Die Flüchtlinge und Helfer bei der Dankesveranstaltung im Sommenhardter "Löwen". Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Flüchtlinge danken Helfern in Bad Teinach-Zavelsteins Stadtteil Sommenhardt / Schwerer Anfang

Im Jahr 2016 kamen junge Flüchtlinge nach Bad Teinach-Zavelstein. Heute sind sie in den Arbeitsmarkt integriert und bedankten sich jetzt im Rahmen einer Veranstaltung bei Helfern und Unternehmen. Viele Geschichten waren zu hören.

Bad Teinach-Zavelstein-Sommenhardt. Die Sommenhardter Bevölkerung kann sich noch an das Jahr 2016 erinnern. Damals kamen in ihrem ehemaligen Gasthof "Löwen" 20 Jungs an. Derzeit leben dort noch fünf unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge. Es wurde Zeit, vielen verschiedenen Menschen und Institutionen zu danken. Zeit zu feiern, dass 14 junge Männer in Deutschland endgültig "angekommen" sind. Viele befinden sich in einer Ausbildung, einige leben in eigenen Wohnungen. Viel Freude und ein gesundes Maß Wehmut über die Trennung mischte sich in eine Feier, die im "Löwen" stattfand.

Betriebe ebenfalls anwesend

Der frühere Gasthof war gut gefüllt. Da waren die vielen Betriebe, die den mittlerweile jungen Erwachsenen eine Chance gaben. Die jungen Männer traten vor das Publikum und erzählten stolz und leicht nervös, wie ihr bisheriger schulischer und beruflicher Werdegang aussieht.

Man hörte die Geschichte von Aliou Sow: Dieser bewarb sich in einem Nagolder Zweiradbetrieb um einen Praktikumsplatz. Vergeblich. Es war kein Platz frei. Aliou gab nicht auf. Im Gegenteil, er sah bem Verlassen des Geschäfts das bunte Kfz des Malerbetriebes Gashi, fragte den Chef, ob dieser einen Praktikanten brauche. Heute ist er dort Auszubildender.

Bei allen positiven Nachrichten gehört zur Wahrheit auch, so Joachim Döring, Verantwortlicher Leiter der Jugendhilfeeinrichtung Sommenhardt, "dass wir oft zusammengesessen sind und gesagt haben ›so, das war’s jetzt‹, weil es in der Firma nicht die richtige Arbeit war oder zu schwer von der Sprache".

Eberhard Carl, Integrationsmanager im Landkreis Calw, zeigte sich bewegt, dass er gemeinsam mit "seinen Jungs" schon einige Schlachten geschlagen habe. Er hob die besondere Leistung von Döring und dessen Stellvertreterin Hiltrud Größ hervor.

Er erinnerte, wie alles auf dem kleinen Bolzplatz begann, man im Winter in der Zavelsteiner Halle trainiert und bei Turnieren mitgespielt hatte. Carl hob das "Miteinander von allen Beteiligten hervor, denn alleine kann so etwas niemand stemmen". Wichtig sei nun, wenn die jungen Männer ab sofort ihren eigenen Weg gehen und für sich selbst verantwortlich sind, dass sie den ein oder anderen Impuls mitnehmen. In der Berufswelt und "allgemeinen Welt" treffen sie auf einige Hürden, und es wird wohl auch Rückschläge geben.

Sie dürften aber gewiss sein, so der Tenor, dass sie mit den Menschen, die in der Integration arbeiten, immer Ansprechpartner auf ihrer Seite haben und die notwendige Hilfe da ist. Das Wichtigste, damit traf Carl den Nagel auf den Kopf, sei das Lernen der deutschen Sprache.

In die gleiche Kerbe schlug Karin Pfeifle vom Jugendwerk und Angehörige des Gechinger Arbeitskreis Asyl. "Es ist grandios, wie schnell fast alle die deutsche Sprache gelernt haben. Dadurch gelang auch die Integration schnell". Sie zeigte zudem auf, wie aus Jugendlichen Erwachsene geworden seien und was passiere, wenn die vollstationäre Unterbringung ausläuft.

