Mit einer Wanderung zur Tafel an der Hermann-Hesse-Anlegestelle endete die historische Beschreibung des Flößereiwesens an der Nagold. Foto: Eitel Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Über Rutschen donnern Holzstämme ins Nagoldtal

Bad Liebenzell. "Als das Wasser noch Balken hatte" war das Referat überschrieben, das Herrmann Rapp vor Viertklässlern der Bad Liebenzeller Reuchlin-Schule hielt.

Die Schüler waren neugierig, zumal Rapp als ehemaliger Lehrer und Rektor der Schule von Anfang an klarstellte, dass er nicht als Lehrer gekommen sei, sondern als Mitglied des Heimat- und Geschichtsvereins. Trotzdem zog er fast unbemerkt alle Register seiner Unterrichtskunst und machte die abenteuerliche Geschichte der Flößer zu einer vielseitigen und fachübergreifenden Lehrstunde, die auch Erwachsene in ihren Bann gezogen hätte.

Da war neben den historischen Komponenten zunächst das Geographische dabei, als er den Weg der Flößer von der Nagold über Enz, Neckar und Rhein bis Holland darstellte. Aber auch Berufskunde und Werkzeuge waren in der Beschreibung der gut verdienenden und damit wohlhabenden und beliebten Flößer enthalten.

Schatztruhe aufgefüllt

Nicht zuletzt kam auch Wirtschaftliches über "das grüne Gold" ins Spiel. Der württembergische Herzog Karl Eugen etwa, der die damals riesige Nachfrage nach Holz dazu nutzte, seine Schatztruhe aufzufüllen. Aus Holz von den hohen Stämmen der Schwarzwälder Buchen und Tannen baute man damals vor allem in Holland Häuser und Schiffe, ja sogar ganze Städte.

Spannend wurde es für die Jungen und Mädchen, als Rapp den Weg der Stämme vom Schwarzwald bis nach Holland beschrieb. Wie von den Waldhängen zuerst unzählige Rutschen (Riesen) angelegt wurden, über die die Stämme mit bis zu 70 Stundenkilometer ins Tal hinunter zum Holzlagerplatz donnerten. Nachdem sie im seichten Wasser zu kleinen Flößen zusammengebunden worden waren, ging es auf die große Reise nach Norden. Unterwegs mussten sie immer wieder durch Schleusen gelotst werden, und je breiter die Flüsse wurden, desto mehr kleine Flöße wurden zu größeren Einheiten zusammengestellt. Auf dem Rhein wuchsen die Flöße sogar bis auf eine Länge von zu 400 Metern, sodass man darauf auch Handelsgüter transportieren konnte.

Schließlich knüpfte Rapp noch ein literarisches Band zum Dichter Hermann Hesse, der die Floßfahrt als "stilles und erregend ziehendes Fahren auf dem kühlen laut rauschenden Fluss" gerühmt hatte. Auch Bad Liebenzell hat er einmal erwähnt und zusammen mit Hirsau und Teinach als herrliches Kurdörflein, einfach sauber und gesund, bezeichnet. Das alles steht auch auf der Holztafel, an der von Hesse wohl genutzten Floßanlegestelle beim Sophi Park. Dorthin waren die begeisterten Schüler zum Abschluss ihres Flößerseminars gepilgert.