Hier, wo der Wald das Gelände zurückeroberte, muss früher ein ganzes Dorf gestanden haben. Foto: Kunert

Team der Uni Tübingen ist im Wald bei Schmieh vielen Geheimnissen auf der Spur. Für Mitteleuropa eine außergewöhnliche Fundstelle.

Bad Teinach-Zavelstein-Schmieh - Der Wald rund um Bad Teinach-Zavelstein birgt viele Geheimnisse. Nahe dem Ortsteil Schmieh versucht aktuell ein Archäologen-Team der Universität Tübingen einmal mehr dem Boden einige dieser Geheimnisse zu entlocken. Geleitet wird die aktuelle Grabung von Katja Thode, die aus den Erkenntnissen der auf gut acht Wochen angelegten Kampagne ihre Doktorarbeit gestalten möchte. Gemeinsam mit drei Studentinnen hat sie sich ein ehemaliges Siedlungsgebiet auf der so genannten Brunnenwiese vorgenommen.

 

Wobei der Name "Brunnenwiese" täuscht. Eine Wiese ist dies schon lange nicht mehr, sondern das Gelände liegt heute mitten im Wald. Aber in früheren Zeiten muss hier am oberen Ende eines kleinen Taleinschnitts und inmitten zahlloser Quellen und Brunnen ein ganzes Dorf auf offenem Gelände gestanden haben. Zahllose, bereits oberirdisch erkennbare Mauer- und Gesteinsreste belegen das.

Entdeckt wurde dieser Siedlungsbereich wie das unmittelbar angrenzende, bekannte historische Ruinenfeld von Oberwürzbach durch Revierförster Robert Roller. Bei einem seiner zahlreichen Streifzüge durch den Wald waren ihm bereits vor knapp zehn Jahren Geländeveränderungen aufgefallen, die von Menschenhand stammen mussten – große Terrassenanlagen, langgezogene Mauern.

Von der Landschaft her ist dieser Bereich deutlich getrennt von dem bereits durch frühere Grabungen erschlossenem Gebiet des mutmaßlich während der Pest verlassenem, ehemaligen Oberwürzbach. Es könnte aber auch gut sein, dass dieser nun mit der aktuellen Grabung erstmals untersuchte ehemalige Siedlungsbereich ebenfalls noch zu Oberwürzbach dazugehörte.

"Genau das wollen wir herausfinden", so Grabungsleiterin Thode. Vorgenommen haben sie und ihre Kolleginnen sich dafür einen seltsam geschichteten, offensichtlich planvoll angelegten Steinhaufen sowie eine auffällige Mauerformation, die fast den gesamten Hang hinunterläuft. Die genaue Funktion dieser Mauer ist noch unklar, vielleicht war sie schlicht als Grundstücksgrenze angelegt. Und auch das Alter der gesamten Anlage liegt noch im Dunkeln. Eingesammelte Reste von Holzkohle und der bisher für die Archäologinnen aufregendste Fund, eine Keramikscherbe mit auffälliger Färbung, sollen hier später im Labor eine genaue Datierung der Funde möglich machen.

Was den Laien vielleicht verwundert: "Das Besondere an diese Fundstelle ist der unglaublich gute Erhaltungszustand", erläutert Katja Thode den Grund, warum die stets raren Mittel der Archäologen für Ausgrabungen ausgerechnet hier in Bad Teinach-Zavelstein eingesetzt werden. Normalerweise würden alte Siedlungen stets von neuen überbaut. Oder die Ruinen lägen offen in der Landschaft und dienten dort späteren Generationen als Steinbrüche, bis sie eigentlich ganz verschwunden seien. Hier aber habe sich in einmaliger Weise der Wald das Gelände zurückerobert, und der Mensch habe die Ruinen dadurch jahrhundertelang vergessen und nicht angerührt. "Das ist ganz und gar außergewöhnlich", so Thode. Denn man könne die Reste der Bauten tatsächlich mit bloßen Auge in der Landschaft erkennen.

So etwas sei in Mitteleuropa in dieser Dimension wirklich einmalig, gäbe es sonst nur vielleicht im Dschungel Südamerikas oder Südostasiens.