Nach 31 Jahren schließen Carmen und Ulrich Steiner die Hirsch-Apotheke in Bad Teinach. Foto: Stocker

Ulrich Steiner zieht aus wirtschaftlichen Gründen die Reißleine. Ende einer Familien-Ära nach 60 Jahren.

Bad Teinach-Zavelstein - "Alle Pillen oder Tropfen haben einen kleinen Ekel." Während diese Aussage als Brücke zur Rechtschreibung von Apotheke dient, haben Patienten und Kunden in Bad Teinach eine bittere Pille zu schlucken. Zum Monatsende schließt die Hirsch-Apotheke."Wegen der Rahmenbedingungen hat das rein wirtschaftliche Gründe", erläutert Ulrich Franz Steiner. Der Apotheker zieht die Reißleine. Vor allem die jüngsten zwei Jahre hätten die Entwicklung dramatisch beeinflusst.

"Der Gesetzgeber hat Dinge geschaffen, die als Kaufmann nicht mehr zu schultern sind", verweist Steiner auf Eingriffe in die Einkaufsbedingungen. Handelten die Apotheker bis dahin ihre eigenen Rabatte aus, müssen sie sich jetzt an Vorgaben halten. "Das macht mehr als die Hälfte des Betriebsergebnisses aus", so Steiner. Die Entwicklung werde von einer Spargesetzgebung bestimmt. Ihm bleibe ein Gewinn von nur 5,5 Prozent, wenn er in der Bilanz das Unternehmergehalt nicht berücksichtige.

Eine Mogelpackung sei zudem das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz AMNOG, da der Großhandel diese Einflüsse an die Apotheker weitergebe. "Es fehlt der gerechte Anteil am Gesundheitsmarkt", sieht Steiner zu hohe Kassenabschläge, unverhältnismäßige Kostenanpassung sowie unterschiedliche Bedingungen für Versandhandel und Standortapotheken. "Dieses Zusammenspiel vernichtet Vermögen in nicht unerheblichem Maß", ergänzt er.

Jahrelange Tradition wird beendet

Um für seine Familie eine Zukunftsperspektive aufrecht zu halten, geht der Apotheker den sichtlich schwer fallenden Schritt. "Auch strukturelle Veränderungen in der Stadt wirken sich aus", berichtet er von spürbaren Tendenzen, nachdem Lebensmittelmarkt und Bäckerei geschlossen haben. Selbst der geänderte Busfahrplan mache sich negativ bemerkbar. "Und die bevorstehende Schließung der Bankfiliale wird nochmals die Kundenfrequenz minimieren", prognostiziert der frühere Stadtrat.

Vor 31 Jahren hat er die Hirsch-Apotheke von den Eltern, die sie ebenfalls 30 Jahre betrieben haben, übernommen. "Ich war jeden Tag mit Freude in der Apotheke", so Steiner, der zusammen mit Ehefrau Carmen diese Dienstleistung gewährleistete. Dieser Entschluss ist auch von historischer Bedeutung. "Damit endet die Steinersche Ära zu einem überraschenden Zeitpunkt", bedauert Bürgermeister Markus Wendel.

Die erste Apotheke siedelte sich laut Apotheken-Kammer 1871 in Bad Teinach an. "Sie war damals die dritte im Oberamt Calw", weiß Steiner zu berichten. Ein Novum war zudem der Einzug einer Apotheke in die bestehenden Räume 1936. "Da es sich damals um eine der ersten Apothekerinnen handelte, nachdem das Studium für Frauen geöffnet worden war, machte sich die Hirsch-Apotheke dadurch einen Namen", so der scheidende Apotheker weiter. Er schließt dieses Kapitel, allerdings nicht ohne eine mittelfristige Lösung für die Stadt in Aussicht zu stellen. Daran werde noch gefeilt.