Die Flyer von Stadtverwaltung und Bürgerinitiative wurden in der Sitzung als Tischvorlage ausgelegt. Foto: Kugel

Inhalte der Schriften von Stadt und Bürgerinitiative stehen fest. Gemeinderat stimmt zu. Auch Bedeutungsverlust wird erwähnt.

Bad Herrenalb - Flyer der Stadt und der Bürgerinitiative (BI) "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" werden am 29. September in Bad Herrenalb verteilt. Und zwar im Vorfeld des Bürgerentscheids am 23. Oktober. Eine Info-Veranstaltung gibt es am 19. Oktober im Kurhaus.

Der Gemeinderat wurde am Mittwochabend über die Inhalte der Informationsbroschüren in Kenntnis gesetzt – er stimmte mehrheitlich dafür. Ein Antrag von Hansjörg Rappold (CDU), erst nächste Woche darüber abzustimmen, fand keine Mehrheit. Er hätte sich mehr Zeit gewünscht, die Tischvorlage intensiv durchzuarbeiten.

Hauptamtsleiter Johannes Kopp präsentierte den von der Stadtverwaltung erstellten Flyer. Wobei vorab Bürgermeister Norbert Mai erklärte, dass die Stadt neutral und objektiv die Bürger informieren müsse.

Bei der Info-Broschüre gibt es erst einmal einleitende Worte des Stadtoberhaupts. Hierbei stellt er fest: Es gelte zu beachten, dass "Ihre Stimme nur beeinflusst, ob ein Antrag vonseiten der Stadt gestellt wird oder nicht". Für einen tatsächlichen Landkreiswechsel mit Aus- beziehungsweise Eingliederung der Stadt Bad Herrenalb bedarf es nach Paragraf sieben Landkreisordnung letztendlich eines Gesetzes." Dieses könne nur vom Landtag Baden-Württemberg beschlossen werden.

Andere Müllentsorgung

Im Flyer wird unter anderem auf die Erreichbarkeit (Fahrtzeiten) von öffentlichen Dienststellen hingewiesen – mit Auto oder öffentlichem Verkehrsmittel. Ein Landkreiswechsel hätte im Übrigen bezüglich der Zuständigkeit der Agentur für Arbeit nicht zwangsläufig einen Wechsel zur Folge.

Nach Rücksprache beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) werde es keine Änderungen im Zugverkehr geben. Anders sehe es mit Blick auf die Buslinien aus. Hier sei abzuwarten, wie der zuständige Aufgabenträger, also der Landkreis Karlsruhe oder der Landkreis Calw, das Verkehrsangebot vor Ort festlege.

Es wird auch darauf hingewiesen: Ein Wechsel der Landkreiszuordnung würde zu einer Veränderung der Regionalklasseneinstufung in der Kfz-Versicherung und somit des Versicherungsbeitrags führen. Für bereits zugelassene Fahrzeuge ändere sich zunächst nichts. Bei Neuzulassungen und Ummeldung würde sich der Zulassungsbezirk ändern und eine Eingruppierung in die Regionalklassen des Zulassungsbezirks Karlsruhe-Land erfolgen, deren Beiträge derzeit höher seien.

Hinsichtlich der Abfallwirtschaft stehe den Bürgern von Bad Herrenalb der Recyclinghof Dobel zur Verfügung. Bei einem Wechsel zum Landkreis Karlsruhe wäre der nächste Wertstoffhof mehr als 20 Kilometer entfernt.

Die Art der Müllentsorgung sei im Landkreis Karlsruhe anders geregelt. Hier gebe es eine Restmüll- und eine Wertstofftonne, die Biotonne würde entfallen. Die Glaserfassung erfolge nicht beim Haushalt, dafür stünden Depotcontainer zur Verfügung. Die Jahresabfallgebühr für einen Ein-Personen-Haushalt sei im Landkreis Karlsruhe deutlich höher (30 Prozent) als im Landkreis Calw.

Derzeit Rang acht

Die Stadt Bad Herrenalb würde im Landkreis Karlsruhe einen Bedeutungsverlust hinnehmen, wird im Flyer mitgeteilt. Aktuell gehöre Bad Herrenalb zu den zehn größten Kommunen im Landkreis Calw (Rang acht von 25 ) und würde im Landkreis Karlsruhe nicht einmal zu den 20 größten gehören (Rang 25 von 32).

