Auf dem Podium bei der Bürgerinformationsveranstaltung im Kurhaus im Juli 2013 (von links): Moderatorin Susanne Häsler, Bürgermeister Norbert Mai, Axel Feucht von der T.A.S. Group sowie Generalplaner Josef Kuon. Foto: Archiv

Schweizer Wiese: Stadträte werden nicht informiert. Im August 2013 schaut ein Polizist beim Bürgermeister vorbei. Mit Kommentar.

Bad Herrenalb - In Bad Herrenalb ist das geplante Bäderprojekt auf der Schweizer Wiese abgehakt. Für Gesprächsstoff sorgt es freilich weiterhin. Zumal Bürgermeister Norbert Mai im August 2013 besonderen Besuch im Rathaus bekommen hat.

Es sei richtig, dass im August ein Polizeibeamter bei ihm im Rathaus vorgesprochen hat, teilt Mai gegenüber unserer Zeitung mit. Dieser erklärte, dass eine anonyme Person dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg einen Sachverhalt in Zusammenhang mit dem Projekt Schweizer Wiese mitgeteilt habe und eine Straftat vermute.

Da die Polizei verpflichtet sei, Sachverhalte zu prüfen beziehungsweise erste Ermittlungen aufzunehmen – "auch wenn diese anonym bei der Polizei eingehen" -, habe ein informelles Gespräch stattgefunden, so das Bad Herrenalber Stadtoberhaupt. "Ich gab dem Polizeibeamten alle Informationen, die zu diesem Zeitpunkt bekannt waren und welche zur Aufhellung des gezeigten Sachverhalts beitragen könnten."

Er sei über das Gespräch sehr froh gewesen, denn: "Ich konnte sicher sein, dass von professioneller Seite aus die Solidität und die Bonität der Investoren geprüft werden." Um das laufende Ermittlungsverfahren nicht zu gefährden, seien die Stadträte hierüber nicht unterrichtet worden. Es habe im Übrigen nur das eine Gespräch im Rathaus gegeben.

"Wir sind so verblieben, dass ich über den Ermittlungsstand informiert werde. Da ich bis heute nichts von der Polizei gehört habe, bin ich davon ausgegangen, dass das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist", stellt Mai fest. Nachdem die Investoren den Kontakt abgebrochen hätten, »konnte ich davon ausgehen, dass diese jetzt von den Ermittlungen Kenntnis bekommen haben«. Erst am Freitag habe er von dritter Seite erfahren, dass das Ermittlungsverfahren anscheinend eingestellt worden sei.

Das Stadtoberhaupt bittet nun die Stadträte um Verständnis, dass er sie nicht über den Besuch des Polizeibeamten informiert hat. Mai: "Ich wollte einfach kein Risiko eingehen." Für ihn sei immer wichtig, dass die Stadt nicht zu Schaden komme. Deshalb sei er daran interessiert gewesen, dass, wenn die Geldgeber unseriös sind, diese bald als solche erkannt werden. Das begründe sein vorsichtiges Vorgehen in dieser Angelegenheit. Im Nachhinein könne man immer sagen, die Vorgehensweise sei falsch gewesen.

Seit dem 9. April sei nichts mehr passiert, so der Schultes gegenüber unserer Zeitung. Bekanntlich tagte der Bad Herrenalber Gemeinderat an diesem Tag nicht öffentlich. Danach wurde eine Pressemitteilung verschickt: Der Kreis der möglichen Betreiber und Investoren für ein Bäderprojekt werde jetzt erweitert. Nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid am 1. Dezember und der Aufstellung des Bebauungsplanes für ein neues Thermal- und Freizeitbad auf der Schweizer Wiese am 18. Dezember habe die Stadt die Verhandlungen über die Verträge mit den Investoren zu dem Vorhaben aufgenommen. "Bislang konnten jedoch in den Vertragsverhandlungen keine erkennbaren Ergebnisse erzielt werden", hieß es. Bisher sei in den Gesprächen über die konkrete Umsetzung noch keine Einigung erzielt worden. Bad Herrenalb werde daher den Kreis der möglichen Betreiber und Investoren für die Umsetzung eines Projektes erweitern.

Angeschriebene Unternehmen hätten sich mittlerweile gemeldet, so Mai. Demnächst fänden erste Gespräche statt.

"Alarmglocken hätten schrillen müssen"

Gerhard Geschwill hat als ehemaliger Sprecher der Bürgerinitiative Schweizer Wiese schon etliche Mitteilungen verfasst. Und auch oft Bürgermeister Norbert Mai kontaktiert. Für ihn steht nach wie vor fest: Man hätte sich von Anfang an besser informieren müssen.

Bereits im Herbst 2013 habe die Initiative dem Bürgermeister handfeste Hinweise geliefert. Das Angebot zum Informationsaustausch sei aber zurückgewiesen worden. Die Alarmglocken hätten im Rathaus allerdings schon schrillen müssen, als vonseiten der Investoren ein angeblicher Kontoauszug der Schweizer J. Bank Sarasin AG vom 11. Februar 2013 in Kopie vorgelegt worden sei. Dieser wies laut Staatsanwaltschaft für die RJS Holding AG Limited ein Guthaben in der Größenordnung von 512  267 009 Euro aus. "Wenn man da nicht hellhörig wird!", so der frühere Sprecher der Initiative verwundert. "Ab welchem Betrag schaltet sich denn der kritische Verstand aus?"

