Eberhard Mannschreck mit seinem Bernbach-Buch. Foto: Zoller Foto: Schwarzwälder Bote

Buch: Bernbach steht im Mittelpunkt: Ernstes, Heiteres, Unbekanntes, Unglaubliches aus 250 Jahren Vergangenheit

Er kann’s nicht lassen. Eberhard Mannschreck ist so eng mit seiner Heimat in Bernbach verbunden, dass er sich im Ruhestand erneut mit der Vergangenheit seines Geburtsortes beschäftigt.

Bad Herrenalb-Bernbach. Dabei erinnert er an die akribisch recherchierende Romanfigur von Pater Brown, alias Heinz Rühmann, die in jedem noch so unverfänglichen Tatbestand ein Mordmotiv witterte. Nun denn, Morde sind es keine, vielmehr bringt der 81-jährige Rentner im Unruhezustand längst verschwundenes ans Tageslicht und bewahrt es somit – wie es sich für einen echten Heimatforscher gehört – vor dem Vergessen werden.

Lange Liste

Sein neues Buch trägt den Titel "Bernbach - Ernstes, Heiteres, Unbekanntes, Unglaubliches aus 250 Jahren Vergangenheit" und ist im Sommer wie schon das erste Buch zur Kirche in Bernbach im Verlag "tredition GmbH Hamburg" erschienen.

Auf 51 Seiten wird die interessante Vergangenheit des Dorfes lebendig, das bereits im 12. Jahrhundert besiedelt war. Aus dem Jahr 1399 stammt eine Urkunde die dann den Namen Bernbach für die Bauernsiedlung bezeugt.

Lange ist die Liste der Quellennachweise und Archive, die der interessierte Autor in den vergangenen drei Jahren bereist und akribisch aufgelistet hat. Der einstige Diplom- Ingenieur hat sein Domizil seit vielen Jahren in Ravensburg im südlichen Oberschwaben aufgeschlagen. Aber nach wie vor fühlt er sich mit dem Nördlichen Schwarzwald verbunden. Nicht zuletzt deswegen, weil er die ersten elf Jahre seiner Kindheit in Bernbach als Sohn des Lehrers Adolf Mannschreck verbracht hat. Kein Wunder also, dass er sich in den alten Aufzeichnungen von Pfarrer Hicht aus dem Jahr 1783 umgesehen und die in Sütterlin geschriebene Handschrift mit viel Mühe entziffert hat.

Damals war der 29-jährige Johann Matthäus Kull Lehrer in der Bernbacher Schule. Wer sich heute damit beschäftigt, wird sich über die unterschiedlichen Schulzeiten der Bernbacher Kinder wundern, die brav ihr Schulgeld entrichteten und dafür "winters wochentlich 5 Tage, 5 Stunden und 1 Tag, 3 Stund" sowie "sommers 3 Tag, 3 Stund" unterrichtet wurden. Dass das Ganze nichts mit Faulenzerei und großen Ferien zu tun hat, erklärt der Autor gerne persönlich: "Damals hatten die Bauern viele Kinder und diese mussten in den Sommermonaten beim Viehhüten oder auf dem Feld arbeiten." Interessanterweise sind für das oben genannte Schuljahr 60 Kinder im Winter und nur 54 Schüler im Sommer aufgelistet, sodass man davon ausgehen kann, dass so mancher brave Bauer das Schulgeld gänzlich eingespart hat, um seine Kinder in der Landwirtschaft einzusetzen.

Autor gibt Erläuterungen

"Man lebte von der Scholle. Und was man im Sommer nicht erwirtschaften konnte, das fehlte im Winter", so Mannschreck, der erklärt, dass Schule üblicherweise in Privathäusern abgehalten wurde und 1814 das erste Schulhaus in Bernbach entstand. In seinem Buch werden 85 Einzelereignisse lebendig. Interessantes zum Dorf und seinen Bewohnern wird ebenso wie Wissenswertes über Notstände und Unterstützung für Hilfsbedürftige in historischen Originaltexten von 1780 bis 1939 aneinandergereiht und durch Erklärungen hilfreich ergänzt.

Mannschreck selbst bezeichnet seine außergewöhnliche Sammlung als "Blick durch ein Kaleidoskop" und macht damit nicht nur längst vergessene Ereignisse sichtbar, sondern erläutert zudem Begrifflichkeiten, die heute keiner mehr kennt.

Das "Fruchtgratial" setzt sich so zum Beispiel aus dem Wort Frucht – gemeint sind damit die verschiedenen Getreidesorten, die beim Bauern auf dem Acker wuchsen – und dem Gratial, einem Geschenk, zusammen.

Bis ins Jahr 1850 lassen sich vielerorts die Naturalabgaben an den Pfarrer in Form von Getreide nachweisen. Weil dieser keine Anbaumöglichkeit für Getreide hatte, war er auf das Fruchtgratial angewiesen, um sich und seine Familie zu ernähren. Bis in die 30-er Jahre des vorigen Jahrhunderts war Bernbach ein rein land- und forstwirtschaftlich geprägtes Dorf. Der Autor schreibt: "Die Bauern bespannten ihre Fuhrwerke mit zwei Kühen, um die Felder zu bestellen und dirigierten diese mit knallenden Peitschen und lauten Rufen."

Dass die Tiere diese Schwerstarbeit nur mit gesunden Hufen bewerkstelligen konnten, belegt ein Kuh-Hufeisen aus Eisenblech. Ein seltenes Foto, das zeigt, dass auch Paarhufer an den Hufklauen "besohlt" werden können.

Das reich bebilderte Werk zeigt darüber hinaus nicht nur seltene Dokumente und Bauwerke aus alten Zeiten, sondern auch Abbildungen von Grenzsteinen der einstigen Grenzregion zwischen Baden und Württemberg.

Auf Erlass des königlichen Oberamtes in Neuenbürg musste auf württembergischem Terrain für Diebe, Bettler und Landstreicher 1832 sogar ein Gefängnis in Bernbach eingerichtet werden.

Doch Bernbach war nicht der Platz, wo sich komplizierte Kriminalfälle zu ereignen pflegten, denn das 1895 erbaute Schul- und Rathaus besaß lediglich einen Ortsarrest. Vielleicht deswegen hat Eberhard Mannschreck seinen kriminalistischen Tatendrang walten lassen, um Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen.

Weitere Informationen: Bernbach – Ernstes, Heiteres, Unbekanntes, Unglaubliches aus 250 Jahren; gebundene Ausgabe: 52 Seiten; Verlag: tredition (2018); ISBN: 978-3-7469-2853-1; Preis: 16 Euro.