Reinhard Domke zeigt stolz die neuen, vollständig barrierefreien Räumlichkeiten. Foto: Roussek Foto: Schwarzwälder-Bote

Inklusion: Kurhaus Bad Herrenalb eröffnet die erste "Toilette für Alle" im Nordschwarzwald

Bad Herrenalb. Ein Gang auf eine öffentliche Toilette ist nichts Besonderes für die meisten Menschen. Anders sieht das bei Personen mit schweren oder mehrfachen Behinderungen aus: Für sie sind auch "normale" Behindertentoiletten ungeeignet. Darum wurde jetzt im Kurhaus in Bad Herrenalb die erste "Toilette für Alle" eingerichtet. Diese soll wirklich Jedem eine Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen. Geplant wurde diese von Reinhard Domke, Architekt und Stadtrat in Bad Herrenalb.

Im Unterschied zu Behindertentoiletten, wie man sie üblicherweise kennt, sei in der "Toilette für Alle" eine Liege, ein Personen-Lifter, ein Windeleimer sowie eine Notruf-Einrichtung installiert, erklärt Sabine Zenker, Kämmerin von Bad Herrenalb.

Die Liege ist insbesondere dann wichtig, wenn eine Person Erwachsenen-Windeln benötigt. Wo soll man sie sonst wechseln? Den betroffenen Menschen dafür auf den Boden zu legen, ist nicht nur unhygienisch und unwürdig, sondern auch für den Rücken der Begleitperson mehr als strapaziös. Ein Städteausflug kann deshalb für Menschen mit Behinderungen und deren Begleitung zu einem Spießrutenlauf werden. Die Konsequenz: Sie ziehen sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Genau da setzt das Projekt an. "Inklusion soll nicht nur ein Schlagwort sein", ist auf der Homepage der Stiftung "Leben Pur" zu lesen, die sich für die Verbreitung der barrierefreien Toiletten einsetzt. Denn bislang gibt es nur etwa 15 "Toiletten für Alle" in ganz Deutschland.

Das Land hat 7700 Euro zugeschossen

Auf der Liege kann bequem die Windel gewechselt werden, mit dem Lift kann die betreffende Person ohne große Umstände aus dem Rollstuhl und wieder hinein gehoben werden. So können auch schwer oder mehrfach behinderte Menschen zu öffentlichen Plätzen, ohne sich um den nächsten Toilettengang sorgen zu müssen. Im Bad Herrenalber Kurhaus ist die "Toilette für Alle" rund sieben Quadratmeter groß. Genug Platz also für einen Rollstuhlfahrer und eine Begleitperson.

Begonnen wurde mit dem Umbau der Toilette im vergangenen November, seit Dezember ist sie fertiggestellt. Für die Stadt Bad Herrenalb ist das ein weiterer Schritt in Richtung Barrierefreiheit.

Dass der Umbau konkret in Hinblick auf die Landesgartenschau, die ab Mai in Bad Herrenalb stattfinden wird, geschehen ist, verneint die Kämmerin. "Das Anliegen wurde bereits seit Längerem ins Auge gefasst und konnte Dank des Umbaus des Kurhauses nun angegangen werden", sagt Zenker. "Die Umgestaltung ist die konsequente Weiterentwicklung der Barrierefreiheit, die auch bei den Eingängen Kurhaus, Touristik, Bushaltestellen, Bahnhof, Wegegestaltung Kurpark und so weiter umgesetzt wurde." Natürlich ergänze dieses Angebot aber die Konzeption der Gartenschau und werde überdies die Attraktivität der Stadt erhöhen.

Insgesamt hat der Umbau der Toilette im Kurhaus rund 36 000 Euro gekostet. Davon entfielen 12 000 Euro auf die "Spezialausrüstung", also Liege, Lifter, Windeleimer und Notrufanlage. 7700 Euro wurden vom Land Baden-Württemberg zugeschossen. Mittlerweile bietet die Stiftung "Leben pur" die Möglichkeit, für Open-Air-Festivals, Konzerte oder Volksfeste mobile Toiletten-Container zu mieten, die den Kriterien der "Toiletten für Alle" entsprechen. Auf diese Weise soll das Projekt auch an Bekanntheit gewinnen.