Gemeinsam stellten sich 1955 nach dem Umzug durch Breitenberg die Musiker aus Stammheim und die jungen Breitenberger Festdamen zum Gruppenbild auf. Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Der MGV "Liederkranz" bezahlte seine Fahne wegen der Inflation in Naturalien / 1989 "zur Ruhe gesetzt"

Lang ist’s her. Schon im Jahr 1880 hat sich der Männergesangverein "Liederkranz" in Breitenberg gegründet. Viele Jahre später folgte dann ein Meilenstein im Vereinsleben. Das Gau-Sängerfest 1955 – in diesem Jahr jährt es sich zum 65. Mal.

Neuweiler-Breitenberg. Im Büro von Gerd Kübler in Breitenberg stehen – wie bei jedem Unternehmer auch mit landwirtschaftlichem Familienbetrieb – reihenweise Ordner. Einen davon hat er jetzt ausgesondert: den des Männergesangvereins "Liederkranz" Breitenberg.

In alter Verbundenheit zur Kommune warf er diesen nicht weg. Der ehemalige Gemeinderat und Sohn des früheren Bürgermeisters Johannes Kübler überlässt diesen "Nachlass" seines Vaters dem Gemeindearchiv. Wer in der Sammlung blättert, stößt auf ein lebendiges Vereinsleben des 1880 gegründeten MGV "Liederkranz" Breitenberg vom Kriegsende bis zum Jahr 1974. Mit einem Ausflug endete damals das aktive Vereinsleben. Die wenigen noch aktiven Sänger wechselten zum MGV Frohsinn Neuweiler. Bis heute ist dort noch aus den alten Reihen Fritz Riexinger dabei.

So richtig zur Ruhe gesetzt wurde der Breitenberger Männergesangverein im Jahr 1989. Ein Protokoll der damals an einer Zusammenkunft unter der Regie von Johannes Kübler beteiligten 14 Mitglieder im Saal des Vereinslokals "Krone" in Breitenberg verrät: "Der Verein soll ruhen, jedoch nicht aufgelöst werden." Das von 1929 bis 1959 im Sparbuch der Oberamtssparkasse Calw, dann bis 1989 im Sparbuch der Raiffeisenbank Calw nachgewiesene Vereinsvermögen von 1331,63 D-Mark wurde aufgelöst.

Vereinseigenes Klavier für 400 Mark verkauft

Der Verkauf des vereinseigenen Klaviers an den damaligen Kronenwirt, Walter Hennefarth, den Vater des heutigen Betreibers, brachte 400 D-Mark. Der Käufer verpflichtete sich, das Instrument nicht nur den Sängern von Neuweiler bei Singstunden in Breitenberg zu überlassen, sondern bei Bedarf auch fürs Stimmen zu sorgen. Der Erlös wurde dem Kirchenchor Breitenberg gespendet. Das vorhandene Sparvermögen wurde zur Herstellung eines Fahnenkastens, der Rest für einen allerletzten Ausflug "ins Badische" verwendet. Die Teilnehmer mussten wohl – wie dies nun einmal bei "Beerdigungen" ist – noch einiges aufzahlen.

Eine besondere Geschichte hat die Fahne, die heute noch im Saal der "Krone" an den Verein erinnert. Laut Kostenvoranschlag sollte das gute Stück in den 1920er-Jahren 85 Goldmark kosten. Dann kam die Inflation. Geld war nichts mehr wert. Deshalb verlangten die Fahnenlieferantin Elisabeth Beischle aus Tübingen und der Hersteller der Fahnenstange, Drehermeister Ohngemach aus Wildberg, Wertbeständiges.

Die 24 Vereinsmitglieder spendeten dafür über neun Zentner Roggen, kauften 1923 für 40 Millionen Mark 20 Pfund Hafer und schickten auch die geforderten viereinhalb Pfund Butter nach Tübingen.

Im Jahr 1955 richtete der "Liederkranz" vom 16. bis 18. Juli die wohl größte Veranstaltung aus, die Breitenberg je sah: Gekoppelt mit dem 75-jährigen Vereinsjubiläum führte er das Sängerfest des Kniebis-Nagold-Gaus durch. Der Festzelt-Standort und Rummelplatz war auf einer Wiese im Teilort Vorderweiler. Heute stehen dort zwischen der Hauptstraße und dem Weg Hauswiesen Wohnhäuser. Vom Rathaus führte ein Umzug zum Festplatz, den hinter Reitern der Musikverein Stammheim anführte. Noch lange haben Musiker, Sänger, Breitenberger Festdamen der Jahrgänge 1936 bis 1938 und Zuschauer davon geschwärmt.