Natur: Seit fast einem Jahr sind die Vögel samt Küken am Stadtsee Bad Liebenzell zu beobachten / Jungtiere verlassen bald die Eltern

Sie waren in den vergangenen Monaten ein besonderer Hingucker in Bad Liebenzell: ein Schwanenpaar samt Nachwuchs. Die Küken werden nun bald die Obhut der Eltern verlassen müssen. Traurig sein muss deshalb aber vermutlich niemand. Denn die Schwäne brüten bereits wieder.

Bad Liebenzell. In Bad Liebenzell gibt es zwei kleine Seen. Zum einen den Kurparksee, wo sich ein Trauerschwanenpaar und Enten zu Hause fühlen. Zum anderen den Stadtsee, dort lebt wieder ein Höckerschwanenpaar, ebenfalls gemeinsam mit Enten. Zu Gast an beiden Seen und der Nagold sind regelmäßig Graureiher. Kurpark- wie Stadtsee und vor allem die dort lebenden Tiere erfreuen Einheimische wie Gäste immer wieder aufs Neue.

Höckerschwäne binden sich eigentlich auf Lebzeiten. Stirbt ein Partner, ist es ungewiss, ob es gelingt, den überlebenden Schwan wieder glücklich zu "verkuppeln". In Bad Liebenzell ist es gelungen. Das Ergebnis der jungen Liebe waren im Mai 2019 fünf Küken. Vier davon sind zu stolzen eigenständigen Jungvögeln herangewachsen.

Nestbau innerhalb von zehn Tagen

Für viele Bad Liebenzeller gehört ein Spaziergang um den Stadtsee zur regelmäßigen Wochen- oder sogar Tagesaktivität im Freien. Zur Freude, nicht nur der Schwanenliebhaber, war im April 2019 zu beobachten, wie die Höckerschwäne am Stadtsee ein Nest bauten. Grundsätzlich erfolgt ein Nestbau innerhalb von zehn Tagen durch beide Elternvögel. Die Brutzeit beträgt 35 bis 38 Tage. Die Eier brütet überwiegend das Weibchen aus.

Darum stieg die Spannung ab Anfang Mai täglich, wann denn nun endlich die Kleinen schlüpfen würden. Die Freude war groß, als am 10. Mai drei und einen Tag später weitere zwei Küken ausschlüpften. Schwanennachwuchs gilt als Nestflüchter. Und so waren die kleinen, winzige, flauschigen Küken bereits kurz nach ihrer Geburt beim ersten gemeinsamen Schwimmen mit den stolzen Eltern auf dem Stadtsee zu bestaunen. Und wehe, Besucher kamen der jungen Familie zu nahe, wenn diese am Ufer Gras futterten. Mama und Papa Schwan verteidigten ihre Jungen von ganzem Herzen und mit ganzer Inbrunst.

Die Freude über fünf Schwanenbabys hielt keine zwei Wochen. Plötzlich war ein Baby verschwunden. Der Schock bei allen Schwanenliebhabern war groß. Die Zuversicht, dass es dem Kleinen einfach nur zu viel war und es sich kurzfristig ein ruhiges Plätzchen gesucht hatte, schwand immer mehr. Überfahren wurde es nicht, so viel war klar. Eigentlich haben Schwäne keine Feinde, außer Milan oder Fuchs. Vielleicht hatte eines dieser Raubtiere Hunger? Küken Nummer fünf blieb für immer verschwunden und sein Schicksal ungewiss. Durch eine Baustelle rund um den Stadtsee war in den nächsten Wochen etwas mehr Abstand zwischen Besuchern und der jungen Schwanenfamilie gegeben.

Die verbleibenden vier Küken blieben über den ganzen Sommer die Stadtsee-Stars. Waren die Kleinen mit ihren Eltern nicht im Wasser, so waren sie am Ufer zu finden. Neben dem Schwimmen schien das Gras futtern die größte Leidenschaft der ganzen Familie zu sein. Dafür gab es auch kleine Ausflüge über die Mathildenstraße hinweg. Zum Glück wurde hierbei kein Schwan an- oder überfahren.

Viel zu schnell wuchsen die Kleinen heran, boten dabei immer wieder wunderschöne Fotomotive durch alle Jahreszeiten. Jetzt sind die Jungen flügge geworden. Das Gefieder von allen wird immer weißer. Zwei Schwäne waren von klein auf weiß, zwei ziemlich grau. Ein vollständig weißes Gefieder weisen die Jungschwäne erst nach der Vollmauser im zweiten Lebensjahr auf.

So liebevoll sich die Eltern in den ersten Monaten um ihren Nachwuchs gekümmert hatten, so uninteressant sind die Jungtiere jetzt für die Eltern. Im Gegenteil, Vater Schwan vertreibt die Jungen. Das ist der Lauf der Natur – sozusagen der Kreislauf des Schwanen-Lebens.

Auf Nachfrage bei der Stadt Bad Liebenzell wurde bestätigt, dass die Abnabelung in den vergangenen Wochen begonnen hat. Eltern und Kinder gehen beziehungsweise schwimmen auf getrennten Wegen. Die Jungtiere üben den Flugstart und Fliegen. Angesicht des Körpergewichts ist das nicht ganz einfach. Höckerschwäne benötigen eine lange Anlaufphase, bevor sie sich in die Luft erheben können. Hierfür laufen sie eine Zeit lang über das Wasser und schlagen mit den Flügeln. Der Stadtsee eignet sich gut zum Üben der Flugkoordination.

Und so wird es nur eine Frage der Zeit bleiben, bis die jungen Schwäne davon fliegen, sich ein eigenes Zuhause sowie eine Partnerin oder einen Partner suchen.

Wer nun aber traurig über den baldigen Aufbruch des Nachwuchses ist, für den gibt es gute Nachrichten: Das Schwanen-Paar wird wieder Eltern – wenn alles gut geht. Auf jeden Fall haben die beiden bereits wieder ein Nest gebaut und brüten fleißig im Wechsel.

Drei Eier waren aus weiter Entfernung und mit Teleobjektiv zu erkennen. Vielleicht haben Spaziergänger also erneut das Glück, das Aufwachsen von Schwanen-Küken beobachten zu dürfen.