Investor Hüseyin Aydogan scheint beim Bau des Hotels "Nashira" die Reißleine gezogen zu haben. Foto: Kunert

Babo-Turm bricht türkischem Investor finanziell das Genick. 16 Millionen Euro aufgebraucht.

Bad Herrenalb - Es ist eine Geschichte ohne Happy End: Das Hotel am Kurpark in Bad Herrenalb steht offenbar wieder zum Verkauf. So hatte es Bürgermeister Norbert Mai im Gemeinderat verkündet. Warum der türkische Investor Hüseyin Aydogan scheiterte, hat dabei viele Gründe.

Das schleichende Ende des zuletzt als "Nashira Kurpark Hotel Bad Herrenalb" firmierenden 61-Zimmer-Hauses zeichnete sich bereits das ganze vergangene Jahr über ab. "Nashira" bedeutet eigentlich "Glücksbote" oder auch "der gute Nachrichten bringt" – das galt aber für die gesamte (deutsche) Nashira-Gruppe schon seit längerer Zeit nicht mehr: Die sich intern aufschaukelnden Schwierigkeiten wurden für Insider sichtbar, als Peter Frietsch, Aydogans eingesetzter Manager für alle deutschen Aktivitäten, seiner Unternehmensgruppe, im Frühjahr 2018 in einer kurzen, allein in Baden-Baden verbreiteten Meldung seinen Rückzug aus dem Management der "Sidem Verwaltungs GmbH" ankündigte.

Betten nicht akkurat gemacht und Qualität der Speisen schlecht

Frietsch war der Hotel-Experte vor Ort, der die zuletzt insgesamt vier Hotels Aydogans in Deutschland am Laufen hielt – und vor allem für eine optimale Präsentation, funktionierende Lieferketten und den nötigen Service vor Ort sorgte. Personal ist knapp im deutschen Gastro-Gewerbe. Da überlebt nur, wer den Markt genau kennt und weiß, wo man gute Leute für den eigenen Betrieb gewinnen kann.

Mit dem Ausscheiden Frietschs setzte nicht nur im "Nashira Kurpark Hotel Bad Herrenalb" offensichtlich so etwas wie ein "Notbetrieb" ein: So berichteten Gäste des Hauses, dass das noch verfügbare Personal im Haus zumindest zeitweise keine Ahnung von der Führung eines solchen Betriebs hatte. Tische waren falsch oder schlampig eingedeckt, Betten nicht akkurat gemacht, die Qualität der Speisen "unterirdisch", die Schlüssel für die Zimmer beim Check-in unsortiert und "in einer Plastiktüte", aus der die Gäste ihren eigenen selbst heraussuchen mussten.

Mitarbeiter mit Urlaub gelockt und dann zur Arbeit erpresst

Schlimmer noch: Aus Gesprächen mit den (zwischenzeitlich wohl ausschließlich türkischen) Mitarbeitern habe sich herauskristallisiert, dass diese in der Türkei "für einen Urlaub" in Deutschland angeworben worden seien – wo sie dann vor Ort mehr oder weniger zur Arbeit erpresst wurden. Entsprechend hagelte es ab dem Sommer vergangenen Jahres auf den einschlägigen Hotel-Portalen im Internet immer schlechtere Bewertungen. Ein Beispiel aus November 2018: "Vier Sterne sind fünf zuviel!", schreibt "Jan". Sein Resümee zum Beispiel beim Frühstück: "Wir beschränken uns auf eine Überlebensration, der Ekelfaktor an den unsauberen Tischen bleibt."

