Großes Interesse besteht am alten Brunnen (oben), der mit einem Stein zugedeckt ist. Das Heidekraut (unten) sprießt am Boden in die Höhe. Foto: Schwarzwälder Bote

Führung: Robert Roller zeigt den Wald in Zavelstein aus neuer Perspektive / Maximal zwölf Teilnehmer pro Führung möglich

Der Wald ist auch, aber nicht nur grün. Das bringt der ehemalige Förster von Bad Teinach-Zavelstein, Robert Roller, interessierten Teilnehmern nahe. Auf Tour kreuz und quer durch den Zavelsteiner Forst. Manchmal auch abseits des Weges.

Bad Teinach-Zavelstein. "Ich saß auch mal auf so einer Leiter im Winter. Drei Stunden lang hat es geschneit. Dann kamen ein paar Wildschweine, eine hatte ich mir schon ausgeguckt. Als ich dann das Gewehr hochnehmen wollte, um zu schießen, war das festgefroren. Es hat ein Mal geknackt, das war’s dann mit dem Abend." Diese Anekdote erzählte Robert Roller am Dienstagmorgen im Zavelsteiner Wald. Der ehemalige Förster von Bad Teinach-Zavelstein führt derzeit bis zu maximal zwölf Personen in sicherem Abstand – Corona lässt grüßen – kreuz und quer zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch.

Diese hat er 38 Jahre lang selber betreut, kennt sich also bestens aus. Aber auch Roller findet bei jeder Tour neue Dinge: "Vorhin hab ich beispielsweise einen neuen Stein gesehen, den ich noch nicht kannte." Klar, gänzlich neue Areale oder Bäume findet der Ex-Förster nicht mehr, doch die Details sind ihm wichtig. Das spürt man auch bei der Tour durch den Wald. Von weit her sind die Teilnehmer gekommen, welche aus Stuttgart, wieder andere aus dem Raum Göppingen. Sogar aus Luxemburg und der Schweiz seien schon Interessierte dabei gewesen, blickt Roller zurück.

Tour startet mit der Historie von Zavelstein

Los geht die Route in Zavelstein, wo der 66-Jährige zunächst über die Geschichte des Städtles spricht. Dann geht es über den Teuchelweg weiter in den Wald. Hier sei anno dazumal eine hölzerne Wasserleitung zwischen Rötenbach und Zavelstein verlegt worden – mit ein Grund, weshalb heute mitten auf dem Waldweg ein Gullydeckel zu finden ist.

"Das wurde zwischen 1620 und 1630 verlegt und erst 1900 durch Stahlrohre ersetzt. Das hat also 300 Jahre lang gehalten", freut sich Roller sichtlich über die alte Technik. Weiter geht es über den Ruhewald Bad Teinach-Zavelsteins. Inzwischen werde schon die fünfte Erweiterung vorbereitet, macht Roller klar, dass der Run auf die Bäume als Bestattungsform nicht abzureißen scheint. Für Verwunderung bei den Teilnehmern sorgte, dass es sogar aus dem Stuttgarter Raum möglich ist, sich im Bad Teinach-Zavelsteiner Ruhewald beerdigen zu lassen. Da sei man eben großzügiger als andere Kommunen, meint Roller.

Doch der Waldguide fokussiert sich eher auf die Beschaffenheit des Bodens. Heidekraut sprießt teilweise in die Höhe, komme aber wegen der konkurrierenden Brombeere nicht so zur Entfaltung wie erhofft. Weiter geht es zum "Urwald-Liebespaar". Eng umschlungen ragen Seit an Seit eine Weißtanne und eine Buche in den bedeckten Zavelsteiner Himmel. Selbst in den osteuropäischen Urwäldern habe er so etwas noch nicht gesehen, erzählt Roller. Gerade solche speziellen Dinge lasse man als Förster auch stehen – zwecks der Landschaftsgestaltung. Traurig sei dabei nur eines: "Kein Mensch merkt es, dass solche Einzelbäume extra stehen gelassen werden."

Die zehn Teilnehmer des Waldrundgangs schwören an diesem Morgen aber Stein und Bein, dass sie ab sofort auf genau solche Bäume verstärkt achten werden. Die nächste Station dreht sich um die Jagd. Dort kam es auch zu der eingangs erwähnten Anekdote von Roller.

