Vorhabens-, Kosten- und Finanzierungsplan muss bis 22. Mai vorliegen. Aufwand: maximal 150.000 Euro.
Bad Herrenalb - Mit der Entscheidung des Gemeinderats sei er sehr zufrieden. Im Vorfeld hätte man nicht damit rechnen können. Bad Herrenalbs Bürgermeister Norbert Mai freute sich einen Tag nach der Sitzung, dass es ein eindeutiges Ja für den Erhalt der Siebentäler Therme gegeben hat.
Lediglich eine Gegenstimme gab es am Mittwochabend für den von Michael Theis (GL) abgeänderten Beschlussantrag: "Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung in enger Zusammenarbeit mit der Stadtwerke Bad Herrenalb GmbH unverzüglich auf Grundlage der vorliegenden Studien und Untersuchungen eine Neukonzeption für die Siebentäler Therme zu entwickeln. Der hierfür erforderliche Vorhabens-, Kosten- und Finanzierungsplan ist sofort zu beauftragen und dem Gemeinderat in der Gemeinderatssitzung am 22. Mai 2019 (letzte Sitzung des alten Gemeinderats; Anm. d. Red.) entscheidungsreif vorzulegen. Der Bearbeitungs- und Finanzierungsaufwand wird auf maximal 150 000 Euro festgelegt und als Ansatz in den Haushaltsentwurf 2019 mit dem Haushaltssicherungskonzept aufgenommen. Der Gemeinderat stimmt einem entsprechend vorgezogenen Haushaltsbeschluss zu. Begleitend zu diesem Bearbeitungszeitraum nimmt die Stadt Gespräche auf mit einer Koordinierungsrunde der beteiligten Ministerien für Tourismus, Finanzen, Wirtschaft und Ländlicher Raum zur Sondierung eines Fördervolumens einer geschätzten Investitionssumme von neun Millionen Euro. Über Zwischenergebnisse und weiteres Vorgehen wird der Gemeinderat unterrichtet. In das Haushaltssicherungskonzept zum Haushaltsentwurf 2019 werden diese Sachverhalte dargestellt und mit den angegebenen Finanzierungssummen benannt. Der Haushaltsplan wäre mit dieser Perspektive vom Landratsamt zu genehmigen. Die Gespräche mit dem Land sollten zielführend bis zu den Haushaltsberatungen des Landes im Herbst 2019 abgeschlossen sein."
Über den zweiten Antrag, den am 16. Mai gefassten Beschluss, dass der Bürgermeister eine Gesellschafterversammlung einberuft, aufzuheben (wir berichteten), wurde im Kurhaus nicht abgestimmt. Habe sich doch just am Mittwoch ein potenzieller Investor gemeldet, dessen Offerte noch bewertet werden müsse. Somit fahre man zweigleisig.
Neuzeitliche Identität
Bürgermeister Norbert Mai sagte in seiner Einführung, dass das Thema Weiterentwicklung der Siebentäler Therme seit vielen Jahren "ganz oben auf der Agenda" des Gemeinderats stehe. Auch wenn die breite Öffentlichkeit die intensiven Bemühungen des Gemeinderats und der Verwaltung für den Erhalt der Therme nicht so wirklich wahrgenommen habe "beziehungsweise wahrnehmen konnte, weil ja vieles unter der Betrachtung Daten- und Investorenschutz zu verhandeln war".
Die Einrichtung habe den Bad Herrenalbern neben der 1000-jährigen Klostergeschichte eine neuzeitliche Identität als Kur- und Tourismusstadt gegeben.
Circa 130.000 Gäste
Der Rathauschef erinnerte daran, dass die Stadtwerke GmbH Eigentümerin der Therme sei. Die Stadt gleiche den jährlichen Verlust zwischen 700.000 bis 900.000 Euro aus. "Davon betragen die Abschreibungen jährlich annähernd 400 000 Euro und die Kapitalkosten rund 140.000 Euro. Im Jahr besuchen circa 130.000 Gäste das Thermalbad", informierte der Schultes weiter.
Wenn man rein nach dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis urteilen wolle, sei es durchaus legitim, die Aufrechterhaltung des Betriebs zu hinterfragen.
Im August 2016 sei dem Gemeinderat das Ergebnis für ein mögliches Exit-Szenario, also einer Schließung der Therme vorgestellt worden. Das Resümee habe gelautet: Auch beim Schließen der Türen müsse die Stadt einen hohen Millionenbetrag in die Abwicklung investieren.
Mit insgesamt 27 potenziellen Investoren respektive Badbetreibern seien über viele Monate hinweg intensive Gespräche geführt worden. Allerdings ohne den erwarteten Erfolg.
Bei den Informationsveranstaltungen des Gemeinderats am 30. November und 3. Dezember 2018 sei das Gremium über den aktuellen Stand informiert worden. "Ich möchte den Sachstand kurz und prägnant wiedergeben: kein potenzieller Investor in Sicht; Gespräche finden aber weiterhin statt; Erfolg der Gespräche ungewiss; Beschluss des Gemeinderats ›Verlustreduzierung auf null Euro ohne direkte oder indirekte Risikobeteiligung der Stadt‹ kann nicht umgesetzt werden", so Mai. Nach dieser Hiobsbotschaft sei festgelegt worden, in der Sitzung am 30. Januar über eine Weiterentwicklung der Therme oder einer Betriebseinstellung entschieden werden soll.
