Drei alte Tanten freuen sich über ihren Streich. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder Bote

Eurhythmie: Die Gesetze von Sprache und Musik in sichtbare Bewegung übersetzt

Bad Liebenzell-Unterlengenhardt. Was erlebt jemand, der das Wort Eurythmie zwar schon gehört, aber keinen Schimmer davon hat, was es bedeutet, wenn er zu einer Veranstaltung geht, die mit "Heitere Eurythmie zum Fasching" überschrieben ist? Um es vorweg zu nehmen: Die Autorin erlebt einen unerwartet vergnüglichen Abend, lernt allerhand über das auftretende Ensemble und etwas über die Grundlagen der Eurythmie.

Der Saal in der Freien Studienstätte Unterlengenhardt ist voll besetzt. Angekündigt ist das Else-Klink-Ensemble vom Eurythmeum in Stuttgart, einer Bühne auf der Uhlandshöhe, die auch auf Tournee geht und die in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Stuttgart Studiengänge zur Eurythmie-Pädagogik anbietet. Im Ensemble arbeiten erfahrene Eurythmisten mit jungen Künstlern, die zum Teil noch ihre Bühnenausbildung absolvieren, zusammen. Durch die Eurythmie werden die Gesetze von Sprache und Musik in sichtbare Bewegung übersetzt, lerne ich von meiner Sitznachbarin. Mit dem "Lustigen Walzer" von Dmitri Schostakowitsch startet das zwölfköpfige Ensemble die Übersetzung von Tönen und Rhythmen in Bewegungen.

Heitere Programmfolge

Am Flügel hat Nune Arakalian den Part "Musik" inne. Für "Sprache" stehen Armgard von Gagern und Rüdiger Fischer-Dorp. Sie wechseln sich ab in den Ankündigungen der heiteren Programmfolge und mit der Rezitation der lustigen Gedichte und Geschichten. Langsam, akzentuiert und betont, hat ihr Sprechen auch Melodie und Rhythmus, dem die Eurythmisten auf der Bühne wortlos Bewegung verleihen. Und auch das Licht auf die Szenen hat in der Eurythmie Bedeutung. Dafür sorgt in Unterlengenhardt Diethard Bastian.

Von feinem Humor bis zur drastischen Komik zieht das Ensemble alle Register der eurythmischen Fröhlichkeit. Zum Kinderlied vom Harung, jung und schlank, und der ollen Flunder schwimmtanzen glupschäugige Heringe und eine goldbesetzte Scholle über die Bühne. Die Heinz-Erhardt-Gedichte "Die Kuh" und "Der Stier" heben den Vorhang für vollendet kostümierte und pantomimisch perfekte Rindviecher. "Ein Apfelbaum im Bauch" erzählt von der Angst, es könnte ein Apfelbaum wachsen, wenn man die Kerne mitisst. Drei alte Tanten haben eine diebische Freude daran, dass sich Sophiechen für das scheußliche erbsengrüne Kleid zum Geburtstag auch noch bedanken muss. Weitere Musikstücke wie "Bagatelle" von Ludwig van Beethoven oder "Habanera" von Georges Bizet sowie eine "Italienische Polka" von Sergej Rachmaninow, sind immer wieder zwischen die Gedichte eingestreut und das Ensemble verleiht passend kostümiert jedem den eigenen, typischen rhythmischen Ausdruck.

Echte Meisterleistung

Den absoluten Höhepunkt des Programms, über welches sich das Publikum köstlich amüsierte, steuerte als Urheber des von den Sprechern genüsslich und ausgebreitet vorgetragenen Sketchs der unvergessene Loriot bei. "Holleri du dödl di, diri diri dudl dö". fürs Jodeldiplom so "zungenbrecherisch" in Bewegung umzusetzen, dass dem Zuschauer fast schwindlig wird, ist eine Meisterleistung der tanzenden Akteure. Zu recht mussten sie am Ende der Vorstellung mehrfach zurück auf die Bühne, weil der Applaus des bestens unterhaltenen Publikums nicht enden wollte. Und die zu Beginn unbedarfte Zuschauerin hat gelernt, dass in der Lauteurythmie das gesprochene Wort im Mittelpunkt steht. Dass in der Toneurythmie ein Musikstück durch schöpferische Ausdruckskraft in Bewegungsabläufe übertragen und sichtbar werden kann. Dass die Eurythmie auf Rudolf Steiner zurückgeht und auch in der Pädagogik sowie der Therapie ihren Platz hat und dass bei all dem der Spaß nicht zu kurz kommt.