Bad Herrenalb - Am Falkenstein in Bad Herrenalb brüten seit vielen Jahren Wanderfalken und Kolkraben."Nach Überprüfung des Nestes der Wanderfalken konnten wir feststellen: Alles okay, wie immer, vier Eier werden bebrütet", so Naturschutzwart Dieter Schäfer. "Sorgen machten uns aber die Kolkraben, die wir seit Wochen kaum noch sahen. Auch ihr typisches Glucksgeräusch war nicht zu vernehmen", heißt es weiter.

Bei der Überprüfung halfen Vertreter der Klettergruppe der Skizunft Bad Herrenalb mit Georg Holdermann und Stefan Kübler. Beide erklärten sich bereit, mit entsprechender Ausrüstung oben von den Felsköpfen an den Falkensteinwänden herunter zu "gehen" und die Überprüfung vorzunehmen.

Eine ziemlich aufwändige Aktion. Das Wetter war kühl aber trocken. Mit dabei war der erfahrene Karlsruher Naturschutzwart Scholler und Sibylle Eimermann-Gentil vom BUND. Nach Aufsuchen des Nestes stellten Holdermann und Kübler ziemlich schnell fest: Hier muss es sich um ein dieses Jahr überhaupt nicht benutzter Hort handeln. Erkennen könne man dies an dem schon alten, teilweise vermoderten Nestmaterial. Also suchten beide weiter und fanden ein neues Nest – aus diesem Jahr – etliche Meter südwestwärts. Allerdings war es total verlassen und ohne Gelege!

Emil und Agathe haben ihr Nest verlassen

Das heißt, die beiden hiesigen Kolkraben, vor Jahren schon als Emil und Agathe "getauft", mussten vor einiger Zeit schon das neue Nest aufgrund von Störungen verlassen haben. Wo sie jetzt sind, ist derzeit nicht deutlich erkennbar. Man hört sie hin und wieder von weitem, aber ob sie woanders brüten, weiß man nicht.

"Wir sehen als Grund für die Nestaufgabe den illegalen Mountainbike-Single-Trail direkt daneben, der leider inzwischen auch von Wandergruppen als Abkürzung benutzt wird", so Schäfer. Darauf seien die Naturschutzbehörde in Calw und auch die zuständige Forstabteilung schon seit mehr als einem Jahr hingewiesen worden.

Beide Nester seien nicht weit entfernt von diesem illegalen Trail und mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die dortigen Störungen, die teilweise schon frühmorgens entstünden, nach und nach "geräumt" worden.

"Als tatsächlicher Mountainbike-Befürworter weise ich dennoch darauf hin, dass es sich hier um eine ahnbare Ordnungswidrigkeit handelt. Also liebe Downhiller: Nehmt bitte mehr Rücksicht! Was seinerzeit mit den Kletterern und Naturschützern wunderbar geregelt wurde, muss auch für die Mountainbiker möglich sein", lautet Schäfers Appell.

In diesem Zusammenhang müsse nochmals deutlich darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den Falkensteinfelsen in Bad Herrenalb um einen besonders schützenswerten Geotop handelt, der zudem im Naturschutz- und FFH-Gebiet liegt.

Man freue sich sehr über die Hilfe von Holdermann und Kübler, die mit ihren Kletterkünsten auch beim Beringen der Herrenalber Wanderfalken Ende Mai helfen. Beide erklärten sich bereit, bei ähnlichen Vorhaben an den Rockert- und Lautenfelsen dabei zu sein.

Seite 2: Info

Der Kolkrabe ist mit einer Körperlänge von 54 bis 67 Zentimeter und einer Flügelspannweite von 115 bis 130 Zentimeter größer als ein Mäusebussard und der mit Abstand größte europäische Rabenvogel. Aufgrund ihrer Lernfähigkeit sowie ihrer Intelligenz und wegen ihrer Nutzung von Aas sind die Tiere schon sehr früh in den unterschiedlichsten Zusammenhängen Gegenstand von Sagen und Mythen geworden. Und da junge Raben nach Verlassen des Nestes noch sehr unbeholfen wirken, entstand der Mythos, Raben seien schlechte Eltern und würden ihre Jungen vorzeitig im Stich lassen. Zudem wurde der Kolkrabe als angeblicher Schädling der Jagd sowie der Landwirtschaft über Jahrhunderte verfolgt und in Teilen Mittel- und Westeuropas ausgerottet. In Europa erreichte der Bestand um 1940 seinen Tiefpunkt und das Verbreitungsgebiet seine geringste Ausdehnung.

Mit der Jagdruhe im Zweiten Weltkrieg und den Jahren danach setzte eine Bestandserholung ein. Etwa ab 1960 begann die Art dann auch mit der Wiederbesiedlung der Teile Mitteleuropas.

Kolkraben haben in Deutschland nach dem Jagdrecht eine ganzjährige Schonzeit.