Vereinsgründung: MGV Liederkranz Bad Herrenalb-Gaistal feiert 120-jähriges Bestehen
Die Idee zur Gründung eines Männergesangvereins (MGV) im Gaistal hatte Rudolf Müller im Jahr 1897. Wie berichtet, feiert der MGV Liederkranz Bad Herrenalb-Gaistal sein 120-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumskonzert.
Bad Herrenalb. Müller war Lehrer im Gaistal, Lokalreporter für den Schwarzwälder Boten und Chronist der Stadtgeschichte Herrenalbs. Er traf sich mit Wilhelm Keller in dessen Gasthaus, das später "Zur Linde" hieß. Sie besprachen sich und beschlossen eine Umfrage zu machen. Wer Interesse am Singen in einem neu gegründeten Gaistäler Männergesangverein hatte, sollte sich in eine Liste eintragen. Wilhelm Keller Senior ging mit dieser Liste herum. "Das Ergebnis waren 26 Unterschriften sangesbegeisterter Männer", ist in einer alten Schrift zu lesen.
Also gründete man den Männergesangverein "Liederkranz" Gaistal.
Lehrer Müller wurde Vereinsvorsitzender. Er übernahm auch die Chorleitung. Ein erster Auftritt war noch im selben Jahr. Die Männer sangen bei einer öffentlichen Weihnachtsfeier im Gasthaus von Wilhelm Keller. Dass man mit Ehrgeiz an die Sache ging, beweist die Teilnahme an einem Preissingen am 1. September 1901 in Bad Wildbad. Dort errang man einen Preis in der Kategorie Volksgesang. Im selben Jahr trat der Verein in den Schwäbischen Sängerbund ein.
Fahne geweiht
Interessante Gedanken zur Vereinsgründung äußerte einmal Bad Herrenalbs ehemaliger Ehrenbürger Wilhelm Lörcher als Festpräsident bei einem Vereinsjubiläum: "Man kann sich heute wohl kaum mehr vorstellen, welche Opfer und wie viel Idealismus nötig waren, um einen Gesangverein im Gaistal zu gründen. Vor allem die Gaistaler ›Holzmacher‹, die täglich neben ihrer Landwirtschaft einen Fußmarsch bis zu vier Kilometer zurücklegen mussten, seien hier erwähnt. Dazu kam ja jede Woche einmal die Singstunde, wo sie den steilen Buckelweg herunter mussten, und im Dunkel dann wieder hinauf."
Von 1914 bis 1919 ruhte das Vereinsleben wegen des Ersten Weltkriegs. Zwei Sänger aus dem Gaistal verloren dabei ihr Leben. Im Jahr 1922 feierte der Männergesangverein sein 25-jähriges Jubiläum. Im Jahr darauf wurde die Vereinsfahne geweiht. Der Fahnenspruch lautet: "Treu, wie der Schwarzwaldtanne ewig Grün, soll Deutsches Lied mit uns durch’s Leben ziehn". Diese Verse eines Lieds hat Emil Dietz alias Hubertus Waldteufel gedichtet. Aus Archivalien geht hervor, dass er sich um die Beschaffung der Fahne besonders verdient gemacht hat.
Rudolf Müller vertonte dieses Lied. Er dirigierte den Männergesangverein bis 1927, also 30 Jahre lang. Bei zahlreichen Preis- und Wertungssingen hatte der Chor Erfolg. So zum Beispiel in Bruchhausen und Herrenalb (1925), in Loffenau (1927) und in Neusatz (1936). Der Zweite Weltkrieg riss große Lücken in die Reihen der Sänger. Sieben Männer starben an der Front. In den Nachkriegsjahren 1945 bis 1947 wurde das Vereinsleben durch die französische Besatzungsmacht verboten.
In diese Zeit fiel auch das 50-jährige Jubiläum des Männergesangvereins "Liederkranz" Gaistal. Zehn Jahre später schrieb Herrenalbs Bürgermeister Langenstein: "Nachdem das 50-jährige Jubiläum der Zeitverhältnisse wegen nicht abgehalten werden konnte, besteht besonderer Anlass in diesem Jahr das 60-jährige Bestehen zu begehen." Man feierte vier Tage in einem Festzelt auf der Talwiese mit Gesang, Musik und Tanz.
Das bisher größte Fest seiner Vereinsgeschichte hatte der Männergesangverein "Liederkranz" Gaistal im Jahr 1997.
Nach einem Festgottesdienst in der evangelischen Klosterkirche und einem Festbankett im Kurhaus folgten vier Tage Festzeltstimmung auf der Talwiese. Höhepunkt der 100-Jahr-Feier war der Auftritt der "Kastelruther Spatzen". Umliegende Männergesangvereine kamen zum Freundschaftssingen. Es gab Tanz- und Unterhaltungsmusik, Handwerker-Frühstück und Kinderprogramm.
Das Grußwort des damaligen Bad Herrenalber Bürgermeisters Manfred Renz enthielt folgende Bemerkung, die auch zum 120-jährigen Bestehen im Reformationsjahr 2017 passt: "Es war Martin Luther, der festgestellt hat, dass Musik eine Gabe Gottes ist, die den Teufel vertreibt und die Leute fröhlich macht. Gaistäler Bürger hatte diese Erwägung offenbar nicht unbeeindruckt gelassen, denn sie haben sich im Jahre 1897 zusammengefunden, um den Männergesangverein ›Liederkranz‹ Gaistal zu gründen."