Ist derzeit vermehrt in der Garage beim Rathaus oder als Lieferservice zu sichten: das Oberreichenbacher Bürgerauto.Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Mobilität: Autos fahren die Menschen nicht mehr zum Einkaufen / Lieferungen bei Bedarf möglich

Gerade für ältere Menschen ist das Bürgermobil eine Möglichkeit, mobil zu bleiben. Doch sie sind es auch, die als besonders gefährdet vom Coronavirus gelten. Aus diesem Grund haben sich Oberreichenbach, Neubulach und Bad Teinach-Zavelstein dafür entschieden, diesen Service vorerst auf Eis zu legen. Die Versorgung ist dennoch sichergestellt.

Bad Teinach-Zavelstein/Oberreichenbach/Neubulach. Normalerweise brausen die Bürgermobile mehrere Male am Tag von oder nach Oberreichenbach, in Bad Teinach-Zavelstein umher oder von und nach Neubulach. Bürger, die selbst nicht fahren können oder wollen, rufen bei der Bürgermobil-Nummer an, bestellen ihre Fahrt und los geht’s zum Arzttermin, zum Einkaufen oder zum Besuch bei Freunden. Nun aber stehen sie weitestgehend still. Der Grund ist derselbe, wie bei nahezu allem, was derzeit das öffentliche Leben betrifft und eingestellt wird: das Coronavirus.

Man habe die Maßnahmen zum Schutz der ehrenamtlichen Fahrer und der Gäste getroffen, meint Oberreichenbachs Bürgermeister Karlheinz Kistner. Das Elektro-Auto, auf dem seitlich "Oberreichenbach" zu lesen ist, hat seine Fahrten seit Anfang der Woche eingestellt. Der Sicherheitsabstand von 1,5 bis zwei Metern könne nicht eingehalten werden. Darüber hinaus bestehe die Zielgruppe ausschließlich aus älteren Menschen und die gehören zur Risikogruppe – ebenso wie ein Großteil der Fahrer.

"Diesen Monat wird das Bürgermobil auf keinen Fall fahren und nächsten Monat wahrscheinlich auch nicht", kündigt Kistner deshalb an. "Es muss einfach nicht sein, dass dieses Risiko eingegangen wird." Wobei zumindest eines sicher wäre: Alle Fahrten und Gäste werden in einem Protokoll festgehalten. Somit könnte man im Falle einer Erkrankung schnell die Infektionskette nachvollziehen. So weit will es der Bürgermeister aber gar nicht erst kommen lassen.

Menschen reagieren verständnisvoll

Die Bürger haben auf die Nachricht, dass ihr Mobil nun stillsteht, sehr verständnisvoll reagiert, freut sich Kistner. Ebenso wie auf nahezu alle einschränkenden Maßnahmen. Zwar seien sie enttäuscht gewesen, hätten aber die Beweggründe der Verwaltung verstanden.

Und so ganz verzichten müssen sie auch nicht auf den Service: Gemeinsam mit dem Oberreichenbacher Dorfmarkt wird ein Lieferdienst eingerichtet. Die Kunden können ihre Waren telefonisch im Dorfmarkt bestellen. Diese werden dann entweder vom Dorfmarkt selbst bis vor die Haustür ausgeliefert, oder – wenn es dort zu Engpässen kommt – von den Fahrern des Bürgermobils. Möglich ist das nur auf Gemarkung Oberreichenbach. Die Abrechnung wird zwischen dem Kunden und dem Dorfladen abgewickelt. "Auf jeden Fall ist die Versorgung gesichert", bekräftigt Kistner.

In Neubulach herrscht dieselbe Sachlage – das Bürgerauto fährt nicht mehr die Einwohner selbst, sondern übernimmt nur noch Kurierfahrten für selbige. Neubulacher, die sich zum Beispiel in Quarantäne befinden oder sich aus Sicherheitsgründen nicht aus dem Haus bewegen sollten, können sich beim Rathaus oder direkt bei der Nummer des Bürgerautos (07053/96 95 94) melden, wenn sie etwas brauchen. Die ehrenamtlichen Fahrer sind weiterhin im Einsatz. Nun eben, um auf Anfrage diese Waren auszuliefern. Der zu zahlende Betrag wird den Menschen in Rechnung gestellt.

"Das Bürgerauto nutzen normalerweise ältere und kranke Menschen, das wäre kontraproduktiv, das beizubehalten", sagt Bürgermeisterin Petra Schupp.

Ähnlich sieht es auch in Bad Teinach-Zavelstein aus. Hier gilt: Seit Anfang der Woche kein Bürgermobil-Service mehr. Der Verwaltung um Bürgermeister Markus Wendel ist aber auch bewusst, dass es sich bei der Zielgruppe, die das Bürgermobil normalerweise nutzt, um genau die handelt, die auf Hilfe angewiesen sein könnte. Aus diesem Grund stehen vier Ehrenamtliche – zwei Bürger und zwei Erzieherinnen, die derzeit nicht in ihrem eigentlichen Beruf tätig sein können – bereit, um diesen Menschen unter die Arme zu greifen. Das funktioniert in der Praxis dann folgendermaßen, erklärt Wendel: Die Person, die Hilfe benötigt, meldet sich telefonisch bei der Stadtverwaltung. Diese gibt das Anliegen an die Helfer weiter, die wiederum Kontakt zum Betroffenen herstellen.

Niederschwellig und unbürokratisch

Die dürfen den Ehrenamtlichen sagen, was sie benötigen – Lebensmittel, ein Medikament oder Ähnliches – was ihnen dann vor die Tür gestellt wird. "Wir wollen das so niederschwellig und unbürokratisch wie möglich machen", betont Wendel. Deshalb sei auch noch keine feste Zahlungsweise vereinbart worden. "Jetzt geht es um pragmatische Lösungen. Das kann man klären, wenn die Krise irgendwann vorbei ist." Derzeit sei das Thema Bezahlung von geringer Bedeutung. Ohnehin ist sich Wendel sicher, dass gerade diejenigen, die die Hilfe in Anspruch nehmen, niemandem etwas schuldig bleiben möchten.

Viele werden das laut der Prophezeiung des Bürgermeisters nicht sein. "Das soziale Netzwerk funktioniert sehr gut. Viele Leute haben noch Verwandte oder ein gutes Verhältnis zu Nachbarn."

Daher gehe er nicht davon aus, dass sich viele Menschen beim Rathaus melden. Und doch ist es ein wichtiges Thema, das laut Wendel zur Fürsorgepflicht des Staates gehöre. Im Großen gehöre dazu zum Beispiel das Zurückholen von Deutschen aus dem Ausland, im Kleinen die Hilfe beim Einkaufen auf kommunaler Ebene.

"In dem Wort Gemeinde liegt ja das Wort Gemeinschaft", sagt er. Es mache Spaß zu sehen, wie die Corona-Krise in Bad Teinach-Zavelstein die Solidarität und Mitmenschlichkeit offenlege, schwärmt Wendel. Von Widerstand gegen Einschränkungen wegen des Virus keine Spur. "Es funktioniert." Deshalb ist sich der Bürgermeister auch absolut sicher: "Wir packen das."