Matthias Krampe wagte ein Experiment: Er spielte Musik von Wagner und Verdi auf der Orgel. Foto: Glaser Foto: Schwarzwälder-Bote

Musikalisches Experiment zu hören

Von Dietmar Glaser Bad Herrenalb. "Ich hoffe, Wagner und Verdi werden mir verzeihen", sagte Matthias Krampe aus Wien. Dann setzte er sich an die Orgel der evangelischen Klosterkirche in Bad Herrenalb und spielte bekannte Melodien der beiden Komponisten. Zum Orgelkonzert der Reihe "Klassik im Kloster", organisiert von Sabine Zoller, kamen am Freitagabend rund 200 Zuhörer. Sie wussten, dass sie ein musikalisches Experiment miterlebten.

Kann man Werke von Richard Wagner (1813 bis 1883), die für große Orchester geschrieben wurden, auf einer Orgel spielen? Krampe kann. Und die historische Walcker-Orgel spielte mit. Das historische Instrument aus der Mitte des 19. Jahrhunderts war für das damalige orchestrale Klangideal gebaut. Es hat Register, die an Trompeten oder Streichinstrumente erinnern. Das war in der Ouvertüre der Oper Rienzi zu hören.

Für die Glockentöne aus dem Parsifal improvisierte der virtuose Orgelspieler: Tiefe Töne spielte er mit dem Pedal. Mit dem Manual legte er hohe Töne im Staccato darüber. Mit etwas musikalischer Fantasie hörte sich das an wie die schwingenden Obertöne einer klingenden Glocke. Das Experiment stieß aber auch an seine Grenzen. Im Siegfried-Idyll musste die letzte Steigerung entfallen, weil sie nicht mehr im Tonumfang der Orgel war. Dafür hörten die Konzertgäste ein selten gezogenes Register mit sehr leisen Tönen, die eine esoterische Stimmung im Kirchenraum verbreiteten.

Bei den Musikstücken von Guiseppe Verdi (1813 bis 1901) war der Spagat zwischen Komposition und Transkription nicht so groß. Verdi hatte die menschliche Stimme in den Mittelpunkt seiner Opernwerke gerückt. Die Melodiestimme war der rote Faden, dem das Orgelspiel folgte. Bei liedhaften und bekannten Melodien wie Rigolettos "La Donna è mobile" oder dem Chor der Gefangenen in Nabucco summten einige Konzertbesucher mit.

Die Bekanntheit der Stücke offenbarte aber auch Schwächen des Vortrags. Die Ventile der sanierungsbedürftigen Orgel klapperten wie Kastagnetten bei "Di quella pira" in Il Trovatore. Manches "fis" wurde zum "f" weil das Instrument nicht anders wollte.

"Alte Dame" nennt Krampe die Bad Herrenalber Orgel. Er schonte sie, nahm nicht selten das Tempo raus. Zwangspausen entstanden durch das Ziehen der Register. Dazu hatte Krampe zwei Helfer an seiner Seite.

Höhepunkt des Abends war der Triumphmarsch aus Verdis Oper Aida. Und als Zugabe erklang der Hochzeitsmarsch aus Wagners Lohengrin. Dieses Musikstück ist oft auf der Orgel zu hören. Es versöhnte Komponist und Instrument, die es nicht leicht miteinander hatten.

Am Samstag folgte ein zweites Konzert. Es sang der Tenor Omar Garrida aus Mexiko-City in Begleitung des Ensembles Bell’arte vor vollem Haus. Dieser Abend endete mit stehendem Applaus.

Der Erlös aus beiden Konzerten ist für die Sanierung der Orgel bestimmt. Die Höhe des Betrags konnte bis Redaktionsschluss noch nicht beziffert werden.