In diesem Wald an den Hängen zum Monbachtal soll bald ein Alt- und Totholzkonzept umgesetzt werden. Foto: Biermayer

Kommunales: Verwaltung weist Ausgleichsflächen aus. Gemeinderat Thomas Becker drängt auf Beteiligung der Anrainer.

Bad Liebenzell - Wenn eine Kommune an einer Stelle Flächen versiegelt, muss sie an anderer Stelle dafür einen Ausgleich schaffen – so will es das Gesetz. Wegen des Gewerbeparks Egarten muss sich die Stadt Bad Liebenzell jetzt genau darum kümmern. Die Verwaltung hat die dafür ins Auge gefassten Flächen im Gemeinderat vorgestellt.

Den Wald stilllegen? Das klingt für Unbeteiligte erstmal komisch. Dahinter verbirgt sich, dass der Wald durch ein Ausbleiben wirtschaftlicher Nutzung naturnaher werden soll. Das soll die biologische Vielfalt sichern und bringt kräftig Ökopunkte. Die braucht die Stadt als Ausgleich für den Gewerbepark Egarten.

Einen genauen Plan, welche Flächen in dieser Maßnahme berücksichtigt werden sollen, präsentierte Stadtplaner Rainer Becht im Gemeinderat. Von den rund 350 Hektar Stadtwald sollten knapp neun Prozent der Fläche stillgelegt werden. Betreffende Areale gibt es in fast jedem Stadtteil.

Knapp die Hälfte der Gebiete in Monakam

In Möttlingen sind dies Flächen rechts der Straße in Richtung Münklingen sowie beim Hörnle. In Unterlengenhardt befinden sie sich oberhalb des Zwerwegs. In Beinberg hat die Verwaltung Flächen links der Straße nach Maisenbach ins Auge gefasst. Dazu kommen dortige Areale im Bereich der Scharfen Kurve der L343. Die weitaus meisten Flächen für die geplante Stilllegung befinden sich jedoch in Monakam an den Hängen zum Monbachtal. Hier sind knapp die Hälfte der Gebiete für die geplante Maßnahme. Auf all diesen Arealen soll ein sogenanntes Alt- und Totholzkonzept umgesetzt werden. Viele Tier- und Pflanzenarten sind auf diese Art von Holz angewiesen, ist beim ForstBW zu erfahren. Ziel sei es, der natürlichen Entwicklung im Wald Raum zu geben.

Dazu kann auf diesen Flächen aber keine Bewirtschaftung mehr stattfinden. Die Verwaltung rechnet laut Beschlussantrag mit Einbußen von etwa 13 000 Euro pro Jahr durch den entfallenden Holzeinschlag.

Ein weiteres Projekt der Stadt, um an mehr Ökopunkte zu kommen, ist die Auerwildpflege. Dafür ist das knapp 40 Hektar große Gebiet im Rosenhardt hinter Maisenbach-Zainen vorgesehen. Dort soll ein Beer-Strauch-Tannenwald gefördert werden. Die Holzwirtschaft kann dort unter Rücksichtnahme auf Balzzeiten des Auerwilds weiter betrieben werden.

Insgesamt plant die Stadt laut Beschlussvorlage perspektivisch weitere Flächen zu erwerben und den Vorhaben anzugliedern sowie noch mehr Potenzialflächen zu identifizieren. Dann habe man mehr Ausgleichspielraum für zukünftige Bauvorhaben. "Das ist eine gute Sache", befand Stadtplaner Becht.

Dietmar Lehmann-Schaufelberger (Bündnis 90/Die Grünen) wollte wissen, ob es durch das Totholz Probleme mit dem Borkenkäfer gebe. Angrenzende Tannen und Fichten könnten damit Probleme haben, wie Förster Alex Volkert erklärte. Buchen seien weniger gefährdet.

Flächen bislang nur ausgewiesen

Michaela Simsek (UL) fragte nach den Auswahlkriterien der Flächen. Volkerts erläuterte, dass Fachleute diese Gebiete ausgewählt hätten. Der Rosenhardt sei nun mal eine gute Fläche für Auerwild. Das Monbachtal sei ohnehin schon Landschaftsschutzgebiet.

Doch ein Gemeinderat empfand die ganze Planung als undurchsichtig und vorschnell. Thomas Becker (UL) störte sich daran, dass die Besitzer der angrenzenden Waldstücke bisher nicht kontaktiert worden seien. Man solle mit diesen Leuten erst einmal ins Gespräch kommen und nicht gleich einen Beschluss fassen.

Es gebe für diesen Prozess kein Abstimmungsgebot, erklärte Becht. Eine Beteiligung wäre ein Novum. Zudem würden diese Flächen erstmal nur ausgewiesen. Was dann konkret vor Ort geschehe, sei noch nicht entschieden. Becker war mit dieser Aussage nicht zufriedengestellt. Er forderte Gespräche und eine gemeinsame Lösung. Und warum weise man nicht Flächen direkt im Monbachtal aus, wenn das sowieso schon ein Landschaftsschutzgebiet sei, wollte er von Becht wissen. Ein gemeinsamer Weg wäre besser, bestätigte dieser. Und man wolle zukünftig ein zusammenhängendes Gebiet schaffen. Er stellte die Möglichkeit eines Grundstückstauschs in Aussicht. Aber irgendwo müsse man anfangen. Becker reagierte aufgebracht. Er sprach von einer "Hauruck-Aktion". Der Antrag gehe viel weiter, als das, was Becht erkläre. Man könne nicht immer alle fragen, sondern müsse erstmal eine Idee entwickeln, meinte Becht. Becker regte einen Antrag auf Verschiebung des Beschlusses an.

Fragen beantwortet die Stadt

"Was ist dann anders?", wollte Bürgermeister Dietmar Fischer von Becker wissen. Man könne mit den Anrainern sprechen, erwiderte dieser. Es gebe fast 100 Waldbesitzer, deren Grundstücke an die Flächen angrenzten, so Fischer. Mit allen zu sprechen, sei ein großer Aufwand. Wer Fragen habe, könne sich immer an die Stadt wenden. Becker beharrte auf seinem Standpunkt. Der Bürgermeister wurde langsam ungeduldig. Nicht jeder Wald passe für jedes Konzept, so Fischer. Deshalb seien diese Flächen eben prädestiniert.

Erich Grießhaber (Bündnis 90/Die Grünen) hatte einen Vorschlag parat. Der Bürgermeister gehe doch gerne wandern. Warum besuche er nicht im Rahmen dieser Ausflüge einmal die Gebiete und komme mit den Waldbesitzern ins Gespräch? So könne man über den Beschluss abstimmen und es komme trotzdem zu einer Kontaktaufnahme mit den Anrainern. Fischer begrüßte diesen Vorschlag. Becker nahm von seinem Antrag auf Verschiebung des Beschlusses schließlich Abstand.

Letztendlich entschied sich der Gemeinderat mehrheitlich für die Ausweisung der Flächen. Thomas Becker (UL) stimmte jedoch dagegen.