Rund 40 junge Leute aus ganz Baden-Württemberg nahmen auf Burg Liebenzell an einem Botschafterseminar teil. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Unter dem Motto "Mitmachen Ehrensache" gibt es ein Seminar des Internationalen Forums Burg Liebenzell

"Es ist sehr wertvoll, schon als junger Mensch zu erfahren, dass die Welt um uns herum durch unser Engagement verändert werden kann", sagte Familienministerin Franziska Giffey anlässlich des "Internationalen Tages des Ehrenamtes" 2018.

Bad Liebenzell. Immer am 5. Dezember wird dieser von den Vereinten Nationen initiierte Tag weltweit als Würdigung ehrenamtlichen Engagements begangen. In Baden-Württemberg sind an diesem Tag unter dem Motto "Mitmachen Ehrensache" (MME) zahlreiche Schüler und Jugendliche in Betrieben ihrer Wahl tätig, um Geld für soziale Projekte für Kinder und Jugendliche zu verdienen. Mitmachen können Schüler ab Klasse 7. Regionale Aktionsbüros helfen bei der Umsetzung vor Ort.

Das Internationale Forum auf der Burg Bad Liebenzell war für ein Wochenende der Stützpunkt für das diesjährige MME-Botschafterseminar (wir berichteten im Vorfeld). Rund 40 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesland erhielten hier das Rüstzeug, um an ihren Schulen Mitstreiter für den Aktionstag im Dezember zu gewinnen. "Wir sind zum zweiten Mal hier in Bad Liebenzell, nachdem wir viele Jahre in Bad Boll getagt hatten", erzählen Cornelia Hoßfeld und Gabi Kircher vom veranstaltenden Stuttgarter MME-Aktionsbüro. "Diese Location ist absolut jugendgerecht", so Kircher weiter. Für die jungen Teilnehmer ist es spannend, in einem historischen Burggemäuer an einem Seminar teilzunehmen. Und Bezug nehmend auf das Statement der Familienministerin: Schon das Seminar verändert die Welt der jungen Leute. Manche kennen sich schon, haben schon Erfahrung als Botschafter und geben diese, neben den Referenten, an die Neuen weiter. In vergangenen Seminaren sind Freundschaften entstanden, "und bereits am zweiten Tag ist zu spüren, wie sich wieder Netzwerke mit den Neuen anbahnen", wissen die beiden Verantwortlichen.

Ziel des Seminar-Wochenendes war es, die jungen Leute in fünf verschiedenen interaktiven Workshops fit zu machen für ihren Botschaftereinsatz. Selbstbewusstes Präsentieren, überzeugendes Auftreten und motiviertes Begeistern, ein Fotoworkshop, um die Botschaft in Bildern und in den sozialen Netzwerken präsentieren zu können – alles Themen, die den Teilnehmern weit über das Seminar hinaus in ihrem schulischen und später auch im Ausbildungsalltag von Nutzen sein werden. Und dass das Ganze richtig viel Spaß macht, stellte die berichtende Besucherin schnell fest. Exemplarisch schnuppern wir in den Workshop "Üben, üben, üben" hinein, der in Rollenspielen das Präsentieren des Mitmach-Konzepts vor unterschiedlichen Gremien simulierte. Dafür hat Roberto – im Beruf Trainer und Coach in der IT-Branche, ehemaliger MME-Botschafter und ehrenamtlicher Food-Saver – die neun Teilnehmer mit Warm- up-Spielen untereinander bekannt gemacht und mit ihnen die Fakten zum Aktionstag besprochen.

