Bürgerentscheid: Stadtoberhaupt Norbert Mai bei der Verkündung des Ergebnisses am Abend des 23. Oktober 2016. Foto: Kugel

Von Württemberg nach Baden? Verfahren soll nach Sommerpause abgeschlossen werden. Mit Kommentar und Video

Bad Herrenalb - Wie geht es eigentlich weiter in Sachen Bad Herrenalber Kreiswechselwunsch? Im Büro von Thomas Blenke, Landtagsabgeordneter des Landkreises Calw, weiß man: Noch stehe kein Datum fest, wann der Landtag darüber abstimmt. Vor der Sommerpause wird allerdings keine Entscheidung mehr fallen.

"Wir befinden uns noch in der Prüfungsphase. Dabei geht es uns vor allen Dingen darum, zu prüfen, ob und welche Maßnahmen unterhalb der Schwelle eines Landkreiswechsels ergriffen werden können, um dem Anliegen gerecht zu werden. Nach der Sommerpause werden wir das Verfahren dann im Landtag abschließen", hieß es am Donnerstag vonseiten eines Sprechers der Grünen-Fraktion.

Schon eine ganze Weile ist Warten angesagt. Nachdem die Große Anfrage der Fraktionen von Grünen und CDU von der Landesregierung beantwortet worden war, fand am 9. April eine Anhörung im Stuttgarter Haus der Abgeordneten statt. Danach meldete sich noch einmal die Bürgerinitiative (BI) "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" zu Wort. Und seither ist nichts mehr über den Kreiswechselwunsch zu hören gewesen.

Viele Bad Herrenalber waren bei der Anhörung zum Landkreiswechsel im Haus der Abgeordneten des Stuttgarter Landtages zugegen. Stellten doch Martin Knirsch und Hans-Friedrich Scheeder für die BI sowie Landrat Helmut Riegger für den Kreis Calw und der Erste Landesbeamte des Landkreises Karlsruhe, Knut Bühler, sowie Bad Herrenalbs Bürgermeister Norbert Mai ihre Argumente für oder gegen einen Kreiswechsel vor. "Die Anhörung war fair, die Dinge wurden ausgetauscht", sagte Scheeder. "Für mich haben sich keine neuen Argumente ergeben, im Gegenteil", teilte Riegger nach der Anhörung mit.

Thomas Blenke, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, gab am Ende der Veranstaltung einen Ausblick auf das weitere Verfahren. Man berate in den beiden Fraktionen getrennt – und einige sich dann auf eine Linie in der Koalition. Über diesen gemeinsamen Entschließungsantrag werde dann der Landtag abstimmen – möglichst noch vor der parlamentarischen Sommerpause. "Die Veranstaltung hat für uns ihren Sinn voll erfüllt", sagte Uli Sckerl, Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion. Man wolle sich vor allem der Frage der interkommunalen Zusammenarbeit widmen, dies sei ein wichtiges Thema. "Die Kreisgrenzen werden zunehmend unwichtiger", resümierte er.

Video vom Bürgerentscheid im Jahr 2016:

Beim Austausch der Argumente im Haus der Abgeordneten machte die BI den anfang. Unter anderem stellten Knirsch und Scheeder fest, dass die Aussagen der Landesregierung bei der Großen Anfrage "an vielen Stellen nachweisbar falsch" sei. Darüber werde man reden müssen. Allerdings gab es deswegen im zweiten Teil der Anhörung keine Argumente zu hören. Obwohl sie mehrfach dazu aufgefordert wurden, ihre Vorwürfe zu belegen. Die BI meinte, es würde den zeitlichen Rahmen der Anhörung sprengen.

Nach der "heftigen Kritik" an der Antwort der Landesregierung fand Sckerl dieses Vorgehensweise ein "bisschen enttäuschend" und forderte die BI-Vertreter auf, die Vorwürfe binnen zehn Tagen schriftlich nachzureichen.

Kritikpunkte übermittelt

Mit dem Schreiben an das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie die Fraktionen von Grünen und CDU beendeten Knirsch und Scheeder ihre "öffentlichen Bemühungen" in Sachen Landkreiswechsel. Sie dankten allen, die sich für das Zustandekommen des "dann positiven Bürgerentscheids eingesetzt haben" und hoffen auf die Politik, "oder zu einem späteren Zeitpunkt auf die Gunst der Stunde".

Die BI fasste in ihrem Schreiben ihre Kritikpunkte erneut zusammen. Sie bezog sich auf einzelne Punkte des Innenministeriums, das im Namen der Landesregierung die Große Anfrage beantwortete. Aufgeführt wurde, was "falsch, widersprüchlich oder nicht zielführend, da nicht mit objektiv ermittelten Fakten belegt" sei.

Übrigens: Ende Juni diskutierte man im Landtag, ob Reutlingen den gleichnamigen Landkreis verlassen und einen eigenen Stadtkreis bilden sollte. In der Anhörung trugen Vertreter von Stadt, Landkreis, Industrie- und Handelskammer sowie Deutschem Gewerkschaftsbund ihre Argumente für und gegen die Auskreisung vor.

Kommentar: Höchste Zeit

Von Markus Kugel

Mal ehrlich: Glaubt von der Bad Herrenalber Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" noch jemand an ein Happy End? Spätestens nach der Anhörung zum Landkreiswechsel am 9. April müsste das letzte Fünkchen Hoffnung erloschen sein. Von Württemberg nach Baden – daraus wird wohl nichts. "Die Kreisgrenzen werden zunehmend unwichtiger", stellte beispielsweise Uli Sckerl, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, fest. Der Landkreis Calw dürfte also weiterhin 25 Kommunen haben. Prüfungsphase hin oder her: Der Bürgerentscheid in Bad Herrenalb ging bereits im Oktober 2016 über die Bühne. Allerhöchste Zeit also, hier endlich Klarheit zu schaffen. Und zwar unabhängig von der Stadt Reutlingen, die den gleichnamigen Landkreis verlassen und einen Stadtkreis bilden will. Zumal hier die Anhörung im Landtag erst ein paar Tage zurückliegt.

Info: Bürgerentscheid

In Bad Herrenalb hatten bei einem Bürgerentscheid im Oktober 2016 29,8 Prozent aller Wahlberechtigten für den Wechsel in den Landkreis Karlsruhe gestimmt, 29,1 Prozent dagegen.

"Bei einer Wahlbeteiligung von 58,9 Prozent fällt dieses Ergebnis denkbar knapp aus", hieß es in der Großen Anfrage der Regierungsfraktionen Grüne und CDU. Waren es doch gerade mal 43 Stimmen Vorsprung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Blenke, erklärten: "Wir nehmen das Anliegen der Stadt Herrenalb ernst, haben dabei aber auch die ablehnende Haltung der beiden betroffenen Landkreise zu berücksichtigen. Deshalb wollen wir uns mit einer Großen Anfrage Klarheit verschaffen." Bereits Anfang November 2016 wurde Landtagspräsidentin Muhterem Aras vom Rathaus mitgeteilt: Die Stadt Bad Herrenalb ersucht die Landesregierung von Baden-Württemberg eine Gesetzesvorlage in den Landtag einzubringen, nach der die Stadt Bad Herrenalb aus dem Landkreis Calw aus- und in den Landkreis Karlsruhe eingegliedert wird.