Bad Herrenalb soll künftig nicht mehr zum Kreis Calw gehören, sondern zum Kreis Karlsruhe. Das hat der Bürgerentscheid am 23. Oktober 2016 ergeben. Foto: Kugel

Landtagsfraktionen von Grüne und CDU stellen Große Anfrage. Sicherheit für Bad Herrenalb.

Bad Herrenalb - Von Württemberg nach Baden? Jetzt kommt Bewegung in die Sache: Dem Bad Herrenalber Kreiswechsel-Wunsch nehmen sich die Landtagsfraktionen von Grünen und CDU an. Genauer: Es wird jeweils eine Große Anfrage gestellt.

15 Abgeordnete beziehungsweise eine Fraktion können mit Großen Anfragen Stellungnahmen von der Regierung verlangen und somit Landtagsdebatten auslösen.

Große Anfragen sind laut Pressemitteilung von Grünen und CDU das ausführlichste Frageinstrument des Parlaments, um sich Klarheit über einen Sachverhalt zu verschaffen. Nach Übermittlung der Anfrage hat das entsprechende Ministerium – in diesem Fall das Innenministerium – eine sechswöchige Antwortfrist. Danach haben die Antragsteller zwei Monate Zeit, das weitere Verfahren zu klären. Bei Großen Anfragen gilt es als sehr wahrscheinlich, dass das Thema im Landtag diskutiert wird. Dies könnte noch vor der Sommerpause erfolgen. Sobald die Regierungsfraktionen ihre Entscheidung getroffen haben, wird das Innenministerium mit den weiteren Schritten beauftragt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Blenke, erklärten: "Wir nehmen das Anliegen der Stadt Herrenalb ernst, haben dabei aber auch die ablehnende Haltung der beiden betroffenen Landkreise zu berücksichtigen. Deshalb wollen wir uns mit einer Großen Anfrage Klarheit verschaffen."

Beim Bad Herrenalber Neujahrsempfang machte Blenke, direkt gewählter Abgeordneter des Kreises Calw, auf die Initiative aufmerksam (wir berichteten). Wie er gegenüber dem Schwarzwälder Boten sagte, habe er sich sehr dafür eingesetzt, dass man nun das Thema konkret angehe – gründlich aber zügig. Die Bad Herrenalber brauchten Sicherheit.

Gesetz vonnöten

Blenke machte noch mal darauf aufmerksam, dass für eine Kreisänderung ein Gesetz des Landtags vonnöten sei. Und jemand die Initiative ergreifen müsse. Wobei ein dringendes öffentliches Bedürfnis Voraussetzung sei. Allein der Wunsch der Stadt Bad Herrenalb reiche hier natürlich nicht aus. Da gebe es noch die Landkreise Calw und Karlsruhe sowie die Belange des Landes Baden-Württemberg.

Ob ein Verfahren eingeleitet wird? Blenke spricht bei der Großen Anfrage von einem aufwendigen Ablauf.

Keine Details

Im vorigen Monat konnte die Pressestelle des Innenministeriums selbst die Frage, ob wenigstens bis Weihnachten 2018 mit einer Entscheidung zu rechnen sei, nicht beantworten. Nach wie vor würden vom Referat ("Eine Handvoll Leute"), das für das Kommunalrecht zuständig ist, die Stellungnahmen der Ministerien ausgewertet. Wie umfangreich die Statements sind, wurde nicht preisgegeben. Über Verwaltungsinternes gebe es keine Details, hieß es. Das Referat ist außerdem für Reutlingen zuständig. Die Kommune hat bekanntlich einen Antrag auf Gründung eines Stadtkreises gestellt.

Rückblick: Der Bürgerentscheid in der Siebentälerstadt ging am 23. Oktober 2016 über die Bühne. Bereits am 4. November 2016 wurde Landtagspräsidentin Muhterem Aras mitgeteilt: Die Stadt Bad Herrenalb ersucht die Landesregierung von Baden-Württemberg eine Gesetzesvorlage in den Landtag einzubringen, nach der die Stadt Bad Herrenalb aus dem Landkreis Calw aus- und in den Landkreis Karlsruhe eingegliedert wird.

Ganz knapper Vorsprung

43 Stimmen Vorsprung konnten die Befürworter eines Landkreiswechsels für sich verbuchen. 29,8 Prozent aller Wahlberechtigten votierten für einen Wechsel.

Info: Regierung muss jede Menge Fragen beantworten

Die Große Anfrage der Fraktionen Grüne und CDU im Landtag von Baden-Württemberg steht unter der Überschrift "Mögliche Konsequenzen eines Wechsels des Landkreises der Stadt Bad Herrenalb".