Bei einem Wechsel müsste die Verwaltungsgemeinschaft mit Dobel aufgelöst werden.

Die Siebentälerstadt sei im Regionalplan als Kleinzentrum ausgewiesen. Regelungen "wie die Festlegung der Kernstadt Bad Herrenalb als Siedlungsbereich oder freiraumschützende Festlegungen wie zum Beispiel die Vorbehaltsgebiete ›Mindestflur‹ um die Ortsteile Bernbach, Neusatz und Rotensol sowie dem Gaistal" wären bei einem Wechsel infrage gestellt.

Besondere Förderung

Die Freiwillige Feuerwehr habe innerhalb des Landkreises Calw den Status einer Stützpunktfeuerwehr. Dies bedeute eine besondere Förderung bei Fahrzeugbeschaffungen. Die Feuerwehren im Landkreis Karlsruhe seien nach örtlichen Prioritäten anders organisiert. Daher sei es fraglich, ob es dann auch noch eine hervorgehobene Stellung gebe. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass man Bundesfahrzeuge des Bevölkerungsschutzes der Stadt Bad Herrenalb zugewiesen habe. Diese würden bei einem Wechsel mit hoher Sicherheit wieder dem Landkreis Calw zugeordnet werden.

Der jährliche Zuschuss des Landkreises Calw in Höhe von 75 000 Euro für den Stadtverkehr Bad Herrenalb (Linien 113/116) würde entfallen.

Schultes für Verbleib

Ob ein Wechsel zum Landkreis Karlsruhe einen Mehrwert darstelle, sollte jeder Bürger für sich entscheiden, wird Bürgermeister Mai zitiert. Er persönlich spreche sich für einen Verbleib im Landkreis Calw aus. Im Gemeinderat gebe es quer durch die Fraktionen Befürworter und Gegner.

Allgemeine Informationen zum Bürgerentscheid sind in der Informationsbroschüre zudem zu finden.

"Grüne" Denkfabrik

Im von der BI verfassten Flyer ist unter anderem zu lesen: "Stimmen Sie am 23. Oktober mit Ihrer Ja-Stimme für den Landkreiswechsel und somit für eine bessere Zukunftsperspektive und einen wirtschaftlichen Aufschwung von Bad Herrenalb." Ämter, Gerichtsbarkeiten, IHK, Handwerkskammer, Agentur für Arbeit – in der Zukunft bedeute dies: ohne Berge durchs Tal – mit Stadtbahnanschluss einfach erreichbar.

In der Vergangenheit sei die wirtschaftliche Entwicklung an Bad Herrenalb vorbeigegangen. Zukünftig heiße es: "Nimmt teil an der dynamischen und innovativen Entwicklung des Wirtschaftsraums Karlsruhe. Die Eliteuniversität, aufgegangen im KIT, die Technologie-Betriebe, das daraus resultierende Gewerbe, dieser europaweite Verbund würde auf Bad Herrenalb ausstrahlen."

Die Vision "Bad Herrenalb in zehn Jahren" beinhaltet: Die Zahl der Einwohner sei signifikant gestiegen und damit die Einnahmen aus der Einkommensteuer. Bad Herrenalb sei die "grüne" Denkfabrik der Technologieregion Karlsruhe.

Wie der Schultes in der Gemeinderatssitzung ausführte, kommen wegen des Bürgerentscheids auf die Stadt Kosten zwischen 25 000 und 30 000 Euro zu.

Info: Diskussion

Der Ablauf der Einwohnerversammlung am 19. Oktober ab 19 Uhr im Kurhaus wurde laut Rathauschef Norbert Mai mit der Bürgerinitiative (BI) "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" abgestimmt. Vorgesehen ist, das der Bürgermeister die Veranstaltung eröffnet. Danach wird der Moderator der BI das Wort für rund zehn Minuten erteilen. Es folgt die Information der Stadtverwaltung. Bei der anschließenden Diskussion sollen auch der Calwer Landrat Helmut Riegger und seine Dezernenten den Bürgern Antwort geben können.

Wie der Schultes auf Anfrage feststellte, werde der Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel nicht kommen. Der Grund: Handle es sich doch um ein Thema der Bad Herrenalber.