Tourismus: Lucas Sperr gibt bei Gastro-Stammtisch Einblick in die aktuellen Planungen / Kurtaxe in Kritik

Der Wildbader Stadtverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) hatte zu seinem Gastro-Stammtisch in die Kaffeemanufaktur eingeladen. Dabei wurden aktuelle Themen diskutiert, die den örtlichen Gastronomen und Hoteliers unter den Nägeln brennen.

Bad Wildbad. Der Dehoga-Stadtverbandsvorsitzende Wolfgang Richter begrüßte die Mitglieder in der Kaffeemanufaktur. Viele nutzten die Gelegenheit, vor dem eigentlichen Beginn der Veranstaltung einen Blick in die Räume der außergewöhnlichen Lokalität und auf die Herstellung von Kaffee zu werfen.

Es habe in letzter Zeit, so Richter, eine große Investitionstätigkeit in der Stadt und auf dem Sommerberg gegeben und außerdem einige "Ereignisse, die etwas schwierig sind", wie etwa die Erhöhung der Kurtaxe. Damit habe sich die neue Touristik-Chefin Stefanie Dickgiesser gleich zu Beginn ihrer Amtszeit beschäftigen müssen. Auch wenn die Hotelbetreiber immer noch nicht glücklich seien, habe man wenigstens das Thema Geschäftsreisende durch eine reduzierte Kurtaxe auskömmlich gelöst, aber: "Zufrieden können wir nicht sein." Richter führte aus, dass der Rückgang bei den Übernachtungszahlen darauf zurückzuführen sein könnte, dies sei vielleicht aber auch ein subjektiver Eindruck. Auch die lange Straßensperrung sei "sehr kritisch" gewesen.

Königlicher Bahnhof

In den Reihen der Gastronomen begrüßte er auch Lucas Sperr, der gemeinsam mit seinem Vater den alten Königlichen Bahnhof gekauft hat und derzeit aufwendig saniert. Er gab einen Einblick in die geplante gastronomische Entwicklung.

Mittlerweile betreibe er die Sanierung des Objekts fast hauptberuflich, da es doch "etwas aufwendiger" sei. Da man den Bahnhof als Investor gekauft habe, um es dann zu vermieten, sei er eigentlich kein Gastronom. Trotzdem stelle er gerne die Visionen vor, die sein Vater und er für das Objekt entwickelt hätten. Bei der Architektur, wie etwa den Stuckdecken, habe man sofort an das Thema Kaffeehaus gedacht. Ursprünglich sei sogar geplant gewesen, eine Kaffeemanufaktur zu betreiben, bis man auf die bereits bestehende direkt gegenüber gestoßen sei. Nun sei man mit der Familie Maisenbacher in Verhandlungen getreten, ob die nicht das Kaffeehaus im Bahnhof betreiben wolle. Mittlerweile seien die Baugenehmigungen da, jetzt könne man in die Verhandlungen gehen, so Sperr weiter. Das Café soll im linken Teil des Erdgeschosses untergebracht werden.

Für den Hauptteil stellen sich die Investoren eine Gastronomie mit Brauhaus-Charakter und gutbürgerlicher Küche vor, auch um die Tagesgäste vom Sommerberg mit diesem Konzept anlocken und abgreifen zu können. Ein Brauhaus, in dem eigenes Bier gebraut werde, sei vermutlich aus Platzgründen nicht möglich, deshalb habe man diese Planungen vorerst verworfen – "außer es kommt jemand, der auf 50 Sitzplätze verzichtet, um sein eigenes Bier zu brauen", fügte Sperr auf Nachfrage an. Es habe auch andere Anfragen gegeben, etwa für Steakhouse, Italiener oder Asiate. Man sei zwar für alles offen, bislang sei aber noch nicht der richtige Partner dabei gewesen, für den man das eigene Konzept über den Haufen geworfen hätte. Zu der Hauptgastronomie sollen auch die verglasten Arkaden sowie ein Biergarten mit Ausschank im Nebengebäude links des Bahnhofs gehören. So könnten in dem "Brauhaus" etwa 180 Sitzplätze, aufgeteilt in unterschiedliche Bereiche, entstehen. Beim Café plant Sperr mit etwa 100 Plätzen.

Das bereits vorhandene Kiosk ziehe demnächst in den rechten Teil des Bahnhofs. Diesen Teil habe man "mit Hochdruck" fertiggestellt, um die Flächen noch im November übergeben zu können. Das Kiosk werden flächenmäßig erweitert und erhalte zudem einen Backshop, indem es dann auch belegte Brötchen und ähnliches zu kaufen gebe.

Für den Außenbereich haben die Sperrs einen Mitropa-Speisewagen erworben, der derzeit in Halle an der Saale renoviert werde. Hier sollen zwei kleine Gastroflächen entstehen, zum Beispiel ein deutscher Imbiss mit Currywurst und ähnlichen Produkten.

Nun gehe es darum, das Gebäude Stück für Stück fertigzustellen. Sperr hofft, dass die Arbeiten bis Mitte nächstes Jahr komplett abgeschlossen sein werden.