Die Jäger sorgen laut dem ehemaligen Förster dafür, dass der Wald besser wachsen kann. "Wald vor Wild", lautet die Marschroute bei der Bejagung. Vor allem Rehe knabberten als "Schleckermäuler" die Spitzen von jungen Bäumen ab. "Dann gibt es keinen Chef mehr, der sagt, dass man nach oben wächst", erklärt der 66-Jährige das Dilemma. Dann kommt es zu einem regelrechten Wettrennen zwischen verschiedenen Ästen, die um die Vorherrschaft buhlen. Das wiederum führt im weiteren Wachstum zu zahlreichen Kurven. "Aber wenn der Baum hoch genug ist, verwächst sich das." Eine Kuhle im Wald fällt den Teilnehmern im weiteren Verlauf auf. Bis zu zwei Meter tief ist sie. Früher sei da der Viehtrieb verlaufen, das habe über Jahre hinweg eine regelrechte Schneise gezogen, erklärt Roller. Inzwischen hat sich der Wald die Stelle längst zurückerobert – doch die Spuren bleiben.

Stichwort Spuren und Wild: Nahe einer Lichtung mit Jägerhochstand hoppelt ein Hase durchs Unterholz. "Ein Reh", ruft eine Teilnehmerin erfreut aus. Roller korrigiert, das Gelächter ist groß – ebenso der Hase, weshalb man ihn wohl für ein Reh hielt. So ein Schauspiel sei selten, erklärt Roller. Normalerweise würde man hier in den Wäldern nicht immer Wildtiere sehen. Das liege aber nicht an der geringen Anzahl, sondern daran, dass sich die Waldbewohner bestens verstecken. "Aber das Wild hier bleibt cool. Die sagen sich schon ›Der schon wieder, der kommt ja jede Woche‹", scherzt Roller.

Überhaupt sei an dieser Stelle angemerkt, dass es dem ehemaligen Förster bestens gelingt, Fachwissen mit Geschichten und Witz zu verbinden. Man spürt, dass er auch nach 38 Jahren noch für das Thema Wald brennt. "Langweilig wird das nicht. Es macht Spaß, das ganze Wissen, das ich über Jahre angesammelt habe, weiterzugeben. Außerdem weiß man ja nie, was für Fragen kommen", sagt Roller zu seiner Motivation. Den Zavelsteiner Wald kennt er wie seine Westentasche. Nach wenigen Metern geht es kreuz und quer durchs Unterholz. Selbst als Teilnehmer mit ausgeprägtem Orientierungssinn wäre man nach einigen Metern hoffnungslos verloren.

Borkenkäfer suchen vor allem Fichten heim

Bei der Führung sind aber nicht nur die schönen Seiten des Waldes Thema. Buchdrucker – also derjenige Borkenkäfer, der unter anderem in Norddeutschland bewaldete Landstriche in eine braune Einöde verwandelt – ebenfalls wie das Thema Trockenheit und Hitze. Ganz besonders wird das an einem im Wald befindlichen Brunnen sichtbar. Normal habe es dort in den Vorjahren immer Wasser gehabt, jetzt ist der Brunnen staubtrocken. "Irgendwann geht eben auch hier mal das Wasser aus", klagt Roller. Dennoch sieht er dem Klimawandel gelassen entgegen – zumindest auf den eher kleinen Wald in Zavelstein bezogen: "Hier auf kleiner Fläche kann man den Wald das meiste selber machen lassen. Die Natur bringt, was sie in petto hat." Dann könne man sicher auch in 100 Jahren noch den Wald entdecken.

Nach gut eineinhalb Stunden haben die Waldbesucher gemeinsam mit Förster Roller in der Tat viel entdeckt. Es gibt Applaus, der sich in den ruhigen Weiten der Bäume verläuft. Aber nicht nur die Führungsteilnehmer sind begeistert. Auch Roller selbst: Dadurch, jetzt nicht mehr für wirtschaftlichen Ertrag, Mitarbeitergesundheit und Baumpflege sorgen zu müssen, könne er den Wald viel freier erkunden als noch zu Berufszeiten. "Das ist auch für mich jetzt ein ganz anderes Walderlebnis."

Weitere Informationen: Am Donnerstag, 27. August, findet von 14 bis 16 Uhr ein Waldgang mit Robert Roller statt. Teilnahme kostenlos. Eine Anmeldung bei der Teinachtal-Touristik unter 07053/9 20 50 40 ist nötig.