Wahlkrimi am 10. November 2019: Landrat Helmut Riegger (rechts) gratuliert dem Sieger. Foto: Kugel Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Bad Herrenalber Bürgermeister seit 100 Tagen im Amt / Freude über tolle Aufnahme durch die Mitarbeiter

Bad Herrenalb. Es dauerte einige Zeit, bis der parteilose Klaus Hoffmann seinen Sieg mit 39,4 Prozent der abgegebenen Stimmen so richtig realisieren konnte. Am 10. November vorigen Jahres machte der damalige Geschäftsführer der Karlsruher Tourismus GmbH überraschenderweise in der entscheidenden zweiten Runde der Bad Herrenalber Bürgermeisterwahl das Rennen. Er konnte 19 Stimmen mehr als die damalige Stadtkämmerin Sabine Zenker auf sich vereinen. Am 17. Januar nahm Hoffmann auf dem Chefsessel im Bad Herrenalber Rathaus Platz. Am Samstag, 25. April, ist er nun 100 Tage im Amt. Zeit für eine erste Bilanz des 60-Jährigen.

Wie geht es Ihnen nach den ersten Wochen?

Mir geht es gut. Den Start habe ich mir sicher anders vorgestellt. Aber man muss es nehmen, wie es kommt. In den ersten sechs Wochen hatte ich einen vollen Terminkalender, so wie ich das geplant hatte. Da waren die Einladungen zu den Jahresversammlungen unserer Vereine, Gespräche mit Vertretern des Gemeinderats und den Parteien, wir stellten die Tourismusbilanz 2019 vor und vieles mehr. Dann hatte ich Termine im Innenministerium in Stuttgart, mit den Landräten Riegger und Schnaudigel, mit den Bürgermeistern Schaack, Eisele und Viehweg und weiteren sowie dem Geschäftsführer der IHK Karlsruhe, Glania. Zu einer Besprechung im Landratsamt mit allen Bürgermeistern des Landkreises und einer Veranstaltung des Regionalverbandes Schwarzwald kam es auch noch. Dann wurden alle Terminvereinbarungen für März und April abgesagt und wir sind in der Stadtverwaltung in den Krisenmodus gewechselt. Aber wie gesagt, es geht mir gut. Denn ich sehe die Krise auch als Chance.

In der Politik wird üblicherweise die 100-Tage-Frist eingeräumt, damit neue Amtsinhaber sich mit Abläufen vertraut machen können. Was sagen Sie dazu in Zeiten der Corona-Krise?

Sich vertraut machen mit Abläufen geht auch in Krisenzeiten – nur eben anders. Ich habe mit Ausrufung der Krise sofort einen Krisenstab in der Stadtverwaltung eingerichtet und damit mehr und andere Mitarbeiter mitgenommen, als ich das vermutlich ohne Corona-Krise getan hätte. So sind wir in der Stadtverwaltung enger zusammengerückt. Die Arbeit geht weiter, unter anderen Vorzeichen. Jedoch hat die veränderte Situation durch Corona dazu geführt, dass vier Wochen lang kaum anderes möglich war, als sich mit der Krise zu beschäftigen. Erst in den letzten Tagen konnte ich einige der früher geplanten persönlichen Treffen durch Telefonkonferenzen nachholen. Die Tage fehlen also schon. Aber ich habe mir einen guten Überblick verschafft.

Die Stellen des Hauptamtsleiters und des Stadtkämmerei-Chefs sind noch vakant. Was bedeutet das für Sie?

Die Stelle des Stadtkämmerers haben wir zwischenzeitlich besetzt, er fängt am 1. Juni an. Wir freuen uns, dass wir einen qualifizierten und motivierten neuen Mitarbeiter gefunden haben. Das Hauptamt ist leider noch vakant, das stimmt. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Stelle bald besetzen werden. Für mich bedeutet dies: engeren Kontakt zu den stellvertretenden Amtsleitern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Natürlich auch, dass ich mich um die eine oder andere Frage intensiver kümmern muss. Kurz und gut, die Situation verlangt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr ab, lässt sich aber bewältigen. Hier möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für deren Einsatz danken.