Auf Nachfrage einer Gastronomin wollte Sperr keine konkreten Pachtpreise nennen. Die werde man nicht im großen Rahmen, sondern in den Gesprächen mit den möglichen Pächtern verhandeln, sagte er. Man habe sich aber von der Dehoga beraten lassen, was an Pacht in dem Gebäude möglich sei. Die Gastronomin steht dem Projekt eher skeptisch gegenüber und sieht vor allem für den Winter Schwierigkeiten für die Gaststättenbetreiber, wenn "noch eine größere Gastronomie kommt".

Mohamed Mokni beglückwünschte die Familie Sperr zu dem Konzept. Wichtig findet er es bei der Auswahl der Gastronomien, dass man andere, bereits bestehende, nicht schwäche. So brauche man nicht noch eine weitere Pizzeria, das Brauhaus-Konzept hingegen findet er sehr gelungen.

Konkurrenz am Berg?

Richter wollte anschließend von den Gastronomen wissen, wie sich das Geschäft durch die Attraktionen auf dem Sommerberg entwickle und ob es Befürchtungen gebe, dass sich der angedachte Imbiss beim Baumwipfelpfad negativ auf das Geschäft in der Innenstadt auswirke. Die Betreiberin des Kurhaus-Restaurants berichtete von einer positiven Entwicklung durch den Sommerberg. Auch durch den Imbiss befürchtet sie keine Einbußen. Die Entwicklung mit beiden Attraktionen sei sehr gut. Man merke deutlich, dass ab 20 Uhr im Restaurant sehr viel weniger los sei, wenn die Tagesgäste vom Sommerberg wieder weg seien. Sie ist sich sicher: "die Gastronomie profitiert von den Angeboten."

Musik-Konzept

Als weiteren Punkt sprach Richter die Musikveranstaltungen in der Stadt an. So werde das Baluta-Ensemble Ende nächsten Jahres aufhören, wenn die Verträge auslaufen. Derzeit sei die Touristik Bad Wildbad dabei, ein Musik-Konzept zu erstellen. Er findet es wünschenswert, dass es verschiedene Angebote gebe. "Tanz wäre so schlecht nicht", so Richter weiter. Dickgiesser hat vor, viele verschiedene Orte zu nutzen, etwa das Kurhaus oder den Kurplatz. Sie will bei dem Konzept eher auf "Highlight"-Veranstaltungen setzen als etwa auf die im Moment regelmäßig stattfindenden Kurkonzerte. "Weniger ist mehr", so die Touristik-Chefin weiter.

Tilman Blezinger ging noch einmal auf das Thema Tanzen ein. "In Liebenzell funktioniert Tanzen erstaunlich gut", sagte er. Dort kämen jeden Donnerstag bis zu 450 Tänzer zusammen. Und da Herrenalb gerade in diesem Bereich nicht abliefere, könne man vielleicht in Wildbad diese Lücke schließen. Mit einer qualitativ guten Band, die auch mal einen Bossa Nova spielen könne.

Richter brachte noch eine mögliche Tageskurtaxe ins Spiel. "Der Tagesgast bringt nicht so viel ein wie ein Übernachtungsgast", sagte der Hotelier. Deshalb wäre eine Tageskurtaxe in Höhe von zehn oder 20 Cent angebracht für "die Kosten, die entstehen", etwa um den Kurpark von dem anfallenden Müll zu befreien.

Schade findet er es außerdem, dass man mit der Gästekarte bei den Attraktionen auf Granit gebissen habe und es keine Ermäßigungen für die Übernachtungsgäste gebe. "Das wäre eine schöne Geste", sagte er.

Innenstadtbelebung

Marina Lahmann gab noch einen Ausblick auf die Entwicklung in der Innenstadt. Sie will die Wilhelmstraße besser sichtbar machen für die Gäste, die mit der Sommerbergbahn nach unten fahren und an der Talstation aussteigen. Die würden nicht erkennen, dass es über der Brücke noch etwas für sie zu entdecken gebe. Deshalb will sie im kommenden Jahr mehr Ballons aufhängen, etwa an dem großen Baum vor der Stadtkirche oder an anderen Zugängen zur Wilhelmstraße. Dennoch habe sie festgestellt: "In der Wilhelmstraße ist viel mehr los als noch vor vier oder fünf Jahren." Zudem funktioniere das neu aufgelegte Mietzuschussprogramm für neue Geschäfte in der Wilhelmstraße. Mittlerweile liege der dritte Antrag auf dem Tisch, ein vierter werde noch bis Ende des Jahres folgen, so die Stadtmarketingbeauftragte zufrieden.

Wasser vermarkten

Mokni möchte zudem die Enz mehr in das Auge der Besucher rücken. "Wir müssen unser Wasser vermarkten. Wir sind nicht in der Sahara, wir haben Thermalwasser", sagte er. Er kann sich zum Beispiel ein beleuchtetes Enzufer vorstellen. Und "warum nicht Fontänen?", fragte er. Er würde sich daran sogar finanziell beteiligen, aber es passiere einfach nichts.

Zum Abschluss ging Richter noch auf das Thema Ausbildungsplätze ein. Man habe zum Beispiel mit dem Gastromobil sehr gute Erfahrungen gemacht, mit dem Schüler in Calmbach in Kontakt mit gastronomischen Berufen gekommen und begeistert gewesen seien. Die Gastronomen und Hoteliers würden weiter ausbilden, hätten offene Stellen und freuten sich über gute Bewerbungen, so der Hotelchef weiter.