Der angebliche Großinvestor Reinhold Josef Schneider habe ihm am 27. März telefonisch erklärt, dass er sich nie ernsthaft in das Projekt involviert gefühlt habe, was dem Bürgermeister unverzüglich mitgeteilt wurde. Der Schultes habe sich von Anfang an "auf einen 'Bankauszug' verlassen, der so schlecht gemacht war, dass ihn die Staatsanwaltschaft noch nicht einmal als 'Fälschung' betrachtet, sondern als einen Wisch, bei dem jeder vernünftige Mensch sofort hätte merken müssen, dass er nicht echt sein kann".

Anzunehmen sei auf jeden Fall, dass die Stadtverwaltung spätestens ab Februar von Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft gewusst habe. Äußerst pikant hierbei: Mai habe sich noch am 1. April mit den potenziellen Investoren der Schweizer T.A.S. Group, Axel Feucht sowie Thomas Kienle, wegen Vereinbarungen fürs Millionen-Projekt getroffen.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen habe allerdings mit Verfügung vom 8. Mai von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Reinhold Josef Schneider, der immer als Geldgeber im Hintergrund genannt worden sei, abgesehen. Wer dafür die Gründe lese, so Geschwill, müsse ihrer Argumentation recht geben: Bei den Repräsentanten Feucht und Kienle sei trotzdem "höchste Vorsicht" geboten gewesen. Und die Einstellungsverfügung verweise auf Anhaltspunkte, dass die beiden T.A.S.-Vertreter Bürgermeister und Gemeinderat getäuscht hätten. Aber selbst, falls dies zutreffe, sei laut Staatsanwaltschaft "die Schwelle zur Versuchsstrafbarkeit angesichts des geplanten Verkaufs der Schweizer Wiese plus Siebentäler Therme zum Preis von 13 Millionen Euro noch nicht überschritten gewesen".

Gerhard Geschwill hofft, dass nun endlich Licht ins Dunkel kommt. Für ihn stellt sich die Frage: Wer hat wen – und vor allem: wieso betrogen? Er empfiehlt eine lückenlose Aufklärung, damit Bad Herrenalb einen sauberen Neuanfang machen könne.

Übrigens: Laut Staatsanwalschaft Tübingen werden generell keine Einstellungsverfügungen an die Presse herausgegeben. 

Seite 2: Info

(mak) Karl-Heinz Waidner, FW-Fraktionsvorsitzender, zeigt sich überrascht über die Vorgehensweise des Bürgermeisters. Bei einem solchen Projekt müsse das Stadtoberhaupt über die kleinsten Ungereimtheiten informieren. Man hätte ja in einer nicht öffentlicher Sitzung über den Besuch des Polizeibeamten berichten können. Ein solches Vorgehen hätte er vom Schultes erwartet.

CDU-Fraktionsvorsitzender Hansjörg Rappold ist »überrascht und entsetzt«. Die Vorgehensweise von Norbert Mai sei gar nicht nachvollziehbar. Wenigstens den stellvertretenden Bürgermeister hätte das Stadtoberhaupt informieren müssen. Mindestens eine Person seines Vertrauens – damit es hinterher »keinen Geschmack gibt«. Das Vertrauen sei nun leicht angeknackst. Der Chef der Verwaltung brauche unbedingt eine bessere Organisation.

Der stellvertretende UBV-Fraktionsvorsitzende Peter Müller spricht von einer unglücklichen Situation. Er sehe das Ganze »etwas bescheiden«. Generell müsse der Gemeinderat umfänglicher unterrichtet werden. »So geht es nicht!« – die Informationspolitik gelte es auf jeden Fall zu verbessern.

Michael Theis, GL-Fraktionsvorsitzender, ist generell dafür, dass Ermittlungsverfahren nicht breitgetreten werden. Allerdings hätte es seines Erachtens besser laufen können mit Blick auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. 

Kommentar: Warm anziehen

Markus Kugel 

Bad Herrenalbs Bürgermeister Norbert Mai muss sich warm anziehen. Auf Unverständnis stößt sein Verhalten bei den Chefs der Gemeinderatsfraktionen. Hat er es doch für sich behalten, dass im August 2013 ein Polizeibeamter im Rathaus vorbeischaute. Dieser erklärte, dass eine anonyme Person dem Landeskriminalamt einen Sachverhalt in Zusammenhang mit dem Bäderprojekt Schweizer Wiese mitgeteilt habe und eine Straftat vermute.

Zwar ist jetzt angeblich von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen worden. Doch: Wie hätte sich die Bekanntgabe des »Besuchs« zum Beispiel auf den Bürgerentscheid ausgewirkt? Man kann nur mutmaßen. Genauso darüber, wie sich jetzt der Gemeinderat verhält. Schließlich sind am kommenden Sonntag Kommunalwahlen. Der Schultes wollte kein Risiko eingehen – dafür verspielte er aber Vertrauen der Stadträte.