In den Ruinen des Stall- und Scheunengebäudes löscht Feuerwehrkommandant Andreas Badouin verbliebene Glutnester. Foto: Gegenheimer

41-Jähriger festgenommen. Neusatzer Landwirtschaftsbetrieb massiv betroffen. Spendenaktion eingeleitet.

Bad Herrenalb-Neusatz - Großer Scheunenbrand in Neusatz am Sonntagmorgen gegen 4.30 Uhr: Am Dienstagnachmittag teilten Staatsanwaltschaft Tübingen und Polizeipräsidium Karlsruhe mit, dass ein 41-jähriger Tatverdächtiger festgenommen wurde.

Aufgrund von Hinweisen konnte die Kriminalpolizei Calw den Tatverdächtigen festnehmen. Dieser wurde am Montag auf Antrag der Staatsanwaltschaft Tübingen einem Haftrichter vorgeführt und von diesem wegen seines psychischen Zustandes in eine Spezialklinik eingewiesen.

Bei den weiteren Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft wird unter anderem auch geprüft, ob der 41-Jährige Tatverdächtige für einen weiteren Brand in Rotensol sowie für Sachbeschädigungsdelikte in Rotensol und Neusatz zwischen Samstagabend und Sonntagmorgen infrage kommt. Hinweise nimmt der Kriminaldauerdienst Karlsruhe unter der Telefonnummer 0721/6 66-55 55 entgegen.

Zusammenhang mit anderen Taten?

Mit Blick auf die ungeklärten Brände in Neuenbürg fragte unsere Zeitung nach, ob der 41-Jährige auch hier der Täter gewesen sein könnte. Laut Polizeisprecher werde allgemein in einem solchen Fall bei allen möglichen Bränden geschaut, ob ein Zusammenhang bestehen könnte.

Sollte es tatsächlich Brandstiftung gewesen sein? Wurde jemand verhaftet? Gab es eventuell sogar noch einen zweiten, zum Glück vereitelten Brandanschlag am Birkenhof in Rotensol, wo gerade noch ein Feuer verhindert werden konnte? Diese Fragen kursierten bis Dienstagnachmittag. Die Polizei war am Sonntag stundenlang zur brandtechnischen Untersuchung vor Ort. Die zuständige Kripo in Calw sagt am Montag: "Laufende Ermittlungen, keine Auskunft."

Bild der Zerstörung auf Bauernhof

Am Montag, dem Tag nach dem Brand auf dem Schwalbenhof in Neusatz, liegt noch immer Rauchgeruch in der Luft. Im Außenbereich des Hofs gackern Hühner in ihrem Areal, Puten picken im hinteren Bereich am Wohnhaus. Im Zentrum des Hofes jedoch ist es fast gespenstisch still. Kein Traktorknattern, kein Muhen von Kühen, keine Menschen. Da, wo am Samstagabend noch das große Stall- und Scheunengebäude stand, wo in eineinhalb Wochen Hunderte Menschen das Hoffest mit Almtrieb feiern wollten, ein Bild der Zerstörung. Mauerruinen, schwarz verkohlte Balken, auseinandergezogenes Heu, das hier und da qualmt. Mittendrin die Gerippe des Radladers und der Traktoren. Nur noch das reine Metall. Alles drum herum ist verbrannt. Geborstenes Glas und geschmolzenes Aluminium zeugen von der ungeheuren Hitze, die gewütet haben muss.

Andreas Badouin, Abteilungskommandant der Neusatz-Rotensoler Feuerwehr, ist am frühen Montagnachmittag schon wieder vor Ort. Weil es unter dem auseinandergezogenen Heu erneut zu rauchen begonnen hat. Bis 22 Uhr sei er am Sonntagabend da gewesen. Von morgens gegen 4.30 Uhr, als der Alarm kam. Während er mit einer Gabel das Heu nach Glutnestern durchstochert und mit dem Wasserstrahl draufhält, erzählt er, wie in den Morgenstunden des Sonntags die Feuerwehren aller Bad Herrenalber Abteilungen sowie jene aus Dobel im Großeinsatz waren. Wie ein Vierergremium zur Einsatzkoordination unter Stadtbrandmeister Bernhard Hummel gebildet wurde. Dass von der Feuerwehr-Zentralwerkstatt des Landkreises in Calmbach Nachschub für den Atemschutz kam. Dass jeder Atemschutzträger drei bis vier Mal bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit Einsätze geleistet habe. Der Weg zum zweiten Hydranten für die Wasserversorgung habe Zeit gekostet. Von überall her habe man Bagger und Radlader zusammengezogen, um die 300 bis 400 in Brand geratenen Heuballen auf freiem Feld auseinanderzuziehen. "Heute Morgen hab ich dann ein paar Stunden geschlafen", so Badouin mit müdem Grinsen, "heute Abend geht’s zur Arbeit. Spätschicht". Froh ist er, dass sie alle 17 Stück Vieh aus dem ebenfalls angesengten Offenstall gegenüber retten konnten: "Zuerst sind sie ab in den Wald. Aber alle kamen wieder."

