Bürgermeister Dietmar Fischer hat in Sachen Tourismus große Pläne für Bad Liebenzell. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Tourismus: Schwarze Zahlen für Therme greifbar / Ausbau soll Kapazitäten um 50 Prozent erhöhen

Die Stadt Bad Liebenzell kauft das Thermen-Hotel, investiert massiv in den Ausbau der Paracelsus-Therme, schafft Platz für einen Hotel-Neubau auf dem Gelände der Liebenzeller Bank – was Bürgermeister Dietmar Fischer beim Neujahrsempfang zur Tourismus-Entwicklung skizzierte, ließ aufhorchen.

Bad Liebenzell. Anlass genug für ein Hintergrund-Gespräch mit dem Liebenzeller Schultes: Wo geht die Reise hin mit dem Tourismus in Bad Liebenzell?

In Fischers Büro stapeln sich gerade die neuen Ortsschilder, die Bad Liebenzell als staatlich anerkanntes Heilbad ausweisen. Eigentlich sind es "falsche" Ortsschilder, nur für den Fototermin kürzlich im Ministerium, die Fischer eigens für diesen Anlass anfertigen ließ – als einziger. So ging das Bild von der Vorstellung der neuen Ortsschilder im Land allein mit dem Liebenzeller Beispiel durch die Gazetten. Landesweit. Ein Coup von Fischer, die Pressekonferenz des Landes einfach optisch zu okkupieren.

Womit man ahnen darf: Dem Liebenzeller Bürgermeister ist die touristische Entwicklung seiner Stadt eine echte Herzensangelegenheit. Es ist viel Leidenschaft in der Stimme, als er von seinen ersten Schritten in der Stadt erzählt. Die vielen Bücher zur Stadtgeschichte, die er damals gelesen habe. "Wir hatten früher einmal 500 000 Übernachtungen im Jahr!" Die Vermieter schliefen in Badewannen, um auch ihr letztes Bett an Gäste abzugeben. Kurgäste damals. Heuer sind es noch rund 190 000 Übernachtungen – mit den christlichen Gästehäusern in Monbachtal, der CTS-Klinik und dem Campingplatz als "die großen Übernachtungsbringer". Das sei auch das obere Limit: "Für mehr haben wir keine Betten."

Ergo: Will Liebenzell mehr Übernachtungsgäste, braucht es mehr Betten. Vor allem "gute Hotelbetten". Das Thermen-Hotel ist da ein Baustein. Daher der Kauf und die angestrebte Sanierung durch die Stadt, um die 60 Betten dort – gemeinsam mit einem neuen Pächter – künftig wieder wettbewerbsfähig auf den Markt zu bringen. Aber das reicht langfristig nicht. Daher die Idee – und die Priorität – das Gebäude der ehemaligen Liebenzeller Bank (in unmittelbarer Nähe der Paracelsus-Therme) abzureißen und dieses Areal einem Investor für einen großen Hotel-Neubau zur Verfügung zu stellen. Ziel: 150 bis 180 weitere Betten für Bad Liebenzell – mit direkten Zugang zur Therme über einen "Bademantel-Gang". "Als wir den Ochsen abreißen mussten", berichtet Fischer, "habe ich geweint" – weil man die Betten des Hauses eigentlich gut hätte gebrauchen könne. Aber das Gebäude war nicht sanierungsfähig.

Noch mehr Zahlen: rund 240 000 Besucher hatte die Paracelsus-Therme im vergangenem Jahr. Abmangel dabei für die Stadt: "Rund 300 000 Euro", sagt Bürgermeister Fischer. "Wir waren auch mal siebenstellig im Minus." Eigentlich seien schwarze Zahlen für die Therme "greifbar nah".

Für 1200 Besucher am Tag gibt es dort aktuell Kapazitäten, wobei 500 bis 600 Gäste sich gut gleichzeitig im Haus aufhalten können. Montag bis Donnerstag sind es im Durchschnitt 450 bis 800 Gäste, Freitag bis Sonntag je 800 bis zu den maximalen 1200 Besuchern. Heißt: Das Maximum an Gästen wird tatsächlich gelegentlich erreicht. "Dann müssen wir Besucher auch schon mal an der Kasse abweisen."

