Diese Schrift ist landläufig unter der Bezeichnung "Sütterlin" bekannt. Doch "Sütterlin" ist nur eine im Jahr 1911 eingeführte Sonderform der sogenannten "deutschen Kurrentschrift", die über vier Jahrhunderte lang in Deutschland vorherrschte, bevor sie zusammen mit der Fraktur-Druckschrift aufgegeben und von den lateinischen Buchstaben abgelöst wurde. Übrigens: Der Schriftgestalter Ludwig Sütterlin hat nicht nur die unter seinem Namen bekannten deutschen Schreibbuchstaben reformiert, sondern auch eine stilistisch ähnliche Form der lateinischen Schreibschrift entwickelt.
Obwohl sie bei vielen heutigen Lesern Erinnerungen an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte wachruft, war es ausgerechnet Adolf Hitler, der im Jahr 1941 die deutschen – oder auch "gotisch" genannten – Schreibbuchstaben zusammen mit der gedruckten Frakturschrift hat verbieten lassen. Die traditionsreichen Buchstaben wurden als "Schwabacher Judenlettern" verunglimpft und so war es der Judenhass der Nationalsozialisten, der der lateinischen Antiqua-Schrift zum Durchbruch verhalf.
In von Jürgen Rauser immer wieder verteilten Info-Blättern wird unter anderem betont: "Die deutsche Schrift diente … niemals einer Richtung, einer politischen Partei oder Ideologie. Luthers Bibel (1534) … Goethes und Heines Werke, das Kommunistische Manifest von Karl Marx, … Hitlers Mein Kampf (1925) und sogar einige Bücher deutsche Emigranten sind in Fraktur gedruckt."
Der Unterricht war kein Zuckerschlecken
Dass diese Schrift einfacher und eindeutiger zu schreiben und zu lesen sei – wie eines der Blätter behauptet – mag allerdings eher eine von der Gewohnheit geprägte Perspektive sein. Eine sehr fehlerhafte Darstellung der alten Schrift in einem Schulbuch aus heutiger Zeit behauptet das Gegenteil: die Schrift sei "wesentlich schwieriger zu schreiben".
Sieben Wochen Unterricht, mühevolles Buchstabenlernen (nicht nur lesen, sondern vor allem auch schreiben!), Hausaufgaben und Übungsdiktate – der Unterricht bei Rausers war kein Zuckerschlecken. Ehefrau Ingrid Rauser prüfte gewissenhaft die Ergebnisse. Am Ende stand eine Abschlussprüfung und als Belohnung ein Zertifikat. Doch das eigene Malochen der Omas und Opas heutiger Grundschulkinder hat sich am Ende gelohnt: Selbst schlechte Kopien mit schlampigen Handschriften sind lesbar geworden und so gerät die deutsche Schreibschrift dank Ehepaar Rauser – zumindest im Nagoldtal – vorerst nicht in Vergessenheit.
Und direkt im Anschluss beginnt der nächste Kurs, ein Jubiläum: Es ist der dreißigste – und voll belegt.
Wer Interesse an der Teilnahme eines zukünftigen Kurses hat, kann sich an Jürgen Rauser wenden: Er ist per Telefon zu erreichen unter 07051/13607 – oder wie er zu sagen pflegt: per Fernruf.
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