An verschiedenen Stellen auf dem Sommerberg informierte sich der Gemeinderat über den Stand der Dinge. Fotos: Mutschler Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Förster Werner Hildinger hält bei Waldbegang Plädoyer für Naturschutz / Tourismus begrenzen

Ein Thema beim Waldbegang des Bad Wildbader Gemeinderats war die Rotwildkonzeption. Doch statt nüchternen Informationen zum Thema hielt Werner Hildinger, Forstrevierleiter in Sprollenhaus, ein flammendes Plädoyer für den Naturschutz auf dem Sommerberg.

Bad Wildbad. Zunächst gab Hildinger einen Überblick über die Entwicklung des Rotwilds in Württemberg. Bis 1848 habe es überall im ganzen Land Rotwild gegeben, ehe es durch eine Erleichterung des Jagdrechts bis auf kleine Restbestände nahezu vollständig ausgerottet worden sei. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien in Baden-Württemberg fünf Rotwildgehege ausgewiesen worden, von denen der Nordschwarzwald mit seinen 100 000 Hektar das mit Abstand größte sei. Dennoch gebe es Rotwild nur noch auf 3,5 Prozent der gesamten Landesfläche.

Mittlerweile nähmen die Rotwildschäden auf dem Sommerberg zu, vor allem auf vielen jungen Flächen. Eine Ursache dafür sieht Hildinger in der Zunahme des Tourismus. Man sehe kaum noch Wild entlang der Wege. "Es versucht, den Menschen auszuweichen", sagt er. Deshalb fände es weniger Äsungs-, also Nahrungsflächen, und so stiegen die Schälschäden an. Sein Appell an die Gemeinderäte lautet: "Der Tourismus hat seinen Preis. Setzen Sie auf Klasse statt Masse." Er rechnet mit mindestens 100 000 Euro an zusätzlichen Kosten.

Auch für das Auerhuhn zeichnet er ein düsteres Bild: "Das Auerhuhn ist 2017 auf Markung Wildbad ausgestorben", sagte er. Das wollte Tobias Volg, Leiter des Forstbezirks Calmbach, so dann aber doch nicht stehen lassen. Das Auerhuhn habe enorm von den Stürmen und den dabei entstandenen Freiflächen profitiert. Mittlerweile wüchsen diese Flächen wieder zu und es sei schwierig, geeignete Nahrung wie Heidelbeeren zu finden. In dichten Wäldern könnte es nicht überleben. Außerdem seien Auerhühner während der Brut sehr störungsanfällig. Auch die Winterstörungen seien "dramatisch", fügte Hildinger hinzu und sprach vor allem die Schneeschuhwanderer an, die "kreuz und quer" durch das Gebiet um den Wildsee laufen würden. Man habe eine Verantwortung für kommende Generationen und es sei "unverantwortlich, das Gebiet weiter zu bewerben", so Hildinger. Man müsste seiner Meinung nach auch die Radfahrer auf bestimmten Routen kanalisieren und dies "rigoros durchsetzen".

Rainer Weiß (CDU) sagte, dass es eine Grundsatzentscheidung sei, Tourismus oder Naturschutz.

Auch zum Thema Wolf vertrat Hildinger eine klare Meinung: "Er ist ein wichtiges Glied in der Nahrungskette." Zudem habe er eine "sanitäre Wirkung auf Schalenwild", denn er selektiere kranke Tiere heraus. Außerdem habe der Wolf eine wichtige Funktion auch für andere Arten. So lebe der Kolkrabe beispielsweise von den Rissen des Wolfs. Deshalb solle man bei dem Thema weniger Öl ins Feuer gießen. "Jeder normale Wolf wird ungeschützte Schafe weiter reißen", sagte er und forderte, die Tiere ordentlich zu schützen. Dies sei auch die Verantwortung des Halters.

In jedem Jahr, so argumentierte er, würden in Bayern 50 000 Schafe als "Kollateralschaden" sterben – durch Würmer, falsche Haltung oder zu wenig Futter. Dagegen stünden 50 durch den Wolf. Natürlich sei der Wolf kein Kuscheltier, aber "das gefährlichste Tier ist der Mensch".

Rotwildkonzeption

Bei der Rotwildkonzeption gehe es darum, so führte Bürgermeister Klaus Mack aus, die Interessen von Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Städten und Gemeinden sowie natürlich dem Wild unter einen Hut zu bekommen. Dazu sollen bestimmte Ruhezonen ausgewiesen werden, in denen dann auch die Jagd ruhen soll. "Die Idee ist sinnvoll und gut, muss aber auch knallhart durchgesetzt werden. Sonst hat es null Wert", fügte Hildinger an. Von den 14 000 Hektar Fläche, die die Rotwildkonzeption umfasse, seien lediglich 700 Hektar, also fünf Prozent, als Wildruhegebiete geplant, so Hildinger weiter. Hier müssten dann Freiflächen geschaffen werden, damit das Rotwild äsen kann. Sonst stehe es tagsüber in geschlossenen Flächen, was zu mehr Schälschäden führe. "Wir müssen mit dem Wild anständig umgehen", forderte Hildinger.

Derzeit gebe es etwa fünf bis zehn Mal so viel Rotwild wie vor 20 Jahren. Wie auch das Auerhuhn habe das Rotwild von den Stürmen profitiert. Vor zwei Jahren habe man mit dem Monitoring begonnen und festgestellt, dass die Schäden zunehmen. Dass es in Wildruhezonen Schäden gebe, sei aber normal, so Förster Andreas Wacker: "Wenn du Rotwild hast, hast du auch Schäden." Dies führe zu etwa zehn Prozent billigeren Sortimenten und damit auch zu weniger Ertrag beim Holzeinschlag.