Dabei hatte man in Bad Herrenalb 2017 den türkischen Investor so euphorisch in der Stadt begrüßt, als er damals das Hotel am Kurpark von der Evangelischen Heimstiftung übernommen hatte. Die Evangelische Heimstiftung wollte in dem Haus ihr Konzept "WohnenPlus", eine Mischform zwischen Wohnen und Pflege, verwirklichen. Das lehnte der Bad Herrenalber Gemeinderat jedoch ab. Das Gremium beharrte auf einer Nutzung als reines Hotel. Hotelier Hüseyin Aydogan, der mit einem 500-Betten-Haus im türkischen Side ein Vermögen gemacht hatte, schien dafür der ideale Partner zu sein. Zeitweise war der türkische Investor sogar als Pächter des Kurhauses in Bad Herrenalb im Gespräch.

Gebäude war mit Asbest verseucht und musste teuer renoviert werden

Tatsächlich kam Aydogan mit einer gut gefüllten Kriegskasse – die Rede ist von 16 Millionen Euro – nach Deutschland, um hier "im ganz großen Stil" in die Hotelbranche zu investieren. Nacheinander übernahm er nach eigener Auskunft in Karlsruhe das Turmhotel "Nashira Tower-Suite", ein Mini-Hotel in einem alten Wasserturm, in Baiersbronn das Hotel am Rinken, in Bad Herrenalb eben das Hotel am Kurpark – und schließlich, als größtes Einzelinvestment, das sogenannte Babo-Hochhaus in Baden-Baden, ein 40 Meter hoher, einstöckiger Bau, der einst als Verwaltungsgebäude der französischen Streitkräfte genutzt wurde.

Aydogan wollte daraus das "Nashira Babo Tower Hotel Baden-Baden" machen, ein Konferenz-Hotel mit 170 Zimmern. 2018 bereits sollte Eröffnung sein. Aber genau diese Investition sollte in der Folge dem türkischen Hotelier hierzulande finanziell das Genick brechen.

Die Badischen Neuesten Nachrichten kommentieren dazu: "Hüseyin Aydogan muss sich den Vorwurf gefallen lassen, den alten Kasten ziemlich blauäugig erworben zu haben. Glaubt man seinen Angaben, genügte ihm das zweiseitige Exposé des Maklers für die Kaufentscheidung." Was nicht in diesem Exposé stand: Das denkmalgeschützte Gebäude ist asbest-verseucht, muss aufwendig – und teuer – saniert werden. Notwendige Statik-Berechnungen vom Bau des Hauses sind in Frankreich militärische Verschlusssache – ein neues Statik-Gutachten ebenfalls für Aydogan ein unerwartetes Kosten-Risiko.

Türkischer Staat verbietet, Liquidität aus dem Land zu schaffen

Die Nachfinanzierung der zwischenzeitlich auf 20 Millionen Euro geschätzten Sanierungskosten scheiterte an deutschen Banken. Weshalb Aydogan begann, weitere Gewinne seines türkischen Hotels nach Deutschland umzuleiten – was allerdings schnell die Gäste-Bewertungen auch dort wegen zunehmender Schäden und sichtbarer Service-Schwächen ins Negative kehren ließ. Offenbar, weil kein Geld mehr zum Beheben dieser Schäden vorhanden war.

Mittlerweile dürfte Hüseyin Aydogan schlicht die Reißleine für sein "deutsches Abenteuer" gezogen haben. Das Hotel am Kurpark in Bad Herrenalb steht zum Verkauf, der Ausbau des Babo-Hochhauses ruht, wie Baden-Badens Oberbürgermeisterin Margret Mergen gegenüber örtlichen Medien von einem Besuch Aydogans im Rathaus Ende letzten Jahres berichtete. Als Grund gab Aydogan an, dass der türkische Staat es inzwischen komplett verbiete, "Liquidität aus dem Land zu schaffen", um es woanders in Immobilien zu investieren. Weshalb im Umkehrschluss übrigens die Gäste-Kritiken für Aydogans Hotel im türkischen Side inzwischen wieder durchweg ziemlich positiv klingen. Zumindest da gibt es also doch noch ein "Happyend" – was aber natürlich Bad Herrenalb nicht wirklich etwas nützt.