Das Posthorn des Großvaters von Elisabeth Höll ist ein ­Relikt aus vergangenen ­Tagen. Foto: Glaser Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Elisabeth Höll erinnert sich an ihren Großvater / Andreas Hautsch saß bis zu seinem Tod auf dem Kutschbock

Elisabeth Höll (82) aus Bad Herrenalb-Neusatz hat ein schönes Erinnerungsstück an ihren Großvater väterlicherseits: ein Posthorn. Ihr Großvater Andreas Hautsch (1847 – 1927) war der letzte Postillion im Albtal. Seine letzte Fahrt mit der pferdebespannten Postkutsche von Herrenalb nach Ettlingen war am 1. Juli 1898, dem Tag der Eröffnung der Albtalbahn.

Bad Herrenalb-Neusatz. Nach Neuenbürg und ins Murgtal fuhr die Postkutsche bis April 1913. Ab dann verkehrten auf diesen Strecken Omnibusse. Andreas Hautsch saß aber bis zu seinem Tod auf dem Kutschbock, denn der Personentransport mit Pferdekutschen gehörte trotz zunehmender Motorisierung auch in den 1920er-Jahren zum täglichen Erscheinungsbild.

Von Erzählungen ihres Vaters weiß Elisabeth Höll, dass ihr Großvater oft Kurgäste am Abend nach Baden-Baden ins Spielcasino fuhr und spät in der Nacht wieder zurück.

"Da gab es viel Trinkgeld", sagt Höll. Das Trinkgeld spielte auch in den Zeiten des Postkutschenbetriebs eine große Rolle. So lebte Familie Hautsch mit ihren vier Kindern von den Trinkgeldern. Der Lohn, den der Postillion vom Posthalter Mönch bezog, wurde lange Zeit nicht ausbezahlt. "Den Lohn ließ man stehen, bis die Familie ein Haus in Herrenalb in der Nähe des Sägwasenplatzes baute. Damit wurde das Haus bezahlt", weiß Höll.

Dieses Wissen wurde von Generation zu Generation mündlich überliefert. Und so weiß man heute noch Details zum Tagesablauf des Postillions. Er war bereits um 4 Uhr in der Frühe in den Stall der Posthalterei hinter der ehemaligen Klosterschänke gekommen. Als Postillion war er nicht nur der Führer des Postfuhrwerks, sondern auch für die Versorgung der Pferde zuständig. Postillione wurden auch Postknechte oder Postreuter genannt.

Zwei verschiedene Strecken führen nach Neuenbürg

Zuerst gab er den Pferden Futter; dann mistete er den Stall aus. Zuletzt wurden die Tiere gestriegelt und angespannt. Unterdessen machte die Frau des Posthalters für den Postillion ein Frühstück. Das bekam Hautsch am Kachelofen in der Gaststube der Klosterschänke von der Chefin persönlich serviert. Elisabeth Höll: "›Sie war Herr und Bauer zugleich‹, sagte der Großvater, wenn die Rede von Frau Mönch war. Erst die Nachfahren waren elitär."

Um 6 Uhr fuhr Postillion Hautsch dann los, nachdem er zuvor seine Uniform angelegt hatte. Zur Ausstattung gehörten auch das Posthorn, eine Mütze und eine Peitsche. Nach Neuenbürg gab es zwei verschiedene Strecken. Entweder ging es über Rotensol, Neusatz, Dobel nach Neuenbürg oder über Rotensol, Neusatz und Schwann nach Neuenbürg. Das Horn blies der Postillion als Signal bei der Ankunft und Abfahrt an Haltepunkten. Dort wurden Fahrgäste, Post und Waren be- und entladen.

Andreas Hautsch blies auf seinem Posthorn während der Fahrt Melodien. "Die Leute blieben stehen. Sie hörten mit der Feldarbeit auf und lauschten, bis er wieder weg war", weiß Höll aus Gesprächen mit alten Rotensoler Bürgern.

"Geheimloch" ermöglicht größere Melodiefähigkeit

Das noch existierende Posthorn des Herrenalber Postillions ist ein viermal gewundenes ventilloses Signalhorn, das mit einer rot-schwarzen, also württembergischen, Kordel umwickelt ist, die in Pompons endet. Unter der Umwicklung verborgen hat es ein sogenanntes "Geheimloch", das eine Umstimmung und damit eine größere Melodiefähigkeit ermöglicht.

Der Beruf des Postillions gehörte angesichts seiner hoheitlichen Aufgaben zu den angesehenen Berufen. Er war hart. Die Straßen waren schlecht. Bei Schnee musste den Pferden vor Steigungen Schuhe mit Stollen angelegt werden, damit sie einen sicheren Tritt hatten.

Und auch die folgende Erzählung von Höll spricht für sich: Als ihr Großvater im Winter 1925 ein Brautpaar von Neusatz nach Herrenalb zur Klosterkirche fuhr, war beim Aussteigen der Brautstrauß erfroren.