Wie Konzepte erfolgreich präsentiert werden

Im nächsten Schritt ging es darum, zu erkennen, welche Gefühlslagen mit welcher Körpersprache korrespondieren und mit welcher Haltung man am besten dem Direktor oder einem Lehrerkollegium oder auch einer Klasse begegnet, um sein Konzept erfolgreich zu präsentieren. Und dann wurde geübt. Je drei Teilnehmer stellten ihr Anliegen vor, nicht wissend, wie Roberto das jeweilige Gremium gebrieft hatte. Da gab es die schlimme, desinteressierte, dazwischenquatschende Klasse ebenso wie die eher neutrale mit einem oder zwei neugierigen Schülern. Da war die fürs Konzept offene Direktorin ebenso dabei wie das eher abweisende Lehrerteam. Für die neuen Botschafter echte Herausforderungen, die der Referent dann konstruktiv und wertschätzend mit den Teilnehmern aufbereitete.

Rund um die Workshops hatten die jungen Leute auch Zeit für Spiel und Gemeinschaft. Ein Höhepunkt war der Theatersport. Urkomische Pantomime beim Begriffe raten, Gegenstände, die in afghanischer Sprache erklärt wurden, erraten und aufmalen, ein Denkmal erfinden, das von einer anderen Gruppe dann dargestellt werden muss oder Geschichten, die die erwachsene "Jury" erzählte, wieder pantomimisch untermalen – die Seminar- wie die Freizeit verging wie im Flug und eigentlich viel zu schnell, wie von manchem Teilnehmer bedauernd zu hören war.

Wer sich für "Mitmachen Ehrensache" und den Aktionstag interessiert, findet weitere Informationen auf der Homepage www.mitmachen-ehrensache.de, bei der Jugendstiftung Baden-Württemberg in Sersheim und der Jugendhausgesellschaft Stuttgart gGmbH.

Stimmen von Teilnehmern zum MME-Botschafter-Seminar in Bad Liebenzell: Raphael Kolb, Referent, arbeitet in der vollstationären Jugendhilfe und ist ehemaliger MME-Botschafter: "Ich war selbst Schüler in der vollstationären Jugendhilfe und bin durch meine Schulsozialarbeiterin 2009 als 14-Jähriger zu MME gekommen. Das hat mir geholfen, in meiner Schule anzukommen. Ich habe nach wie vor regelmäßigen Kontakt zu sechs bis acht Leuten aus meinem ersten Seminar."

Aurelie, 13, vom Anne-Frank-Schulverband in Engen (Landkreis Konstanz): "Ich habe letztes Jahr im örtlichen Edeka gejobt und möchte jetzt auch als Botschafterin an meiner Schule werben. Durch den Aktionstag konnte ich in den Einzelhandel reinschnuppern, das mache ich dieses Jahr wieder in einer anderen Abteilung." Aurelie engagiert sich auch im Jugend-Rotkreuz. Anna, 13, ebenfalls aus Engen, hat auch bei Edeka am letzten Aktionstag gearbeitet: "Das ist gut, um in einen Betrieb reinzuschnuppern und gleichzeitig was Gutes zu tun." Lucas, 13, kommt auch aus Engen: "Am letzten Ehrensamstag habe ich in meinem ehemaligen Kindergarten gearbeitet. Jetzt will ich Mitstreiter gewinnen und überlege mir noch, in welchen Betrieb ich dieses Jahr reinschnuppern werde." Ben, Abiturient aus Ludwigsburg, ist zum vierten Mal beim Seminar dabei: "Im ersten Jahr habe ich als Müller in einer Mühle gearbeitet, danach jeweils im elterlichen Elektro-Technik-Betrieb. Die Aktion fand ich sofort toll und ich will auch dieses Jahr wieder weitere Jugendliche dafür gewinnen."

Corinna Häfele, Verbindungslehrerin an der Johann-Andreas-Rauch-Realschule in Wangen, hat fünf Schülerinnen ihrer Schule zum Botschafterseminar begleitet: "Bereits seit sechs Jahren nehmen Schüler unserer Schule am MME-Seminar teil und kommen immer total begeistert zurück. Deshalb wollte ich mir jetzt mal selbst ein Bild machen und finde es toll, was die jungen Leute hier fürs Leben lernen und geboten bekommen."