Die vier Kandidaten, die bei der Vorstellung anwesend waren, sorgten für einen unaufgeregten Infoabend, bei denen auch Bürger Fragen stellen konnten. Foto: Kunert

Zweite Kandidaten-Vorstellung zur Bürgermeisterwahl nur mit den vier "ernsthaften" Bewerbern.

Bad Herrenalb-Bernbach - Keine Spaß-Kandidaten, keine TV-Teams, keine Kabarett-Kabinettstückchen und auch kein weltrekordverdächtiger Bewerberauflauf – die zweite Kandidaten-Vorstellung zur Bürgermeisterwahl in Bad Herrenalb im Teilort Bernbach konnte sich ganz auf Sachthemen konzentrieren.

Rund 130 Neugierige waren in die Bernbacher Festhalle gekommen – bei weitem nicht nur Bernbacher, wie sich später in der Fragerunde mit den anwesenden vier (ernsthaften) Bürgermeisterkandidaten zeigen sollte. Und die erwartete – mit wenigen Ausnahmen – ein unaufgeregter Informationsabend, den nicht nur Noch-Bürgermeister und Wahlausschuss-Vorsitzender Norbert Mai sichtlich entspannt genießen konnte.

Wer bereits das erste Schaulaufen der Kandidaten in der Kernstadt erlebte hatte, hörte eigentlich auch wenig Neues – nur in Nuancen variierten Klaus Hoffmann, Sabine Zenker, Egon-Volker Nagel und Marc-Yaron Popper ihre für den Wahlkampf ausgearbeiteten Reden.

Keine Mega-Visionen

So aber bleib mehr Raum, die Aufmerksamkeit einmal auf die unterschiedlichen Temperamente und Persönlichkeiten der Kandidaten zu richten. Klaus Hoffmann zum Beispiel, "Silver Surfer" (wie er sich selbst nannte) in dunklem Anzug, mit weißem Hemd und ohne Krawatte. Letzteres wohl, um trotz seines fortgeschrittenen Alters ("Ich bin der Methusalem unter den Kandidaten") irgendwie jugendlichen Elan zu verbreiten. Was nicht immer gelingt, wenn Hoffmann beispielsweise von seinen "jungen Gründern" spricht, die er als Bürgermeister in die Stadt locken möchte. Denn der Vortrag des Geschäftsführers der Karlsruher Tourismus kann zwar mit ganz offensichtlich auf große (Lebens-)Erfahrung gründender, extremen Souveränität und Selbstsicherheit punkten – aber der abgelesene Text, die einstudierte, teils hölzerne Gestik hat wenig mit jugendlicher Spontanität und mitreißendem, unkonventionellem Youngster-Esprit zu tun. Hoffmanns eigentliche Stärke: Er ist der ultimative Tourismus-Profi, der Bad Herrenalb mutmaßlich in diesem Bereich am besten weiterentwickeln könnte.

Ein ganz ähnlicher Auftritt kommt von Sabine Zenker. Als Herrenalbs langjährige Kämmerin ist sie sicher die Kandidatin mit den meisten Erfahrungen in Sachen Verwaltung und Haushaltsführung. Dazu ihre Expertise als Geschäftsführerin des Herrenalber Tourismusbetriebs und der Gartenschau – was aber im Vergleich zu Hoffmann eher "regionale" Erfahrungen gebracht haben dürfte. Im grünen Kostüm, mit ebenfalls einstudierter Rede und Gestik an den richtigen Punkten des Vortrags versucht auch Zenker, Kompetenz und Sicherheit zu repräsentieren. Vielleicht spricht sie ein bisschen zu schnell – aber die Stoppuhr läuft ja auch für sie: nur 15 Minuten Redezeit für jeden Kandidaten.

Aber Zenker schaut vergleichsweise wenig aufs Manuskript, sucht den Augenkontakt zu den Bürgern. Und sie hat ihre vorgefertigte Rede vom Kursaal in Teilen thematisch auf Bernbach heruntergebrochen: Neuordnung Kita-Betreuung; Feuerwehr – Aus- oder Neubau? Straßensanierungen. Das kommt gut an in der Festhalle. In Nuancen gibt es dafür mehr Applaus für Zenker als für den Vorredner.