Wo liegen die größten Unterschiede Ihrer jetzigen Tätigkeit zu der bei der Tourismus GmbH?

Nun, der Haushalt hat eine größere Dimension als bei der KTG, aber die Größenordnung mit 20 bis 30 Millionen Euro ist mir aus meinen früheren Tätigkeiten nicht fremd. Es sind mehr Mitarbeiter als zuletzt und natürlich neue Fachgebiete. Sonst geht es um Fragen der Strategie, Organisation und Führung und das sind Themen, die ich von früher kenne und auch verantwortet habe. Im Wesentlichen aber, dass ich Verantwortung trage für eine ganze Stadt und deren Bürgerinnen und Bürger.

Wofür ging bislang die meiste Zeit drauf?

Gespräche. Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Gespräche mit Kollegen und Partnern. Seit Mitte März aber tatsächlich viele Fragen rund um Corona, die Landesverordnungen und für uns abzuleitende Maßnahmen.

Was hat Sie auf dem Chefsessel des Rathauses bislang am meisten überrascht?

Überrascht? Überrascht hat mich nichts wirklich. Ich habe es so erwartet, wie es dann auch kam – mehr oder weniger. Aber eben nicht überraschend.

Und was hat Sie seit dem 17. Januar am meisten geärgert beziehungsweise am meisten gefreut?

Gefreut hat mich die tolle Aufnahme durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alle ziehen mit, sind bei der Sache und unterstützen den neuen Bürgermeister bei seinen Amtsgeschäften. So richtig geärgert hat mich bisher gar nichts. Ich fühle mich rundum wohl im Amt. Was mich auch freut ist, dass sich unsere Bürgerinnen und Bürger an die Anordnungen, die wir erlassen haben, um uns alle vor einer Corona-Infektion zu schützen, halten. Was mich derzeit am meisten umtreibt sind die Auswirkungen der Corona-Krise. Wir müssen davon ausgehen, dass unsere Einnahmen drastisch sinken werden. Das heißt, dass wir uns noch intensiver mit Restrukturierungsfragen beschäftigen müssen. Aber das gehört nicht in die Kategorie "geärgert", sondern in die Kategorie "annehmen und daran arbeiten".

Was steht momentan auf Ihrer Prioritätenliste an erster Stelle?

Corona überschattet natürlich alles. Aber sonst? Wo fange ich da an? Es sind viele Themen, die angepackt werden müssen. Da ist die medizinische Versorgung der Bürger. Die Gespräche, die ich in den letzten Wochen geführt habe, zeigen alle in die gleiche Richtung – die Stadt muss sich stärker einbringen als bisher. Haushalt, wie ich schon gesagt habe, steht jetzt ganz oben. Im Gemeinsamen Ausschuss Bad Herrenalb/Dobel habe ich das interkommunale Gewerbegebiet wieder aufgegriffen. Der Gemeinderat hat erinnert, dass in der Vergangenheit vielfältige Beschlüsse gefasst wurden, die auf Umsetzung warten. Die Therme natürlich – und ich habe zugesagt, bis Juli ein Grundkonzept für den Eigenbetrieb Tourismus und Stadtmarketing vorzulegen. Die Themen haben bei genauer Betrachtung nicht die Zeit, um in Ruhe und nacheinander abgearbeitet zu werden. Dafür stehen die meisten schon viel zu lange auf irgendeiner Agenda, also nicht nur auf meiner. Sicher habe ich jetzt das eine oder andere wichtige Thema auch vergessen, das ebenfalls auf einer Liste stehen müsste. Es sind schon einige Themen, die da auf Erledigung warten.

Wie viele Stunden hat zurzeit ihre Arbeitswoche?

Arbeitsstunden zähle ich nicht. Das habe ich mir schon lange abgewöhnt.

Wie kommt eigentlich die Familie mit Ihrem neuen Amt klar?

Es ist schon anders als früher. Wir haben uns aber doch ganz gut arrangiert. Und aktuell geht es uns ja wie allen anderen Familien. Meine Frau ist auch zur Nebenerwerbslehrerin geworden, die sich um die Hausaufgaben und den Lernstoff kümmert, die für unsere Kinder von den Lehrern verschickt werden.   Die Fragen stellte Markus Kugel.