Dunkle Wolken über dem Rathaus: Der Gemeinderat strich die Haushaltsberatung von der Tagesordnung. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Gemeinderat streicht Beratung über Stadtfinanzen mit knapper Mehrheit von der Tagesordnung

Die Verabschiedung des städtischen Haushalts stand auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung vom Mittwochabend. Zumindest so lange, bis die Sitzung begonnen hatte. Denn auf Antrag von CDU-Stadtrat Hansjörg Rappold und einer knappen Mehrheit dafür wurde die Beratung über den Haushalt kurzerhand erneut vertagt.

Bad Herrenalb. Bereits vor Beginn der eigentlichen Sitzung mit der Einwohnerfragestunde fragte Stadtrat Michael Theis (Grüne Liste), warum der Haushalt am Ende der öffentlichen Sitzung behandelt werde. "Da sind dann nur noch wenige Zuhörer da, weil sie nach zwei Stunden die Lust verlieren", befürchtete er. Bürgermeister Norbert Mai erklärte, dass man bei der Erstellung der Tagesordnung Rücksicht darauf nehme, ob Sachvorträge von externen Personen gehalten würden. Dies sei bei dieser Sitzung bei vier Tagesordnungspunkten der Fall. Deshalb hätte man diese Punkte nach vorne gezogen, damit die Leute nicht so lange warten müssten. Aber Mai stellte an das Gremium gewandt klar: "Nach Beginn der Sitzung ist der Gemeinderat Herr des Verfahrens." Das bedeute, dass die Tagesordnung auf Antrag verändert werden könnte. Deshalb stellte Theis den Antrag, den Haushalt gleich als zweiten Punkt nach der Einwohnerfragestunde zu behandeln.

Doch bevor noch darüber abgestimmt werden konnte, folgte gleich der nächste Antrag. Hansjörg Rappold forderte, das Thema Haushalt 2019 komplett von der Tagesordnung zu streichen. "Wir haben keinen Abschluss 2017, dieser ist dringend erforderlich", so Rappold. Es sei "erschreckend", wenn man anschaue, wie weit man erst sei. Ohne den Jahresabschluss für 2017 könne er nicht über den von 2019 abstimmen. Schließlich könnten sich mögliche Fehler aus 2017 auch auf den Haushalt für das laufende Jahr auswirken. Das sei für ihn wichtig, schließlich müsse er sich jeden Tag im Spiegel anschauen können.

Der Bürgermeister verwies darauf, dass die Gemeindeordnung zwar einen Stellenplan und andere Einzelpläne für die Verabschiedung des Haushalts verlange, aber eben keinen Jahresabschluss des Vor-Vorjahres. Es sei zwar bedauerlich, dass der Abschluss nicht vorliege, aber eben keine Pflichtanlage zum aktuellen Haushalt.

Theis fügte an, dass der Verwaltungsausschuss (VWA) das Thema ebenfalls diskutiert habe (wir berichteten). Dort sei dargelegt worden, dass der Jahresabschluss aus Krankheitsgründen noch nicht vorliegen könne. Dennoch sei man im VWA der Meinung gewesen, "das heute auf die Tagesordnung zu bringen".

Bei der Abstimmung gab es fünf Ja-Stimmen, drei Räte stimmten mit Nein und weitere drei enthielten sich. Damit war der Antrag angenommen und die Haushaltsberatung auf die nächste Gemeinderatssitzung im Mai verschoben. Bürgermeister Mai kündigte an, dass es dann möglicherweise eine Sondersitzung nur für die Haushaltsberatung geben könnte. Stadtrat Theis fragte daraufhin: "Warum brauchen wir dann überhaupt einen VWA?"

Derzeit können nur Pflichtaufgaben erledigt werden

Doch wie geht es nun weiter? Ist die Stadt Bad Herrenalb überhaupt noch handlungsfähig? "Wir sind weiter in der Interimszeit", erläutert Hauptamtsleiter Johannes Kopp auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten. Dies bedeute, dass die Stadt derzeit nur Pflichtaufgaben erledigen könne, also "unaufschiebbare Dinge, um unsere Aufgaben zu erfüllen". Darunter fällt etwa die Kinderbetreuung: "Wir können ja nicht sagen, wir machen den Kindergarten zu", so Kopp weiter. Aber man könne keine neuen Baumaßnahmen beginnen. "Alles, was wir neu anfangen, ist gerade auf Halde", so Kopp weiter. Und das wird wohl auch noch eine Weile so weitergehen. Denn diese Interimszeit ende nicht mit dem Beschluss des Haushalts durch den Gemeinderat, sondern erst mit der Genehmigung des Werks durch die Kommunalaufsicht im Calwer Landratsamt. Und das könne noch drei bis vier Wochen zusätzlich dauern, so Kopp, manchmal sogar noch deutlich länger.