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Tim Wunderlich hat nicht überlegt, sondern gehandelt. 64-Jähriger wäre beinahe ertrunken.

Bad Liebenzell - Auch er ist in Zeiten der Coronakrise ein Held. Tim Wunderlich aus Bad Liebenzell hat nicht überlegt, sondern gehandelt: In einer dramatischen Rettungsaktion bewahrte er in der Kurstadt einen 64-Jährigen vor dem Ertrinken in der Nagold.

Als Tim Wunderlich an diesem Maiabend gegen 18.30 Uhr an der Nagold joggt, ahnt er nicht, welche Wendung der Tag noch bringen wird. Er ist gerade auf der Höhe des Feuerwehrmagazins in Bad Liebenzell unterwegs, als er einen älteren Mann mit seinem Hund in der Wiese an der Nagold bemerkt. Der Mann will den Kot seines Hundes in der Wiese aufnehmen und fragt Wunderlich, ob er ihm dabei helfen könne. Wunderlich antwortet dem Mann, dass er keinen Grund sehe ihm zu helfen, da er wegen des Coronavirus nichts anfasse. "Ach ja stimmt", sagt der Mann. Er und Wunderlich haben keine Maske auf.

Reinigungsfrau der Feuerwehr wird auf die Szenerie aufmerksam

Wunderlich will wieder loslaufen. Da sieht er im Augenwinkel, wie der Mann sich bückt, das Gleichgewicht verliert und rückwärts den Hang hinunter zur Nagold rollt. Wunderlich eilt an die Böschung des Flusses. Er sieht, wie der Mann mit dem Rücken komplett im Fluss liegt. Er drehte sich auf den Bauch und versucht, sich Richtung Ufer zu bewegen, so Wunderlich über die jetzt folgenden dramatischen Szenen. Doch der 64-Jährige schafft es nicht, den Kopf über Wasser zu halten, damit er atmen kann.

Ohne zu überlegen eilt Wunderlich an das Ufer der Nagold und ruft mit seinem Handy die Feuerwehr an. Er versucht, den Mann an seinen Klamotten ein Stück herauszuziehen, damit er seinen Kopf außerhalb des Wassers halten und atmen kann. Dabei ruft Wunderlich laut um Hilfe. Eine Reinigungsfrau der Feuerwehr wird auf die Szene aufmerksam. Wunderlich ruft ihr zu, dass er einen Besenstil braucht, um den Mann vor dem Ertrinken zu retten.

Da kommt ein junges Pärchen die Nagold entlang. Wunderlich schreit dem 18-jährigen Mann zu, dass er herunterkommen soll, um einen Mann vor dem Ertrinken zu retten. Beide halten den 64-Jährigen zusammen zunächst an einem Arm fest.

Völlig durchnässt, aber unverletzt nach Hause gefahren

Dann holt Wunderlich den Besen, den ihm die Reinigungsfrau der Feuerwehr bringt. Sie gibt ihm auch Handschuhe. Er eilt zurück zum Ufer und fordert den in Not geratenen Mann dazu auf, sich am Besenstil festzuhalten. Doch dieser ist weiter mit dem Kopf im Wasser. Schließlich gelingt es Wunderlich und dem 18-Jährigen, den Mann an einer Hand und an den Kleidern festzuhalten und ihn so weit aus dem Fluss zu ziehen, damit er nicht ertrinkt.

Bereits rund drei Minuten nach der Absetzung des Notrufes durch Wunderlich sind die Feuerwehr Bad Liebenzell, ein Krankenwagen und die Polizei an der Unglücksstelle. Auch ein Fahrzeug der Kriminalinspektion ist vor Ort, wie Wunderlich bemerkt und das Polizeipräsidium Pforzheim auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten bestätigt.

Die Feuerwehrleute wuchten den laut Polizei offenbar leicht angetrunkenen Mann auf eine Trage und übergeben ihn dem Rettungsdienst. Er ist zwar völlig durchnässt, aber unverletzt. Eine Streife des Polizeireviers Calw fährt den 64-Jährigen nach Hause.

"Es war schon dramatisch", sagt Wunderlich im Rückblick. Es ist sein erster Einsatz als Ersthelfer, erzählt der 46-Jährige. Hatte er angesichts des Coronavirus keine Hemmungen, den hilflosen Mann zu berühren? "Man überlegt eigentlich überhaupt nicht", antwortet Wunderlich: "Das ist ein Instinkt." Er habe den Mann doch nicht einfach ertrinken lassen können.