Hat im Park ein neues Zuhause gefunden: Poldi Foto: Hopp

Tierschutzprojekt feiert Jubiläum. Arbeit geht Team nicht aus. Tiere auf Warteliste. Mit Video

Bad Rippoldsau-Schapbach - Ein alter Bär tappt genüsslich durch die Freianlage des Alternativen Wolf- und Bärenparks in Bad Rippoldsau-Schapbach. Dieser ist ein Refugium für gerettete Bären, Wölfe und Luchse. Parkleiterin Sabrina Reimann blickt zufrieden auf die Szenerie. "Totgesagte leben länger", meint die Wildtierbiologin. Immerhin hat Poldi bereits stolze 29 Jahre auf dem Buckel. Und er ist eine von vielen Erfolgsgeschichten des Tierschutzprojekts, das in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert.

Als Poldi vor neun Jahren im Park ankam, waren solche Szenen kaum vorstellbar. 15 Jahre lang vegetierte er in einer Lkw-Garage vor sich hin - auf engstem Raum mit kaltem Betonboden. An den Spätfolgen der schlechten Haltung leidet er noch heute. Poldi ist fast blind und hat starke Arthrose. 

Mit der Ankunft beginnt ein neues Leben

Mit der Ankunft im Park begann für den Bär ein neues Leben. Erstmals schnupperte der Senior ein Stück Freiheit, spürte Waldboden unter den Tatzen und lernte mit der Zeit sogar, sich gegen seine tierischen Mitbewohner zu behaupten. Heute lässt er sich weder von den Jungbären Agonis, Arthos und Arian - laut Reimann "kleine Hooligans, die uns ganz schön auf Trab halten" - auf der Nase herumtanzen, noch sich von einem Wolf das sauer verdiente Futter abjagen. Denn das bekommt Poldi hier nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern muss es sich auf langen Fußmärschen selbst suchen. 

Wobei Poldi eigentlich gar nicht Poldi heißt, wie die Wildtierbiologin auf einem Rundgang durch die Freianlagen erklärt. Jedes Tier bekomme einen neuen Namen, erklärt Reimann. Der alte wird nicht verraten. Was sich wie eine Art Zeugenschutzprogramm anhört, soll Flashbacks verhindern. Die Tiere sollen nicht durch den vertrauten Namen an ihr altes Leben erinnert werden, was besonders bei Tieren, die dressiert wurden, wichtig ist.

Wie notwendig das ist, beweist etwa Kaja. Immer wieder, führt Reimann aus, laufe die Bärin in der Freianlage die Begrenzung ihres ehemaligen Zirkuswagens ab. Stereotypien wie diese seien den Tieren nur schwer wieder abzugewöhnen. Als Therapeuten helfen den Bären die Wölfe und Luchse. „Wenn ein Nahrungskonkurrent im Spiel ist, muss man clever und aufmerksam sein um leckere Bissen zu ergattern und kann nicht mehr nur stur im Kreis laufen“.

Park zieht zahlreiche Besucher an

Was Besucher zum Beispiel als süß empfinden, ist eine Verhaltensauffälligkeit, unter der Jungbär Agonis leidet. Er nuckelt seine Tatze wund, da er als Restaurantbär in Albanien so die Aufmerksamkeit von Restaurantgästen auf sich zog und dafür belohnt wurde. Bevor er gefangen und im Restaurant gehalten wurde, wurde Agonis Mutter vermutlich von Wilderern erschossen. 

Ein Plakat bittet die Besucher, einfach weiter zu gehen, wenn sie dieses Verhalten beobachten. So können auch sie ihren Teil zum Tierwohl beitragen.

Und Besucher hatte die Freianlage viele. "Mittlerweile haben wir jährlich etwa 80.000 Besucher," meint Reimann. Oft reichten die Parklätze nicht mehr aus.

Doch eigentlich wäre es der Parkleiterin am liebsten, wenn der Park als reine Tierauffangstation irgendwann überflüssig würde. Wenn kein Wildtier mehr unter schlechten Bedingungen gehalten werden dürfte.

Doch alleine aus Deutschland sind 14 Bären auf der Warteliste und hoffen auf ein neues Zuhause.

"Die Arbeit wird uns so schnell nicht ausgehen", meint die Wildtierbiologin und blickt auf den Bär Poldi, der durch das Gelände stapft. Er genießt sichtlich sein neues Leben und verschwindet wieder im Wald.