Beim Festakt des Jugendclubs Prisma aus Anlass des 50-jährigen Bestehens frischten viele Gründungsmitglieder ihre Erinnerungen auf. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Festakt zum 50-jährigen Bestehen

Bad Liebenzell. Der Jugendclub Prisma in Bad Liebenzell hat sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. Dabei waren Hindernisse zu überwinden. Während im Vorraum des Jugendclubs noch hektisch Häppchen und Sekt vorbereitet wurden, versuchte Uli Kohler zu retten, was zu retten war. Das Mitglied der ersten Stunde musste diesen Abend mit seinen Gründungsmitgliedern alleine über die Bühne bringen. Der aktuelle Vorstand habe sich am Donnerstag dazu entschieden, aus privaten und beruflichen Gründen nicht am Festakt teilnehmen zu können.

So stand Kohler im Prisma und versuchte, das Digitalmischpult zum Laufen zu bringen und herauszufinden, in welchem Kühlschrank welche Getränke zu finden waren, wo die Kasse war und wie der Beamer angeschaltet werden musste. Vorsichtshalber hatte er einen CD-Player mitgebracht, denn gute Mucke war für die anschließende Party angekündigt.

Vor 50 Jahren gab es diese Probleme nicht. Es war die Zeit, als der erste Mensch den Mond betrat und Jimi Hendrix das Publikum in Woodstock mit seinen Rückkopplungen am Gitarrenamp in Verzückung versetzte. Die 68er-Bewegung schaffte es mit etwas Verspätung auch in den verschlafenen Nordschwarzwald. Uli Kohler hatte mit drei weiteren Freunden den Traum von einer eigenen Band. Man hörte Creedence Clearwater Revival, Greatful Dead, Arlo Guthrie und Joan Beaz und trieb sich durch die damals noch existierende Barlandschaft von Bad Liebenzell oder eine Diskothek in Böblingen oder Stuttgart. Es war die Zeit der großen Umbrüche, der Auflehnung gegen verkrustete Strukturen und eine Politik, die die Jugend nicht mittragen wollte. Mit Gleichgesinnten beschloss man dann, einen eigenen Jugendclub zu gründen. Einen sich selbst tragenden Jugendclub als nicht rechtskräftiger Verein war der Traum der langhaarigen Truppe.

Am Anfang gab es keine feste Wirkungsstätte

So entstand der Jugendclub Prisma, der in wenigen Jahren zum Kultclub avancierte. Anfangs noch ohne feste Wirkungsstätte traf man sich an unterschiedlichen Orten und veranstaltete Konzerte. Sergeant Pit aus Bad Wildbad war die Coverband der Stunde und sorgte für ausverkaufte Häuser. Man veranstaltete Konzerte im Bad Liebenzeller Germania, im evangelischen Gemeindehaus aber auch in der Calwer Aula, wo das größte Problem war, die viel zu zahlreich erschienenen Besucher vor der total überfüllten Location zu beruhigen.

Im Untergeschoss des Kindergartens in Bad Liebenzell fand man dann die passende Location für einen festen Standort. Mit dem Bürgermeister arrangierte man sich, indem bis auf die sanitären Anlagen alle baulichen Maßnahmen in Eigenregie umgesetzt wurden und die Kommune die Räumlichkeiten dafür kostenlos zur Verfügung stellte.

Nach 50 Jahren feierten viele Gründungsmitglieder, zum Teil aus Hamburg oder München angereist, ein kultiges Jubiläum. Jugendliche waren an diesem Abend überhaupt nicht anzutreffen, was auf die Stellung der einstigen Kultlocation heute schließen lässt. Die erschienenen Mitsiebziger ließen jedoch erahnen, was damals in Bad Liebenzell abging. Die Haare sind noch immer gern etwas länger, nur dünner und weiß, aber die Gesichter verraten, dass hier gelebt wurde.

"Wir haben aber nicht nur gefeiert, wir waren vor allem politisch unterwegs", erklärte Kohler: "In der Burg Liebenzell haben wir politische Diskussionsveranstaltungen organisiert, da ist der Talk von Maibrit Illner heute ein Scheiß dagegen." Die Veranstaltungen waren immer hochkarätig besetzt. "Einmal im Monat fanden die Talkrunden statt, und es war mindestens ein Landtags- oder Bundestagsabgeordneter da", so Kohler. Die Veranstaltungen waren zu dieser Zeit immer ausverkauft und bestens besucht. Themen wie die 68er-Bewegung, Ostpolitik, Willy Brand oder die RAF zogen ein breites Publikum an. "Wir haben uns an Leuten wie Hans-Joachim Fuchtel, der damals schon Staatssekretär war, abgearbeitet. Er war damals schon der Gegenentwurf unserer Generation, nur halb so breit", schmunzelte Kohler.

Udo Barfeld stand an diesem Abend wie vor 40 Jahren hinter der Bar und blickte auf die Zeit zurück. "Das waren verrückte Zeiten und spannend zugleich. Was wir damals gemacht haben, wäre heute allein schon wegen behördlicher Vorschriften nicht machbar." Und so stand er hinter dem Tresen seines Jugendclubs und verfolgte den Festakt. Als ein Gast eine Apfelschorle bestellte, suchten er und sein Kollege die Kühlschränke des Tresens durch und stießen auf eine hellgrüne Dose. Nach einigen Sekunden schauten sich die beiden Barkeeper an und schütteln den Kopf: "Hugo in Dosen. Was ist aus der Welt geworden."