Bad Herrenalb - Kurz vor 23 Uhr gab es am Mittwochabend in Bad Herrenalb ziemlich erstaunte Gesichter. Und zwar im Sitzungssaal des Rathauses. In der Gemeinderatssitzung wurde der Haushalt 2018 bei sieben Ja- und sieben Neinstimmen abgelehnt.

Michael Theis meinte nach der Abstimmung: Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses hätten bei den Beratungen ihren Standpunkt deutlich machen sollen. Wobei Andreas Tockhorn konterte, dass man sich durchaus zu Wort gemeldet habe, aber keine Beschlüsse gefasst worden seien. Er sprach deshalb von Stimmungsbildern. Vor den Haushaltsreden der fünf Fraktionen stellte Stadtkämmerin Sabine Zenker noch einmal das Zahlenwerk mit einem Gesamtvolumen von rund 25,6 Millionen Euro vor. Als Bürgermeister Norbert Mai fragte, ob noch Beratungsbedarf im Gremium herrsche, war man sich einig, gleich zu den Reden überzuleiten.

Gesetzliche Verpflichtung

Otto Greul meldete sich für die Unabhängige Bürgervereinigung (UBV) zu Wort. Der Haushalt enthalte entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nicht alle zu erwartenden Ausgaben. Explizit seien die zu erwartenden Ausgaben beim Abmangel des Thermalbades an die Stadtwerke nicht "vollumfänglich aufgeführt". Genauso wenig wie der zu erwartende Abmangel des Betriebszweigs Gartenschau. Der Gemeinderat könne und dürfe eigentlich nur dann einen Haushalt genehmigen, wenn er sicher sei, dass dieser die gesetzlichen Anforderungen erfülle. Das Gremium könne bei der derzeitigen Sachlage mit Sicherheit keinen ausgeglichenen Etat von der Verwaltung erwarten. "Aber wir müssen von der Verwaltung einen Haushalt fordern, der alle Probleme aufzeigt, denn nur dann können zukünftige Entscheidungen sachlich und zielgerichtet getroffen werden."

Der Grundsatz der Vollständigkeit und Offenheit werde aufs Gröbste verletzt, auch wenn die Sachverhalte im Vorbericht angesprochen würden. Greul führte weiter aus: Im Haushalt sei für die von der UBV beantragten Zukunftsprojekte außer ein paar Euro für Planungskosten nichts zu finden. Der Etat zeige auf sehr krasse Weise auf, "dass wir auch mittelfristig nicht in der Lage sein werden, die Tilgung in Höhe von circa 700.000 Euro zu erwirtschaften." Man müsse deshalb in den nächsten vier Jahren circa drei Millionen Euro an Schulden aufnehmen oder Grundstücke und Liegenschaften verkaufen. Dem Haushalt der Touristik könne nicht zugestimmt werden, da er dem Beschluss entgegenstehe, dass die Verwaltung nur einen ausgeglichenen Etat vorlegen dürfe.

Konsolidierungsmaßnahmen, so Greul, seien in den vergangenen Jahren nicht vorgelegt worden. "Es wurde die dringendste Entscheidung über das Thermalbad nunmehr über vier Jahre vor sich hergeschoben." Der von der Rechtsaufsichtsbehörde zwingend vorgeschriebene Passus in der Gemeinderatsvorlage zum Haushalt 2018, den das Gremium zu beschließen habe, "ist nichts anderes als der Einstieg in die Zwangsverwaltung".

Gebühren im Fokus

Markus Merkle stellte für die Freien Wähler (FW) fest: Nur über das Haushaltssicherungskonzept könne man den Etat gegenüber der Gemeindeordnung rechtfertigen. Die Nettoinvestitionsrate sei die Kennzahl für die Finanzkraft einer Kommune – und hier sieht Merkle das Kernproblem. Er stellte die Frage: "Werden für alle erforderlichen Dienstleistungen der Stadt die entsprechenden Gebühren gemäß der Gebührenordnung berechnet?" Er erwähnte auch die Erschließung eines Gewerbegebietes. "Die Kostendeckungsraten unserer Einrichtungen moderat, sozial verträglich und kontinuierlich erhöhen", lautete eine Forderung. Merkle weiter: Die zurzeit laufenden Planungen für die provisorischen Erweiterungen der Kinderbetreuung in den Ortsteilen halte man für falsch. Die wachsende Zahl der Kindergartenkinder möge hier zwar eine Pflichtaufgabe rechtfertigen, aber nachhaltig sei das nicht.

