Wollen Druck machen (von links): Martin Knirsch, Horst Mohr, Otmar Bumb und Gerhard Wetzel. Foto: Kugel Foto: Schwarzwälder-Bote

Landkreiswechsel: Bürgerinitiative meldet sich zu Wort / Unterschriftenlisten

Von Markus Kugel

Plakate, Flyer, Aufkleber und Unterschriftenlisten für ein Bürgerbegehren: In Bad Herrenalb macht jetzt die Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" mobil.

"Unsere Gäste kommen hauptsächlich durch das Albtal aus dem Raum Karlsruhe. Die Breitbandverkabelung kommt aus Ettlingen. Die Stadtwerke haben mit Ettlingen fusioniert. Die Polizei wäre in Ettlingen besser aufgehoben als im entfernten Calw oder Bad Wildbad, genauso die Straßenmeisterei", ist im Flyer der Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" zu lesen.

Alle heutigen Stadträte, einschließlich Bürgermeister, hätten sich schon vor der jüngsten Gemeinderatswahl für den Wechsel zu Karlsruhe ausgesprochen.

Aufgeführt wird unter anderem, dass die Krankenhäuser Calw und Nagold schlecht sowie Landratsamt, Ämter und berufliche Pflichtschulen mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer erreichbar seien. Die Kreisumlage im Kreis Calw sei außerdem bis zu 500 000 Euro höher. Durch den Landkreiswechsel würden Schüler aus der Gemeinde Marxzell ohne Bedenken nach Bad Herrenalb wechseln. Dadurch könnte die Gemeinschaftsschule eingeführt werden.

Die Zusammenarbeit mit dem Kreis Karlsruhe sei ständig gewachsen. Das spiegle sich in vielen Tatsachen wider. So gebe es heute den Abwasserzweckverband oberes Albtal und die Tourismusgemeinschaft Albtal Plus mit Sitz in Ettlingen. Die Schüler besuchten Schulen in Ettlingen und Karlsruhe. Nach Karlsruhe fahre die Albtalbahn und biete beste Anschlussmöglichkeiten zu allen Ämtern, Schulen, Krankenhäusern, Kaufhäusern sowie Arbeitsstellen.

Bad Herrenalb. Am Donnerstagabend wurde im Hotel Kühler Brunnen zum Pressegespräch eingeladen. Die Altstadträte Martin Knirsch und Horst Mohr sowie Otmar Bumb, Gerhard Wetzel, Alfred Schönthaler und Klaus Hoffmann machten klar, wieso sie für eine Loslösung der Stadt vom Landkreis Calw sind. Und warum man nicht länger warten will.

Wie berichtet, sprach in der jüngsten Gemeinderatssitzung Michael Theis das Thema Landkreiswechsel an. Er zeigte sich bitter enttäuscht. Und zwar, weil Altstadtrat Knirsch medienwirksam erkläre, man werde von der Stadtspitze seit Jahren hingehalten. Der Gemeinderat möchte sich bekanntlich erst im Jahr 2018, also nach der Gartenschau, ausgiebig mit einem möglichen Wechsel befassen. Stünden doch derzeit andere wichtige Projekte an. Bürgermeister Norbert Mai erklärte, auch er habe sich sehr geärgert.

Fast nur Rentner

Knirsch erinnerte nun beim Pressegespräch daran, dass er sich bei der Kreisreform als junger Mann für den Landkreis Karlsruhe stark machte und "ich beinahe Schläge bekommen habe". Danach habe er sich berufsbedingt nicht mehr dem Thema annehmen können.

Fast alle seiner Mitstreiter seien Rentner. Der Grund: Junge Leute hätten verständlicherweise wenig Zeit, sich "um solche Sachen zu kümmern". Der Altstadtrat informierte, dass vor circa drei Jahren sich fünf Mann zusammengetan hätten, um sich für einen Landkreiswechsel stark zu machen. Als das Bäderprojekt auf der Schweizer Wiese ein Thema gewesen sei, habe man die Aktivitäten erst mal ausgesetzt.