Folgende Fragen sind jetzt der Landesregierung gestellt worden:

Allgemeine Rahmenbedingungen:

1. Wie ist Ihre Haltung zu der Konzeption und den Leitgedanken der Gebietsreform in Baden-Württemberg Anfang der 1970er-Jahre?

2. Hat sich nach Ihrer Auffassung diese Gebietsreform bewährt?

3. Wurden an dieser Gebietsreform seit ihrem Inkrafttreten Korrekturen vorgenommen, und wenn ja, welche?

4. Sieht sie Änderungsbedarf im Hinblick auf den Zuschnitt und die Größe der Städte, Gemeinden und Landkreise in Baden-Württemberg?

5. Welchen Stellenwert misst sie dem Thema interkommunale Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Frage möglicher Gebietsänderungen bei?

Anliegen der Stadt Bad Herrenalb:

1. Welche rechtlichen Voraussetzungen sind für den Wechsel eines Landkreises zu erfüllen? Sind über die rechtlichen Aspekte hinaus weitere Kriterien bei der Entscheidung zu berücksichtigen?

2. Welches Verfahren ist für den Fall des Wechsels des Landkreises vorgesehen?

3. Welchen Entscheidungsspielraum haben der Landtag beziehungsweise die Landesregierung bei der Behandlung des Antrags über einen Wechsel des Landkreises?

4. Wie werden die Gründe des öffentlichen Wohls im Sinne Artikel 74, Absatz 1, Landesverfassung und Paragraf 7 Landkreisordnung im Hinblick auf einen Wechsel des Landkreises definiert?

5. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Auswirkungen eines Landkreiswechsels der Stadt Bad-Herrenalb aus dem Landkreis Calw in den Landkreis Karlsruhe in wirtschaftlicher Hinsicht a) für die Stadt Bad-Herrenalb? b) für den Landkreis Calw? c) für den Landkreis Karlsruhe?

6. Wie bewertet sie die möglichen Auswirkungen eines Landkreiswechsels in finanzieller Hinsicht a) für die Stadt Bad-Herrenalb? b) für den Landkreis Calw? c) für den Landkreis Karlsruhe?

7. Wie bewertet sie die möglichen Auswirkungen eines Landkreiswechsels in verwaltungsorganisatorischer Hinsicht a) für die Stadt Bad-Herrenalb? b) für den Landkreis Calw? c) für den Landkreis Karlsruhe?

8. Wie bewertet sie die vorliegenden Stellungnahmen der Stadt Bad Herrenalb und der Landkreise Calw sowie Karlsruhe?

9. Hat sie die in der Einschätzung der Stadt Bad Herrenalb angesprochene Verflechtungsanalyse (beispielsweise hinsichtlich Pendlerinnen und Pendlern, Schülerinnen und Schüler sowie Kaufkraft) inzwischen erstellt, beziehungsweise beabsichtigt sie – gegebenenfalls unter Mitwirkung von Bad Herrenalb und der betroffenen Landkreise –, eine solche Analyse noch zu erstellen? Welche Daten liegen der Landesregierung hierzu gegenwärtig schon vor und wie bewertete sie diese?

10. Hat sie dabei auch nicht quantifizierbare Gründe für einen Landkreiswechsel, wie beispielsweise räumliche Zugehörigkeitsgefühle, zu berücksichtigen beziehungsweise wird sie dies tun?

11. Welche Folgen hätte ein Landkreiswechsel für die Erreichbarkeit der Behörden und Verwaltungseinrichtungen für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Herrenalb verglichen mit dem Status quo?

12. Welche für die Abwägung relevanten Vorteile hätte aus ihrer Sicht der Wechsel des Landkreises für die Stadt Bad Herrenalb, für die betroffenen Landkreise und Gemeinden sowie für die Bürgerinnen und Bürger?

13. Welche Nachteile hätte aus ihrer Sicht der Wechsel des Landkreises für die Stadt Bad Herrenalb, für die betroffenen Landkreise und Gemeinden sowie für die Bürgerinnen und Bürger?

14. Wie beurteilt sie unter Einbeziehung der Äußerungen der Stadt Bad Herrenalb, des Landkreises Calw und des Landkreises Karlsruhe und vor dem Hintergrund der Aussage des Koalitionsvertrages, dass in dieser Legislaturperiode "Zuschnitt und die Größe unserer Städte, Gemeinden und Landkreise unverändert bestehen" bleiben sollen, das Anliegen der Stadt Bad Herrenalb?