Ungelöste Probleme

"Wir beginnen mit einem Rückblick auf die Haushaltssatzung 2017", erklärte Andreas Tockhorn fürs Bürgerforum (BF-BHA). Die Genehmigung des Etats sei durch die Kommunalaufsicht und Revision mit folgenden Auflagen ereilt worden: "1. Gemeinderatsbeschlüsse zu dem im Haushalt dargestellten Nichtverlust des Thermal- und Freibads sind der Rechtsbehörde bis spätestens 1. Oktober 2017 vorzulegen. 2. Vorlage eines Maßnahmenkonzepts bis 1. Oktober 2017 aus dem sich konkret die Verringerung der Gesamtverschuldung mittelfristig ergibt." Beide Auflagen seien offenkundig mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf noch nicht erfüllt.

Der Entwurf beinhalte nur die sich jährlich wiederholenden Feststellungen zu ungelösten Problemen und notwendigen Entscheidungen. Ständige Wiederholungen ohne Ergebnisse seien kein Konzept für die kommende Zeit. Es gebe Veranschlagungsgrundsätze für einen Haushalt – zum Beispiel den Grundsatz der sachlichen Vollständigkeit "und der Haushaltswahrheit und -klarheit". Man habe erhebliche Bedenken, dass diese Grundsätze erfüllt werden könnten, so Tockhorn. Entstehende Aufwendungen würden aus Not nur teilweise dargestellt mit der Begründung, dass der Haushalt bei sachlicher Vollständigkeit nicht genehmigungsfähig wäre. Nur so sei die Vorgabe des Haushaltsausgleiches zu erfüllen. Für den Eigenbetrieb Touristik gelte nach aktueller Beschlusslage, ohne finanzielle Defizite zu planen und zu handeln. Die Planzahlen für dieses und die kommenden Jahre widersprächen dieser Beschlusslage. Man bezweifle die gesetzten Schwerpunkte in der Touristik. "Unser Ziel für Haushaltsplanungen ist die Konsolidierung der Finanzen, um Gestaltungsmöglichkeiten für die anstehenden Aufgaben zur Entwicklung der Stadt zu haben. Das verlangt nach Lösungen, die sich mit dem Status quo dieser Haushaltspolitik aus unserer Sicht nicht darstellen", stellte Tockhorn fest.

Größtes Kapital

Für die CDU-Fraktion meldete sich Christian Romoser zu Wort. Er begann mit einem Zitat: "Wer seinen Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind der richtige." Romoser erinnerte daran: In einem Dienstleistungsunternehmen sei das Personal das größte Kapital. Eine Grundversorgung beim Kindergarten sei das eine, aber bei Serviceleistungen, die obendrauf kämen, könnten die Beiträge angehoben werden. Eine fortlaufende Gebührenkalkulation sei generell erforderlich, um die Beiträge angemessen anzupassen. Romoser erinnerte auch daran, dass ohne ein Friedhofskonzept die Gebühren nicht neu berechnet werden könnten. Er sei kein Freund davon, Grundstücke und Liegenschaften zu verkaufen.

Er regte eine Planung an, um Platz für junge Familien zu schaffen. Das Thema Rennberg sei seines Erachtens abgevespert. Für Romoser ist die mittelfristige Finanzplanung das wichtigere Papier, "an dem wir uns die nächsten Jahre entlanghangeln müssen".

Michael Theis von der Grünen Liste (GL) fasste es so bildlich zusammen: "Wir betreiben eigentlich nur harm- und wirkungslose Doktorspiele." In der Schlussbetrachtung zum Vorbericht des Haushalts werde die ganze Wahrheit ausgeführt. Ein Satz, der mehrmals zu lesen sei, laute: Eine Besserung der Lage ergebe sich in den kommenden Jahren nur, wenn die in dem Haushaltssicherungskonzept angedachten Konsolidierungsmaßnahmen und die langfristige Stadtentwicklung engagiert und konsequent von allen Beteiligten angegangen und umgesetzt würden.