Seinen Ausflug in die Historie begründete der Rathauschef folgendermaßen: Er habe deutlich machen wollen, unter welchen enormen Anstrengungen das Thermalbad zustande gekommen sei. Welche Emotionen es zur damaligen Zeit freigesetzt habe, "welchen Aufschwung Bad Herrenalb dadurch nehmen durfte und dass der hohe Bekanntheitsgrad von Bad Herrenalb ursächlich mit dem Bau des Thermalbades zu sehen ist". Jetzt gelte es, einen weiteren folgerichtigen Schritt zum Erhalt des Bades zu tun.
Gesamteffekt berechnet
Stadtwerke-Geschäftsführerin Karina Herrmann berichtete über eine sozioökonomische Relevanz-Analyse. Zudem habe man eine Gesellschaft, die Bäderbetriebe führe und leite, zurate gezogen.
Bei der Analyse wurden die Punkte regionalwirtschaftliche Bedeutung, Gästebefragung, Unternehmensbefragung, Konkurrenzsituation und Image der Gemeinde aufgeführt. Die Berechnung des Gesamteffekts für die Region beläuft sich auf 8.648.000 Euro. Bei "Effekte durch Ausgaben der Therme" (Therme als Betrieb) wurde aufgeführt: Mitarbeiter: 842.000 Euro, Vorleistungen: 516.000 Euro. Die "Effekte durch die Funktion als Ausflugsziel" (Therme als Attraktion) sehen so aus: Tagestourismus: 6.900.000 Euro, Übernachtungstourismus: 390.000 Euro.
Wie Herrmann sagte, seien "bei uns" in der Zeit vom 8. bis 10. Oktober des vorigen Jahres 77 Menschen befragt worden. Man habe im Übrigen sehr konservativ gerechnet.
Die diversifizierte touristische Angebotsstruktur in Bad Herrenalb werde gut angenommen. Das Bad habe keine monostrukturelle Bedeutung für die touristischen Aktivitäten in Bad Herrenalb.
Die Besucherstruktur der Therme sei prioritär von Tagestouristen geprägt. "Dadurch ist die Entwicklung der Einnahmen durch die Kurtaxe vor Ort fast gänzlich unabhängig vom Betrieb der Therme zu bewerten." Die Konkurrenzsituation in der näheren Umgebung (bis zu 50 Kilometer Entfernung) sei ausgesprochen wettbewerbsintensiv. Zudem: "Die ökonomischen Effekte des Thermalbetriebs sind mit jährlich rund 8.650.000 Euro nicht zu vernachlässigen. Alle weitergehenden Szenarien zur Zukunft der Therme sollten diesen Aspekt einkalkulieren."
Lohnenswertes Projekt
Die Handlungsempfehlung bei der Analyse Thermalbad lauteten zum Beispiel: Errichtung einer Meersalzgrotte; Erweiterung des Sauna/Wellnessbereichs; Erschließung des Saunagastpotenzial; Nutzung der vorhandenen Wellnessräume; Ausbau von Wannenbädern "Kleopatrabad"; Zermonienraum; Errichtung einer Gastronomie; Nutzung von Heilwasser.
Stadtkämmerin Sabine Zenker machte deutlich, dass bei der "Machbarkeitsstudie Hotel zum Thermalbad" von einem lohnenswerten Projekt für einen Investor ausgegangen wird.
Andreas Tockhorn (BF-BHA) bemerkte in der Diskussion, dass trotz hoher Investitionen die Siebentäler Therme wirtschaftlich nicht tragbar sei. Klaus Lienen (CDU) sagte rückblickend, dass auf die Vorschläge des Lenkungskreises "Konzeption Bäderbetriebe" nicht eingegangen worden sei. Wobei Herrmann erklärte: Ohne irgendeine Attraktivität könne der Eintrittspreis nicht angehoben werden.
Der Applaus der Zuhörer war Karl-Heinz Pfeiffer (FW) sicher, der meinte: Die Schließung der Therme wäre so, wie wenn man den Stecker aus der Wand ziehen würde.
Das Land Baden-Württemberg lasse die Stadt Bad Herrenalb nicht hängen, stellte Bürgermeister Mai fest. Schritt für Schritt müsse man selbst "unser Thermalbad" attraktiver machen. Aus den Fördertöpfen gebe es bis zu 50 Prozent.
Belastbare Zahlen
Den Beschlussantrag der Verwaltung, bis zum 31. Dezember eine Neukonzeption zu entwickeln, bezeichnete Tockhorn unter anderem als Flucht vor der Verantwortung.
Christian Romoser (CDU) meinte, vielleicht habe man zu lange gewartet. Es gelte nun, das Herz in die Hand zu nehmen, und nicht, das Herz herauszureißen. Zahlen müssten auf den Tisch, die belastbar seien. Das eigene Schicksal müsse in die Hand genommen werden. Die Verwaltung solle gleich nach dem Beschluss mit der Arbeit beginnen.
Hansjörg Rappold (CDU) konstatierte, der Lenkungskreis habe schon alle Themen durchgearbeitet. Anscheinend habe man geträumt und alles rausgeschoben. Viele Stadträte hörten auf, den Nachfolgern dürfe man nichts Schlechtes hinterlassen.
Wie Bürgermeister Mai am Donnerstag gegenüber dem Schwarzwälder Boten sagte, handle es sich um eine gute Entscheidung des Gemeinderats für Bad Herrenalb als Kur- und Tourismusstadt. Er sprach von einer zügigen Planung samt entsprechender Finanzierung. Bevölkerung und Gäste bräuchten Sicherheit, dass die Therme nachhaltig betrieben werden könne. Mit einem Architekten werde die Konzeption erstellt.