Heimatgeschichte: Historische Anlage in Bad Herrenalb entdeckt / Geburtsort der Kaltwasserkur vor 180 Jahren
Mit Philipp Friedrich Weiß begann 1840 der Kurbetreib in Herrenalb. Er nahm sich dabei die Heilmethoden von Vinzenz Prießnitz zum Vorbild. Eine Heilanwendung wurde an sogenannten Waldduschen praktiziert. Bad Herrenalbs Bürger Michael Arndt hat nach intensiven Recherchen den Platz der Herrenalber Walddusche gefunden.
Bad Herrenalb. Waldduschen lagen mitten im Wald. So auch in Herrenalb. Arndt entdeckte sie am Mayenberg in Richtung Gaistal im Gebiet Schörsighalde. Gespeist wurde die Dusche vom Gaisbrunnen. Das Badwegle führte dorthin. Der Weg verlief allerdings in weiten Teilen anders als heute. Die Kurgäste hatten etwa eine halbe Stunde Fußmarsch zu bewältigen. Das brachte ihren Kreislauf in Schwung. Am Ziel erwartete sie ein Duschplatz, über dem aus mehreren Metern Höhe Quellwasser aus einer hölzernen Rinne herabstürzte. Die Kurgäste zogen sich aus und duschten sich – vornehmlich die kranken Körperpartien.
In historischen Dokumenten ist die Herrenalber Walddusche beschrieben und sogar als Planzeichnung festgehalten. Sie ist mit "Grosse Douche" bezeichnet und hatte zwei Duschplätze unweit einer Hütte mit Trinkbrunnen. Die Fallhöhe der Wasserleitung betrug "über 20 Fuß", was circa 5,80 Meter entspricht. Die Wassertemperatur betrug unabhängig von der Jahreszeit etwa sechs Grad Celsius. Am heutigen Fundort ist eine deformierte Natursteinmauer zu sehen. Hier war der Brunnen, aus dem die Kurgäste tranken. Daneben stand eine hölzerne Hütte, in der sich die Kurgäste auszogen. Ein geschlängelter Pfad führte bergauf zu den beiden Duschplätzen, die nicht mehr zu erkennen sind.
Bei der ersten Vorort-Präsentation durch Arndt war außer Bürgermeister Klaus Hoffmann auch Kreisarchivar Martin Frieß anwesend. Frieß bestätigte die Richtigkeit des Funds und nannte ihn eine "Bereicherung für Bad Herrenalb, wenn nicht für den Landkreis oder die Region, umso mehr, als der Landkreis bis heute ein Bäderkreis ist und sicher auch bleibt". Bürgermeister Hoffmann war sichtlich beeindruckt und merkte an, dass er sich intensiver mit Prießnitz beschäftigen wolle.
Der Fund ist sensationell, weil die Walddusche für Dr. Weiß eine der Voraussetzungen zur Gründung einer Kaltwasserheilanstalt in Bad Herrenalb war. In einem Brief vom 28. Oktober 1839 bittet er den württembergischen König, das besagte Waldstück am Mayenberg kaufen zu dürfen. Er schreibt: "… weil keine Erweiterung und anständige Ausstattung der Anstalt gedacht werden kann ohne den Besitz dieses Grundstücks …". Arndt sagt dazu: "So betrachtet war die Walddusche ein gründungsrelevantes Element der Kaltwasserheilanstalt in Herrenalb". Der König sah das auch so. Er überließ Weiß das Waldstück und das ehemalige Cameralamtsgebäude des Klosters (heute Stadthaus am Rathausplatz). Der Kurbetrieb in Herrenalb konnte beginnen.
Beschwerden nachweislich gelindert
Arndt erklärt, wozu Waldduschen dienten: "Diese Art der Heilanwendung war in der Prießnitz’schen Heilmethode sehr wichtig gewesen. Das sogenannte Sturzbad an Waldduschen war eine therapeutische Maßnahme, um Kranke durch das von oben mit Wucht herunterstürzende kalte Wasser, im Sinne der Wasserkurmethoden (Hydrotherapie) von Prießnitz zu heilen. Die zu kurierenden Menschen haben ihre leidenden Körperteile dem konzentrierten Wasserstrahl ausgesetzt und erhofften sich von der Durcharbeitung des Muskel- und Säftesystems eine Linderung ihrer Beschwerden, was nachweislich in sehr vielen Fällen bis zum völligen Verschwinden gelang."
Arndt (63) lebt seit vier Jahren in Bad Herrenalb. Seit einigen Tagen ist er Rentner. Von Beruf ist er Fotografenmeister, zuletzt als Selbstständiger in den Bereichen Werbefotografie und Luftbildaufnahmen. Seit Mai 2018 betreibt er private Studien zur Ortsgeschichte Bad Herrenalbs und seines Kurbetriebs. Gleichzeitig forscht er über Vinzenz Prießnitz, nach dessen Vorbild und Grundsätzen die Kaltwasserkur in Herrenalb betrieben wurde. Wer Fragen oder Anregungen zu diesem Thema hat, kann sich direkt an ihn wenden unter Telefon 07083/9 22 08 81 oder E-Mail: m.arndt@herrenalb-und-umgebung.eu. Lohnenswert ist auch ein Blick auf seine Homepage https://herrenalb-und-umgebung.eu.