Ob der Jäger wohl Schüsse abfeuert, hatte sich der Neusatzer Ortsvorsteher Dietmar Bathelt am frühen Sonntagmorgen gefragt. Als das Knallen nicht aufhörte, zog er die Rollläden hoch – und sah einen bereits ausgedehnten Feuerschein im Norden. Nachdem die Martinshörner der Feuerwehren ihr Nahen angekündigt hatten, habe er sich zu Fuß ebenfalls auf den Weg gemacht. Um gegebenenfalls zu helfen. Er habe schließlich die Versorgung der Einsatzkräfte mit Getränken in die Hand genommen. Wo er vorbeigekommen sei auf dem Weg, sein Auto zu holen, habe er geklingelt und um Sprudelflaschen gebeten. Es war schließlich Sonntag. Alle seien sofort bereit gewesen.

Hälfte des Winterfutters ist vernichtet

Und noch etwas berichtet der Ortsvorsteher: von Achim Dürr, der am Tag des Schwalbenhofbrandes seinen Traktor am Birkenhof in Rotensol holen wollte. Und dort Vandalismus und ein gerade entstehendes Feuer bemerkte, das er gerade noch löschen konnte.

Die Familien Dreßler und Duss selbst stehen massiv unter dem Eindruck der Ereignisse. "Menschen und Tiere sind nicht zu Schaden gekommen. Das ist das Wichtigste", sagt Heiko Duss. Sich erholen vom nächtlichen Einsatz ging nicht. Schnell mussten die Rinder per Hänger geholt und bei einem anderen Landwirt untergebracht werden. Jene, die noch in Langenalb auf der Weide sind, bleiben zunächst dort. "Ich kann sie hier nicht versorgen", erklärt Duss, "ich habe keinen einzigen Bulldog mehr". Besonders tragisch: Weil er gerade eine große Ladung Heuballen verkauft hatte, war die Scheune leer, und Duss hatte die Traktoren allesamt dort untergestellt. Heuballen fehlen jetzt natürlich auch. Etwa die Hälfte des Winterfutters ist vernichtet. Er sei noch gar nicht rausgefahren, sich die verkohlten Reste anzuschauen. "Das kann ich noch nicht", ist einen Moment lang zu ahnen, wie es in seinem Inneren aussieht.

Schwiegereltern, Ehefrau Anja, die beiden kleinen Söhne – sie alle müssen jetzt bangen, wie es weitergeht. Ob Direktvermarktung oder Grünlandbewirtschaftung und Lohnarbeiten – jedes Standbein des mit viel Herzblut gerade in den vergangenen zehn Jahren erweiterten Landwirtschaftsbetriebes ist betroffen.

Vielleicht Hocketse

"Jetzt muss ich eine Inventarliste machen. Für die Versicherung", sagt Heiko Duss. Und dann sagt er: "Hoffest und Viehtrieb am Sonntag, 13. Oktober, haben wir noch nicht ganz abgeschrieben. Immerhin wurden über 200 Hähnchen dafür schon geschlachtet. Vielleicht gibt es etwas Kleineres. Eine Hocketse." Außergewöhnliche Zähigkeit und die Gabe, sich nie unterkriegen zu lassen, diese Eigenschaften zeichnen die Familie aus.

Eine erste Spendensammelaktion hat die Doblerin Henriette von Hof bereits eingeleitet: seit Montag kann über www.gofundme.com, Stichwort "Schwalbenhof", online gespendet werden.