Im Grundgerüst des Baumhauses haben schon mal alle Beteiligten des Ferienprogramms Platz.Fotos: Buck Foto: Schwarzwälder Bote

Ferienprogramm: Kinder werkeln in Bad Teinach-Zavelstein in den Wipfeln

Hoch oben in den Baumkronen wurde dieser Tage in Bad Teinach gearbeitet. Doch keine Waldarbeiter hingen in den Bäumen, sondern Schüler. Die nahmen an einem Ferienprogramm der besonderen Art teil.

Bad Teinach-Zavelstein. Vor mehr als 30 Jahren sei er letztmals in den Bäumen umhergeklettert, erzählt Bad Teinach-Zavelsteins Bürgermeister Markus Wendel. Das war noch zu Bundeswehrzeiten. Ein im wahrsten Sinne des Wortes einschneidendes Erlebnis: Beim Abseilen hatte sich damals ein Seil in den Rücken gefräst.

Deshalb schaut Wendel an diesem Mittag nur von unten aus den Kindern zu. Die turnen im Rahmen des Ferienprogramms völlig angstfrei in den Bäumen herum. Denn hier, oberhalb der Schloßberghütte in Bad Teinach, soll ein Baumhaus entstehen, das auch für Touristen als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Unter Anleitung von Tobias Weißenmayer vom Verein "Bund für Baumhaustechniker – Bildung, Forschung, Natur, Sport und Jugend" und seinem Team. "Wegen der Sicherheit haben wir hier eine 1:1-Betreuung", verdeutlicht der Sozial- und Religionspädagoge. Sechs Teilnehmer werden vom Team Weißenmayers betreut. Die Bäume sind bis in die Gipfel mit Seilen gesichert.

Spezialschraube, um das Holz zu schützen

Das Baumhaus selber hängt in den Bäumen auf drei Metern Höhe. Dafür hat der Verein extra eine Spezialschraube entwickelt, die zum einen eine hohe Tragkraft aufweist und zum anderen dem Baum nicht schadet. Das dreieckige Grundgerüst liegt bereits im Wald. Acht Ecken wird das ganze Gebilde schlussendlich haben. Eine Fläche von um die 20 Quadratmeter sollen es werden. Platz für bis zu sechs Personen soll das Baumhaus am Ende bieten.

"Da hat man sicher eine tolle Aussicht über das Tal", freut sich Wendel schon auf die erste Probeübernachtung. "Von ganz oben ist die Aussicht noch besser", merkt ein Teilnehmer des Ferienprogramms an. 15 Meter hoch, ganz oben, sei er schon gewesen. Kein Wunder, denn zum Programm gehören neben dem Baumhausbau und dem Anlegen eines Zugangsweges auch diverse Kletterübungen. "Die gehen da locker hoch in die Bäume, schauen ein Mal zu und können es", freut sich Weißenmayer über den Wissensdurst der jungen Baumhausbauer. In der Tat sei das ein Ferienprogramm "der anderen Art", stellt Wendel beim Vor-Ort-Termin fest. Und die Jungspunde in den Bäumen haben mächtig Spaß.

Denn schon kurz nach der offiziellen Fotopause geht es wieder ab in die Bäume, Seile werden gespannt und das Tragegestell wird zentimeterweise in Position gezogen. Alle arbeiten konzentriert, es herrscht großteils Ruhe auf der Baustelle. Glück für die Baumhausbauer: Die Schloßberghütte beteiligt sich an der Verpflegung mit warmem Mittagessen, Getränken und dem Lagerplatz. "Dafür bedanken wir uns auch herzlich für die gute Zusammenarbeit", freut sich Franziska Bürkle von der Teinachtal-Touristik. Überhaupt gibt es Grund zur Freude, denn das Projekt wird mit 80 Prozent der Kosten von LEADER gefördert. Am 20. Mai wurde der Antrag gestellt, Anfang Juni war die Bewilligung im Briefkasten des Rathauses. "Das war eine sehr zügige Bearbeitung", ist Bürkle überrascht wie froh. Denn so konnte das Ferienprogramm um eine Attraktion bereichert werden. 19 990 Euro kostet das Ganze.

Gebaut wird das Baumhaus aus heimischem Holz. Schwarzwälder Weißtanne kommt zum Einsatz. Ebenso lokale Handwerksbetriebe, die mit den Bauteilen beauftragt wurden. Weißenmayer ist es wichtig, mit dem Projekt die Region zu stärken. Und das schon seit etlichen Jahren.

Angefangen hat alles vor sieben Jahren, als der Sozial- und Religionspädagoge mit einer Calwer Pfadfindergruppe eine mehrtägige Wanderung durch die Wildnis unternahm. Sie übernachteten in kleinen Hütten, die Wandergruppen kostenlos zur Verfügung standen. "Im Schwarzwald gibt es so etwas nicht", sagte sich Weißenmayer damals.

Doch die hierzulande geltenden baulichen Vorschriften standen dem im Weg. Die Vorschriften gelten jedoch nicht für ein Baumhaus, da es nicht mit dem Erdboden verbunden ist. Doch auch hier muss die Statik logischerweise stimmen. "Da gibt es in ganz Deutschland nur fünf Experten, dessen Fachgebiet das ist. Wir haben einen davon in unserem Verein", erklärt Weißenmayer die komplexe Arbeit.

Fünf Jahre später entstand dann der erste Prototyp in Zusammenarbeit mit dem Calwer Pfadfinderstamm "Sternfahrer" und mit Jugendlichen aus Bad Herrenalb. Vor zwei Jahren wurde dann der Verein "Bund für Baumhaustechniker – Bildung, Forschung, Natur, Sport und Jugend" aus der Taufe gehoben, um das Baumhausprojekt weiterzuentwickeln. Das erste Baumhaus steht seit 2017 in Bad Herrenalb.

Fernziel ist ein spezieller Wanderweg

Das sei nahezu ausgebucht, erklärt Weißenmayer. Man sieht, die Idee zündet und kommt an bei den Menschen. Eines Tages schwebt ihm eine Art Baumhaus-Fernwanderweg im Schwarzwald vor. "Man kann dann von Baumhaus zu Baumhaus wandern und dort jeweils übernachten", so die Vision. "Tourismus ohne Flächenverbrauch" sei das laut Weißenmayer.

Auch Bürgermeister Wendel sieht einen "ganzen Strauß von positiven Effekten", wie er es nennt. Zum einen werte es die Stadt touristisch auf, zum anderen könne man so der Natur nahe kommen.

Während sich die Verantwortlichen über letzte Details, wie eine angedachte Einweihungsfeier im September, unterhalten, wird im Wald emsig weitergearbeitet. Man merkt, dass die Kinder einen Heidenspaß an der Arbeit im Wald haben. Als gegen 16 Uhr die Frage Freibad oder Weiterbauen aufkommt, ist der Fall eigentlich schnell klar.

Es wird weitergebaut, das Freibad hätte ja noch lange genug offen – zumal es von der Stadt Gutscheine zum freien Eintritt gab. Wendel hatte im Vorfeld schon einen klaren Auftrag an die Kinder verteilt: "Erst wenn das Baumhaus hochgezogen ist, dann geht es ins Freibad." Das nehmen die Jungbaumhausbauer ernst und werkeln noch weiter, als auch die Presse die Waldbaustelle allmählich verlassen muss.