anna Stocker aus Israel weilte Hans-Joachim Scholz, Gernsbach, vom Freundeskreis Yad Vashem unter den Besuchern, dem es auch zu verdanken ist, dass diese Ausstellung zustande kam.

So findet man im ersten Stock des Akademiegebäudes Tafeln und Fotos zum Thema "Kein Kinderspiel" und im Gartengeschoss "Besa", das die Einstellung der Albaner gegenüber jüdischen Flüchtlingen während des Zweiten Weltkriegs zeigt. "Besa" ist der Ehrenkodex, dass jeder Fremde, vor allem wenn er Flüchtling ist, wie ein Gast behandelt und geschützt wird.

Schinko, der im vergangenen Herbst mit einer Lehrergruppe selbst in Israel war und Yad Vashem aufsuchte, erklärte, dass es keinen anderen Ort außer dieser Gedenkstätte gebe, der mehr Dokumente und Bilder von ermordeten Juden aus den europäischen Ländern aufweise. Schinko: "Yad Vashem ruft die Kostbarkeit des Lebens ins Gedächtnis, um niemals Täter oder Opfer zu sein, aber auch nicht passiver Zuschauer."

Deutsche Geschichte

"Die Erinnerung darf nicht enden", betonte Häßler in seiner Ansprache. Weltweit wachse wieder die Ausgrenzung, jedoch nur die wenigen noch lebenden Zeitzeugen könnten über das Geschehen berichten. Die Lehrkräfte dürften sich deshalb nicht auf Jahreszahlen und Schlagworte beschränken, da es nicht um Zahlen, sondern um Menschen gehe.

"75 Jahre des Erinnerns sind ein Engagement gegen den neuen Antisemitismus", betone Scholz in seiner Ansprache. Der Freundeskreis Yad Vashem identifiziere sich mit der deutschen Geschichte und stehe für die Opfer, denen die Achtung und der Schutz der Menschenwürde versagt wurde.

Im "Lexikon der Gerechten" sind etwa 25 000 Menschen genannt, die unter Gefahr des eigenen Lebens jüdische Menschen vor der Verfolgung gerettet haben – darunter etwa 500 aus Deutschland und Österreich.

Beim Rundgang durch die Ausstellung "Kein Kinderspiel", die das Leben der Kinder vor dem Holocaust, dann im Schatten des Krieges und schließlich im Ghetto aufzeigt, war die Veränderung der Kindergesichter mehr als deutlich. Die folgenden Bildtafeln aus Theresienstadt und im Lager machen deutlich, dass die Kinder trotz der Todesgefahr versuchten, zu spielen und kreativ zu sein. Sie zeigen aber auch die Kinder auf der Flucht, bei den Partisanen und schließlich auf dem Weg in ein neues Leben.

"Besa" ist bekanntlich ein Ehrenkodex der Albaner, die Muslime sind, die jedoch die einheimischen und die nach Albanien geflüchteten Juden versteckten, sodass dort alle Juden überlebten.

Die Bildtafeln im Gartengeschoss sind sozusagen Erzählungen und Fotos der Nachfahren über die Bemühungen ihrer Väter oder Großväter, diesem Ehrenkodex gerecht zu werden, was oft äußerst schwierig war. Deshalb sind auch in Yad Vashem in der "Allee der Gerechten" sehr viele albanische Namen zu finden.

Insgesamt handelt es sich um eine Ausstellung, die informiert, warnt, beschämt und zugleich eine Aufforderung ist, dass Radikalismus und Hass beim Betrachter keinen Platz finden darf.

Persönliche Eindrücke

Nach der Begehung der Ausstellung war es im Gespräch möglich, den persönlichen Eindrücken dieser Ausstellung Raum zu geben. Bei einem kleinen Imbiss wurde von den Besuchern die Arbeit des Freundeskreises Yad Vashem sowie die Partnerschaften verschiedener Schulen mit Israel und speziell mit Yad Vashem besonders gewürdigt.

Die Ausstellung in der Landesakademie ist von Montag bis Freitag (8 bis 17 Uhr) geöffnet. Noch in diesem Semester wird die Ausstellung auch in der Volkshochschule Calw zu sehen sein.