­Ohne zu fragen sei eine riesige Stützmauer errichtet worden, stellt Stadtbaumeister Reimund Schwarz fest. Der Gemeinderat forderte einen Abriss. Foto: Bechtold

Architekt spricht von "skandalösem Vorgehen". Stadtbaumeister sieht Anschuldigungen eher gelassen.

Bad Herrenalb - Thomas Bechtold ist Freier Architekt aus Bühl. Er regt sich über ein seiner Meinung nach skandalöses Vorgehen des Bauamts in Bad Herrenalb und des Landratsamts in Calw auf.

Sein Architekturbüro habe ein Haus für eine Familie im Neufeldweg geplant und realisiert. Während der Bauphase sei für den Bereich der Außenanlagen der Plan geändert worden, "da die Auffahrt senkrecht von der Straße aus zum Haus der Familie zu steil war". Somit entstand laut Bechtold die Idee, ein Plateau vor dem Eingang zu schaffen, das Stützwände benötigt. Hier habe er als Architekt einen Fehler gemacht. Bei einer Änderung im laufenden Verfahren müsse nämlich ein Änderungsbaugesuch eingereicht werden. Wäre die Stützwand nach Abschluss der Baumaßnahme gebaut worden, wäre sie verfahrensfrei gewesen und hätte nicht beantragt werden müssen.

Das Baurechtsamt sei darüber informiert worden, "dass hier hohe Stützwände gebaut werden – und ob dies denn so genehmigt ist". Die Arbeiten an den Außenanlagen wurden dann, so der Architekt, eingestellt. Und der Gemeinderat habe bei einer Ortsbesichtigung den Abriss empfohlen beziehungsweise beschlossen. Das Plateau habe circa 70.000 Euro gekostet. Somit wäre für Bechtold ein enormer Schaden entstanden, den er hätte begleichen müssen. "Sie können sich vorstellen, dass ich einige Wochen schlecht geschlafen habe, als der Gemeinderat diese Aussage getroffen hat", so der Architekt gegenüber unserer Zeitung.

Er habe sich den Bebauungsplan in Sachen Außenanlagen im Nachhinein genauer angeschaut und festgestellt, dass Stützwände in dem Umfang ohne Probleme möglich und nur die Oberflächen der Stützwände vorgeschrieben sind. Sichtbetonoberflächen seien in diesem Fall ausgeschlossen. "Wir haben dann dem Baurechtsamt fotorealistische Darstellungen mit der geplanten Bepflanzung gezeigt und somit dargelegt, dass keine Sichtbetonoberflächen mehr sichtbar sein werden."

Äußerungen von Stadträten vor Ort lauteten, so Bechtold: "Wer braucht so eine große Auffahrt, und so ein großes Haus" über "Verschandelung". Der Architekt: "Ich finde es auch besonders bemerkenswert, dass ein Gemeinderat ohne rechtliche Grundlage und ohne fundiertes Fachwissen einen Abriss fordert, der rechtlich nie durchsetzbar gewesen wäre."

Die Änderung des Bauantrages sei durch das Landratsamt in Calw genehmigt worden. Somit habe man der Abriss-Forderung des Gemeinderates widersprochen.

"Für den Fehler, den ich tatsächlich begangen habe, wurde vom Landratsamt Calw ein Bußgeld für die Ordnungswidrigkeit von über 2000 Euro verhängt, das die Bauherren und ich tragen sollen", teilt der Architekt weiter mit. Was aber der ganzen Sache nun die Krone aufsetze: Vor einiger Zeit habe ein Gemeinderatsmitglied eine unerlaubte Grenzstützwand mit einer Länge von mehr als 40 Meter und über 3,20 Meter gebaut – obwohl dies rein baurechtlich gar nicht möglich sei. In diesem Fall sei vom Gemeinderat kein Abriss gefordert worden. Vom Bauherrn sei lediglich verlangt worden, die Wand einzugrünen und ein Nachtragsbaugesuch einzureichen. "Hier wurde dann wohl der Gemeinderatsbonus gesehen und kein Bußgeld gefordert", stellt Bechtold fest. Dies habe nichts mehr mit Gleichbehandlung zu tun und es sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass ein Stadtrat andere Rechte genieße wie normale Bürger – und dies noch durch das Landratamt und das Baurechtsamt bewusst so abgehandelt werde.

Nachbarn fragen nach Genehmigung

Bad Herrenalbs Stadtbaumeister Reimund Schwarz sieht die Anschuldigungen eher gelassen. Er erklärt: Für den Bau des großen Hauses auf dem großen Areal habe es eine Befreiung vom Bebauungsplan gegeben.

Danach sei aufgrund technischer Probleme auch noch der Verschiebung des Gebäudes zugestimmt worden. "Schlag auf Fall errichtete man dann – ohne zu fragen – eine riesige Stützmauer. Das wirkte wie ein Gefängnis", so Schwarz. Die Nachbarn seien erstaunt gewesen und hätten nach der Genehmigung gefragt. Bei der Kreisverwaltung habe man ebenfalls nichts gewusst. Die Abteilung Bauordnung des Landratsamtes ist als untere Baurechtsbehörde für Bad Herrenalb zuständig. Diese habe den Kompromiss mit entsprechenden Auflagen (dichte Bepflanzung) angeboten. Im Gemeinderat sei das Thema kontrovers diskutiert worden, so Schwarz. Er habe seinerzeit gleich signalisiert, dass man sich mit einem Abbruch niemals durchsetzen könne. Gebe es doch im Baugebiet mehrere ähnliche, allerdings weniger gut sichtbare Wände.

Bei der Stützmauer des betreffenden Stadtrats habe damals die Baurechtsbehörde (unter anderer Leitung) von einer Unverhältnismäßigkeit gesprochen, falls diese hätte entfernt werden müssen. Es habe die Auflage gegeben, die Wand weit draußen im Dobeltal oben und unten dicht zu bepflanzen.