Mit Kandidat Egon-Volker Nagel können die Bernbacher auf Anhieb erst einmal weniger anfangen. Nagel trägt Jeans, kariertes Hemd. Fällt neben den schniek herausgeputzten Mitbewerbern aus dem Rahmen. Aber das ist vielleicht gewollt – oder auch nicht: Nagel ist eben so. Er verbiegt sich nicht, gibt keine Show – ist authentisch er selbst. Was vielleicht in dieser ansonsten ja ziemlich lauten Herrenalber Bewerber-Show genau deshalb auch so auffällt. Keine Mega-Visionen gibt es von ihm – auch nicht auf Nachfrage nachher beim "Grillen" durch die Bürger (wenn Fragen an die Bewerber gestellt werden dürfen). Beste "Vision", die Nagel bieten kann: ein 24 Stunden besetzter Polizeiposten.

Aber der Berufsfeuermann weiß dafür mit seinem Blick für Details zu punkten: Wo die Konkurrenten Gewerbe ansiedeln, neue touristische Profile entwickeln wollen (allerdings ohne zu erläutern, wo das Geld dazu herkommen soll), möchte Nagel aus der alten Celenus-Klinik einen Ort der generationenübergreifenden Bürgerbegegnung machen, die "Rennstrecken" im Ort durch "Smile-Ampeln" ausbremsen ("nur im Notfall Blitzer aufstellen – ich mag keine Bestrafungen") und bei Großevents die Parkplätze der örtlichen Supermärkte zur Mitnutzung freigeben. Alles Maßnahmen also, die (fast) nichts kosten, aber Lebensqualität in den Ort bringen, die Ist-Situation konkret verbessern.

So kann Schuldenabbau funktionieren – den sich Nagel ebenfalls als Bürgermeister vornehmen würde. Auch wenn er bei der Therme den Weg  "meines Vorgängers" fortsetzen würde: "Eine Schließung der Therme ist völlig ausgeschlossen". Was alles in allem zeigt: bei Nagel gibt es wenig Glamour, eher den Charme des beständigen Schaffers, der auch vor den drögen Alltagsfragen im Amt eines Kleinstadt-Schultes keine Berührungsängste kennt. Aber in Bernbach gab’s dafür nach Nagels Rede den geringsten Applaus. Erst beim "Grillen" wurde es etwa mehr, als Nagel – anders als seine Mitbewerber – auf eine Nachfrage zur Situation der Einkaufsländen in den Ortsteilen sagen konnte, dass er erst einmal die "gefährliche Verkehrssituation" vor dem Bernbacher Laden durch eine Verkehrsberuhigung entschärfen würde. Womit sich Nagel als eben immer extrem versierter Kenner der Alltags-Situationen vor Ort profilieren konnte.

Der schillerndste Auftritt heuer gehörte sicher Rechtsanwalt Marc-Yaron Popper – der in Anzug, Schlips und mit geschliffener Plädoyers-Rhetorik noch am meisten Emotionalität in seinen Vortrag zaubern konnte. Auch er bricht seine Bewerber-Standardrede teilweise auf Bernbach herunter, hat tags zuvor gar den Ortschaftsrat auf dessen Sitzung besucht – liefert entsprechend ebenfalls die richtigen Vokabeln: Ausbau Festhalle zum Multifunktionsbau, Kita-Neubau, Abriss alte Feuerwehr und auch hier Neubau. Aber wie das finanziert werden könnte? "Bernbach ist jetzt dran!", muss da als Parole erstmal genügen. Aber das gewisse Spröde seines Berufszweigs kann auch Popper nicht ganz verhehlen, wobei seine Reaktionen beim "Grillen", wenn er die fragenden Bürger mit Gegenfragen kontert – und damit inhaltlich in seine Richtung manövriert – hohe Professionalität mit taktischen Stilmitteln dokumentiert. Die meiste "jugendliche Frische" gibt’s wohl beim Popper.

Der allerdings – ziemlich zum Ende der Fragerunde – sich einen Seitenhieb auf Mitkandidatin Zenker nicht verkneifen kann, als es um einen zu beantwortenden Fragen-Katalog des Bürgerforums geht. Was Mit-Kandidat Nagel zu einem ungewöhnlichen Schlusswort animiert, in dem er auch für Mitbewerberin Zenker "Fairplay" einfordert – die zuvor schon beim "Grillen" für ihre angebliche Schuldenpolitik als Herrenalber Kämmerin angegangen worden war. "Bürgermeister Mai und Frau Zenker haben einen guten Job gemacht", würdigt ausgerechnet Kandidaten-Konkurrent Nagel. Wahrscheinlich, so wirkt es zumindest, weil das eben so seine Art ist.