Mohr und er, so Knirsch, seien letztendlich übrig geblieben. Sie hätten sich neu orientiert und den Kreis vergrößert. Derzeit würden sich bei der Bürgerinitiative 15 Bad Herrenalber einbringen. Allerdings: "Wir können sofort problemlos erhöhen." Besonders freut sich der frühere Stadtrat, dass Klaus Hoffmann, Geschäftsführer der Karlsruhe Tourismus GmbH, mit dabei ist.

Volles Verständnis

Knirsch bemerkte: Bürgermeister Mai habe einen seinerzeit bei der Gründung "unseres Clubs" geradezu dazu ermuntert, "das zu tun". Er habe seine Unterstützung zugesichert. Karlsruher Landkreisabgeordnete hätten gemeint, es sei schon lange Zeit, die Siebentälerstadt zu integrieren. Und Landrat Christoph Schnaudigel signalisierte laut Knirsch, das Richtige zu tun. Dessen Calwer Kollege Helmut Riegger habe volles Verständnis gezeigt, doch könne er das Anliegen nicht unterstützen. Der CDU-Landtagsabgeordnete des Landkreises Calw "hat uns nicht für voll genommen", führte Knirsch weiter aus. Man habe deshalb die Sitzung abgebrochen. Im Übrigen werde im Landratsamt Calw genauso gemauert wie im Bad Herrenalber Rathaus.

Zeitlicher Vorlauf

Wegen der neuen Landesregierung werde jetzt für einen Landkreiswechsel Stimmung gemacht, so die Bürgerinitiative. Warte man bis 2018, würden schon wieder Vorbereitungen für die nächste Wahl getroffen. Stelle man keinen Antrag in Stuttgart, per Gesetz zu entscheiden, komme es wohl nie zu einem Wechsel. Es wurde als Pflicht bezeichnet, die Verwaltung zu zwingen, zu handeln.

Die Bürgerinitiative weiß, dass ein zeitlicher Vorlauf vonnöten ist. Und kontrovers diskutiert werden wird. Freilich sei man nicht so blauäugig zu denken, dass es bei einem Wechsel keine Probleme mehr geben werde.

Etwa drei Monate sollen die Unterschriftenlisten ausliegen. Bei Bedarf sind Info-Stände und Veranstaltungen geplant.

Übrigens: Das Unterschriftenquorum für Bürgerbegehren und das Abstimmungsquorum bei Bürgerentscheiden wurden gesenkt. Für ein gültiges Bürgerbegehren müssen seit dem 1. Dezember 2015 sieben statt zehn Prozent der Wahlberechtigten unterschreiben. Damit ein Bürgerentscheid gültig und für die Verwaltung verbindlich ist, muss die Mehrheit der abgegebenen Voten ein Zustimmungsquorum, eine bestimmte Stimmenhöhe bezogen auf alle Stimmberechtigten, erreichen. Dieses wurde von 25 auf 20 Prozent abgesenkt.

Die Bürgerinitiative geht davon aus, die etwa 450 notwendigen Unterschriften auf jeden Fall zusammenzubekommen. Je mehr, desto besser. Auf den Listen steht einleitend: "Die Unterzeichner beantragen die Durchführung eines Bürgerentscheids zu folgender Frage: ›Sind Sie dafür, dass sich die Stadt Bad Herrenalb umgehend bei der Landesregierung, den Landtagsfraktionen sowie den Landtagsabgeordneten dafür einsetzt, dass diese eine Gesetzesvorlage in den Landtag einbringen, nach der die Stadt Bad Herrenalb aus dem Landkreis Calw aus- und in den Landkreis Karlsruhe eingegliedert wird?‹"

Nebenbei: Nach rund fünf Tagen Facebook-Auftritt habe man schon um die 2000 Zugriffe registriert.

Gesetz erlassen

Auf Nachfrage bei der Pressestelle des Innenministeriums Baden-Württemberg war gestern zu erfahren, dass ein möglicher Landkreiswechsel im Paragraf sieben (Gebietsänderungen) der Landkreisordnung geregelt sei. Hier heißt es unter anderem: Die Grenzen des Landkreises können aus Gründen des öffentlichen Wohls geändert werden. Die Änderung der Grenzen eines Landkreises infolge Eingliederung oder Ausgliederung von Gemeinden und gemeindefreien Grundstücken bedürfen eines Gesetzes.