Es sei ein ganz wichtiges Element, durch Neu- und Umstrukturierung der gesamten Verwaltung Personalkosten auch durch Einsparung von Personal mittelfristig zu reduzieren – in fünf Jahren mindestens fünf Stellen. "Wenn wir uns den Werdegang unseres Haushaltssicherungskonzeptes seit 2012 anschauen und sehen, wie viel auf der Strecke geblieben ist oder nicht mehr gewünscht ist, stimmt uns das für die Zukunft nicht sehr zuversichtlich. Wenn es ans Eingemachte geht und Liebgewonnenes in Frage steht, wird vieles wieder gekippt", so Theis. Die Kostenentwicklungen bei den Stadtwerken in den Bereichen Thermal- und Freibad seien weiterhin ein schwer durchschaubares Trauerspiel.

Ja zu Wirtschaftsplänen

Der Wirtschaftsplan 2018 des Eigenbetriebs Gartenschau Bad Herrenalb 2017 wurde übrigens in der Gemeinderatssitzung bei vier Gegenstimmen beschlossen. Sechs Gegenstimmen und eine Enthaltung gab es beim Ja zum Wirtschaftsplan 2018 des Eigenbetriebs "Touristik Bad Herrenalb". Nebenbei: Vor den Abstimmungen wurde den Stadträten von der Verwaltung noch mal deutlich gemacht, wie folgender Beschluss für den Haushalt 2018 wichtig sei: "Der Gemeinderat beauftragt Herrn Bürgermeister Mai eine Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Bad Herrenalb GmbH einzuberufen, in der bis 31. Dezember 2018 eine Entscheidung zur Verlustreduzierung der Bäderbetriebe gegen null Euro herbeizuführen ist."

Info: Wie geht es weiter?

Bad-Herrenalb - Wie geht es jetzt weiter, nachdem Alexander Kasper, Wolfhart König und Otto Greul von der UBV-Fraktion sowie alle drei Mitglieder der BF-BHA-Fraktion (Reinhard Domke, Andreas Tockhorn und Stefan Hahne) sowie Manfred Senk (GL) beim Haushalt 2018 mit Nein gestimmt haben?

Bürgermeister Norbert Mai sagte am Donnerstag auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten: Das Abstimmungsergebnis habe ihn sehr überrascht. Es sei in den Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen nicht erkennbar gewesen, dass der Gemeinderat mit einem Stimmenpatt den Haushalt 2018 ablehne. Mai stellt sich die Frage: Warum wurde im Vorfeld nicht darauf hingewiesen, dass man dem vorliegenden Haushaltsentwurf nicht zustimmen kann? Es wäre ein "faires politisches Verhalten" gewesen, wenn die betreffenden Stadträte zudem die Gründe genannt hätten, so der Rathauschef. Jetzt müssten Beratungstermine vereinbart werden, so Mai. Genaues könne er noch nicht sagen.

Fest stehe aber, dass bei der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 16. Mai, auch das Thema Haushalt auf der Tagesordnung stehen werde. Die Verwaltung müsse Druck machen, so Mai, da bei Zuschüssen und Zuweisungen bestimmte Zeiten eingehalten werden müssten. Ein Zuschussantrag könne erst gestellt werden, wenn der Haushalt beschlossen sei.

Kommentar: Tacheles Reden

Von Markus Kugel

Der Bad Herrenalber Gemeinderat hat bei Stimmengleichheit den Haushalt 2018 abgelehnt. Dass für Bürgermeister Norbert Mai ein solcher Ausgang nicht erkennbar war, macht die Situation auch nicht besser.

Die Siebentälerstadt steht wieder mal im Rampenlicht. Allerdings erneut anders als gewünscht. Die Fraktionsvorsitzenden hätten im Vorfeld signalisieren müssen, dass man nicht zustimmen werde. Und auch die Gründe hierfür nennen. Dann hätte man sich vor der Abstimmung noch mal an einen Tisch setzen können.

Jetzt gilt es, schnell Nägel mit Köpfen zu machen. Ist doch wegen der Zuschussanträge Eile geboten. Und es ist zudem höchste Zeit, miteinander Tacheles zu reden. Auch mit Blick auf die Haushaltsreden müssen den Worten endlich Taten folgen. Nicht nur, wenn es um Einschnitte bei den Bürgern geht, muss die Beratung freilich öffentlich weitergehen.