Die Bundestagsabgeordneten Saskia Esken und Lothar Binding informierten über die Steuerpläne der SPD. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahlkampf: Finanzpolitischer Sprecher: Sonderarbeitsverhältnisse von Firmen ausgenutzt / Esken erläutert mögliches Modell

Bad Liebenzell. Bei einer SPD-Veranstaltung im Wappensaal des Bad Liebenzeller Kurhauses sprachen sich der finanzpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Lothar Binding, und seine Kollegin Saskia Esken für Steuersenkungen bei mittleren sowie geringeren Einkommen aus.

Ein Rechenbeispiel

Von den 44 Millionen Berufstätigen in Deutschland seien 7,8 Millionen in Sonderarbeitsverhältnissen wie Leih- arbeit, Zeitarbeit oder befristeten Beschäftigungsverhältnissen. "Diese sind von der SPD damals bei ihrer Einführung gut gemeint gewesen, sind jedoch dann von den Unternehmen ausgenutzt worden", hob Binding hervor.

Er teilte die Anwesenden kurzerhand in drei Gruppen ein, deren Mitglieder jeweils zehn, 100 oder 1000 Euro im Monat verdienen würden. Dann unterstellte Binding, dass jeder von ihnen monatlich zehn Euro Steuern zahlen müsse. Schnell wurde den Zuhörern klar, dass es unmöglich ist, alle Bürger steuerlich über einen Kamm zu scheren. Ein Geringverdiener müsse heute proportional von seinem Einkommen weitaus mehr für seine existenzsichernde Grundversorgung ausgeben als Besserverdiener. Er habe im Vergleich zu seinem Ein- kommen daher anteilig auch deutlich höhere Steuern zu zahlen.

Die Forderung nach einer Senkung der Mehrwertsteuer höre sich zwar gut an, sei letztendlich jedoch ungeeignet zur Entlastung der Bürger, da der Handel die Absenkung nicht weitergeben würde. Die Reallöhne der Menschen seien seit den 1990er-Jahren nicht mehr gestiegen. Geringverdiener würden durch die Nennung des Durchschnittseinkommens ständig "mundtot gemacht", so dass sie über ihre weit unter dem Durchschnitt liegenden Einkommen aus Scham nicht sprechen wollten.

Solo-Selbstständige wie Taxifahrer seien schlecht dran, weil die Krankenkassentarife gemessen an ihrem Einkommen zu teuer seien. Viele Menschen verdienten so wenig, dass es für sie fast unmöglich sei, etwas für ihre Altersversorgung zurückzulegen. Es sei dafür zu sorgen, dass die Menschen zu höheren Löhnen und Renten kämen. Die freie Marktwirtschaft habe zur Folge, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer würden. Daher müsse der Staat steuernd eingreifen.

Esken erläuterte den Zuhörern, wie die Reform zugunsten der einkommensschwachen Menschen finanziert werden könnte: "Unter den Industrieländern hat Deutschland eine der schlechtesten Investitionsquoten. Wir wollen der Schuldenbremse die Investitionsverdichtung gegenüber stellen".