Sie hoffen, doch noch bis 30. September eine neue Wohnung zu bekommen: Sandra (von links), Patricia und Sarah Gruel mit den kleinen Hunden Jimmy, Lucy und Shila. In dem Aktenordner auf dem Tisch sind die Bemühungen der drei Frauen dokumentiert, eine neue Bleibe zu finden. Foto: Krokauer

Drei Frauen aus Maisenbach-Zainen kämpfen verzweifelt gegen anstehendes Unheil. Alle leiden an Multipler Sklerose.

Bad Liebenzell-Maisenbach-Zainen - Aufgeben ist nicht die Sache von Patricia Gruel aus Maisenbach-Zainen. Fast schon verzweifelt versucht sie, die drohende Obdachlosigkeit für sich und ihre beiden Töchter Sandra und Sarah noch abzuwenden. Doch die Zeit wird knapp. Zum Ende dieses Monats müssen die drei Frauen ihre derzeitige Wohnung in Maisenbach-Zainen verlassen. Den Frauen wurde die Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt.

Die Suche nach einer neuen Wohnung füllt inzwischen einen ganzen Aktenordner. Dabei haben Patricia Gruel und ihre beiden Töchter Sandra und Sarah ohnehin schon ein hartes Schicksal zu bewältigen. Die drei Frauen leiden seit einiger Zeit an Multipler Sklerose (MS), einer tückischen Nervenkrankheit.

Besonders schwer hat es Tochter Sandra getroffen. Zwei Mal wurde sie durch Krankheit aus einer Ausbildung herausgerissen. 2010 wurde bei der heute 29-Jährigen MS diagnostiziert. Doch sie berappelte sich und holte 2013 die Mittlere Reife nach. Als sie 2018 eine Lungenentzündung bekam, hatte sie gerade eine Ausbildung zur Kauffrau im Büromanagement im Berufsförderungswerk in Schömberg begonnen. Jetzt kämpft sie sich langsam wieder ins Leben zurück. Sie möchte wenigstens wieder die kleinen Freuden genießen und zum Beispiel alleine eine Tasse Kaffee trinken. Was sie später beruflich machen möchte, weiß sie noch nicht.

Schwester Sarah (25) schaffte 2017 trotz ihrer Krankheit die Fachhochschulreife an der Johanna-Wittum-Schule in Pforzheim und ließ sich dort gleichzeitig zur Assistentin im Gesundheits- und Sozialwesen ausbilden. Sie gewann sogar einen Schülerpreis. Ab 2018 folgte im Berufsförderungswerk in Bad Wildbad eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste mit der Fachrichtung Medizinische Dokumentation. Im Juni hat sie ihren Abschluss geschafft. Sarah hat jetzt zwei Berufe und hofft, eine Stelle zu bekommen. Doch auch sie ist auf den Rollstuhl angewiesen. In der Wohnung ist sie mit einem Rollator unterwegs.

Mutter Patricia hat ebenfalls zwei Berufe gelernt. Die heute 61-Jährige ließ sich zunächst zur Einzelhandelskauffrau ausbilden und arbeitete in diesem Beruf. Später absolvierte sie noch eine Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete 30 Jahre lang in der Krankenpflege. Insgesamt war sie fast 40 Jahre berufstätig: "Wir waren schon immer eine fleißige Familie." Wegen körperlicher Gebrechen ist sie inzwischen in Rente. Seit sie von ihrem Mann getrennt ist, lebt sie mit ihren Töchtern in Maisenbach-Zainen.

Wahnsinnig schwer, behindertengerechte Bleibe zu finden

Seit zwei Jahren sucht Patricia Gruel nun schon mit ihren Töchtern eine andere Wohnung – bislang ohne Erfolg. Gerne würde sie mit ihnen wieder in die Gemeinde Schömberg ziehen. Dort hat es ihr sehr gut gefallen. Sie lebte 16 Jahre lang im Schömberger Ortsteil Langenbrand mit ihrer Familie. Für die drei Frauen ist es wahnsinnig schwer, eine behindertengerechte Bleibe zu finden. Sie haben auch Baugenossenschaften und Wohlfahrtsverbände angeschrieben. Dabei muss es nicht unbedingt Schömberg sein. Auch Bad Liebenzell, Neuenbürg, Dobel, Engelsbrand und Büchenbronn wären für sie in Ordnung. "Wir suchen, suchen, suchen und suchen und kommen nicht zum Ziel", so Mutter Patricia Gruel: "Wir sind mittlerweile verzweifelt."

Die drei Frauen haben noch drei kleine Hunde: Die jeweils dreijährigen Jimmy und Shila sind die Eltern der zweijährigen Lucy. "Sie sind so gut erzogen", versichert Patricia Gruel.

Bis 30. September muss die derzeitige Wohnung geräumt sein. Die Familie könnte bis zu 750 Euro Kaltmiete bezahlen. "Das ist das Äußerste", sagt Patricia Gruel. Seit einem Dreivierteljahr sind die Frauen am Packen. Die Wohnung steht voll mit Kartons. Der Auszug an sich könnte recht schnell gehen.

Alina Mundi, Leiterin des Ordnungsamtes Schömberg, sagte auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, dass bei drohender Obdachlosigkeit immer diejenige Kommune zuständig sei, in der die Familie zuletzt ihren Wohnsitz gehabt habe. Damit wäre Bad Liebenzell zuständig. Bürgermeister Dietmar Fischer versicherte, dass sich die Stadt um eine Lösung bemühen werde. Er räumte ein, dass der Wohnungsmarkt für manche Zwecke sehr beschränkt sei. Dies gelte gerade dann, wenn sie barrierefrei sein müsse. Er sagte, dass die Stadt Bad Liebenzell noch in diesem Jahr eine Wohnungsbaugesellschaft gründen werde. Er hofft, dass es in drei bis vier Jahren eine größere Zahl an bezahlbaren Wohnungen auf dem Markt geben werde.