Edith Mast vom Arbeitskreis Asyl in Bad Teinach (Martinskreis) hat den Werdegang "ihrer Löwenjungs" beobachtet und begleitet. Anfangs, als 17 Neue auf einen Schlag kamen, war die Verpflegung aufgrund der verschiedenen Geschmacksrichtungen und Essgewohnheiten eine große Herausforderung. Als dann auch noch ein Küchenplan die Aufgaben verteilte, kam es schon einmal zu einem Stöhnen. "Schlimme Zeiten", ergänzte Abdul Nazery in Erinnerung an diese bis dato ungewohnten Verpflichtungen und sorgte mit diesem Zwischenruf für Gelächter. Dieser kam mit seinem Chef Helmut Maier zum Dankesfest. Mit guten Sprachkenntnissen samt schwäbischem Einschlag berichtete er, das er in "Bulich" wohnt und mit dem "Achtziger-Fussballprofi" Carl eine Beziehung aufgebaut hat. Abdul lernt bei einem Busunternehmen den Beruf des Buskraftfahrers im Personenverkehr.

Mast dankte den Helfern und Institutionen vor Ort und aus der Region: Seien es die vielen Firmen, die Praktikumsplätze stellten, oder mit anderen Hilfen Zeichen der Nächstenliebe setzten. Exemplarisch dankte Mast Menschen, die ehrenamtlich Nachhilfe zum Erlernen der deutschen Sprache geben, einem Getränkehersteller, einer Bäckerei, vielen Handwerkern und einem Arzt aus dem Ort.

Döring hob unter den vielen wertvollen Menschen, den man mit diesem Fest dankte, zu aller erst Dorothee Schuon hervor. Die Besitzerin des "Löwen" komme jede Woche vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Man habe im Laufe der Jahre eine große Vertrauensbasis geschaffen, sagte der Leiter der Jugendhilfe.

Arbeit als Gefühl der Achterbahn

Schuon dankte ebenfalls. Sie wisse um die "super Leistung und unendliche Mühe der Helfenden". Gerade Größ und Döring zeigten "Kompetenz und Knowhow". Teilweise wurde rund um die Uhr gearbeitet. Für sie selbst schließe sich ein Kreis. Ihre Großeltern haben früher im "Löwen" Flüchtlinge aus Ostpreußen aufgenommen. Auch waren dort Austauschschüler der Elfenbeinküste, aus den USA, Finnland und Frankreich zugegen.

Größ erzählte in lockerer Form, wie sie 2017 bei Nachhilfestunden "entdeckt" worden ist. Seit dort war die Betreuung dann ein Vollzeit-Job. Sie hatte schnell gemerkt, dass diese neue Erfahrung "passt". Mit Döring entdeckte sie gemeinsame, ethische und moralische Grundsätze.

Die Arbeit selbst sei wie eine Achterbahn der Gefühle gewesen.

Ganz erfreulich war die Bereitschaft der Betriebe, Praktikums- und Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. "Jedes Töpfchen hat sein Deckelchen gefunden" – jeder Junge seinen Meister. Größ, die diesen beruflichen Lebensabschnitt wieder beenden möchte, "weiß nun, dass die jungen Männer in guten Händen sind." Ihr Partner Döring war für sie ein "Häuptling, der für seinen Stamm immer da ist".

Die gegenseitige Wertschätzung fand auf Augenhöhe statt. Die Jungs wiederum wurden immer individuell mit all ihren Stärken und Schwächen begleitet. Stets mit dem Ziel, diese auf die richtige Bahn zu führen. Herkunft, Glaube und Kultur wurden immer respektiert. Sie erinnerte an die Ramadan-Nächte, als dann "um halb zwei nachts die Küche aufgeschlossen werden musste. Dann wurde kräftig gefuttert, um dann doch mal länger zu schlafen."

Begeisterung und Freude zu erkennen

Man sei besonders stolz, dass die Jugendlichen in Ausbildungsbetrieben untergekommen sind, dass die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Chefs so angenehm und unkompliziert verläuft und dass die Bereitschaft für Praktika und Ausbildung so groß war. Carl zeigte am Ende eine Fotoserie.

Im Bild konnte man dann nochmals erkennen, mit wie viel Begeisterung und Freude die Jungs bei verschiedenen Fußball-Events zugange waren.