Verschiedene Ideen, um auch den Außenbereich aufzuwerten

Genau deshalb soll die Therme ausgebaut werden – um die Besucher-Kapazitäten zu erhöhen. "Mindestens um 50 Prozent." Bereits beschlossen: Ausbau des im Moment nicht genutzten dritten Stocks des Hauptgebäudes. Hier sollen Ruheräumlichkeiten für Gäste geschaffen werden. Kosten: 500 000 Euro, die vom Gemeinderat vergangenes Jahr bereits freigegeben wurden, wovon 15 Prozent förderfähig sind. Im nächsten Jahr soll dann ein Technik- und Lager-Anbau folgen, der rund 2,5 Millionen Euro kosten wird – davon 50 Prozent förderfähig. Der ebenfalls geplante Ausbau des Gastro-Bereichs auch für Sauna-Gäste soll ebenfalls 2021 in Angriff genommen werden.

Danach gibt es verschiedene Ideen, um auch den Außenbereich aufzuwerten – zum Beispiel mit einer Erdsauna und einer großen Erlebnis-Sauna "mit Kapazitäten für 120 bis 150 Gäste". Weil’s da lebhaft werden könnte – deshalb der neue Ruhe-Bereich im dritten Stock. Allerdings gibt es in den Visionen für den Außenbereich, die Fischer schon mal grob auf einen Plan hat zeichnen lassen, auch noch ein drittes (neues) Gebäude. Das etwas ganz besonderes werden könnte.

Dort, wo es hin soll, könnte es drei Stockwerke haben – mit einem eigenen Eingang vom Reuchlinweg her und Zugang zur Therme. Ein Arzt könnte hier seine Praxis haben – und spezielle Anwendungen anbieten. Oder Physiotherapie. Oder kosmetische Behandlungen wie in einem klassischen Spa. Als Beispiel nennt Fischer die "Dauerbrause", bei der der Körper bis zu einer Dreiviertelstunde mit hohen Wasserdruck "abgeduscht" wird. "Das gibt eine komplette, vollständige Entspannung", so Fischers eigene Erfahrung.

Verbunden mit dem ausgebauten Gastro-Bereich, wo es ergänzend Angebote zur bewussten Ernährung, auch Ernährungs-Therapie, geben könnte – und den schon vorhandenen oder geplanten Angeboten – soll die Paracelsus-Therme (und damit Bad Liebenzell insgesamt) so ein "ganz eigenes einzigartiges Leistungs-Profil" bekommen. Ein Alleinstellungsmerkmal. Um Gästezahlen zu steigern. Und deren Aufenthaltsdauer zu erweitern – in der Therme, aber auch insgesamt in der Stadt. "Denn längerer Aufenthalt heißt mehr Umsatz", rechnet der Schultes vor. Seine Beobachtung zudem: Mit dem Ausbau der Angebote "werden unsere Gäste jünger". Bisher liege der Schwerpunkt bei Gästen 50-plus, Tendenz in Richtung 30-plus. "Je später der Tag, desto jünger die Gäste" – was nicht überrasche, weil die jüngeren eher berufstätig seien.

Aber wie man für das neue, künftige "Leistungs-Profil" von Bad Liebenzell mit seiner Therme als "Marken-Kern" einen auch möglichst griffigen Begriff finden könnte, da rätselt auch der Dietmar Fischer noch ordentlich. "Staatlich anerkanntes Heilbad" stimmt zwar, trifft aber die angestrebte "Innovations-Tiefe" der künftig anzubietenden Leistungen nicht wirklich. "Das Wort dafür haben wir noch nicht gefunden." Aber für die "Marke" Bad Liebenzell wird es wichtig sein, diesen (neuen) Begriff zu kreieren. Und bei den Zielgruppen – vor allem im östlichen Umland von Liebenzell bis nach Stuttgart, Böblingen, Herrenberg – bekannt zu machen.