"Russische Weihnacht" in der evangelischen Klosterkirche (von links): Anna Zlobina (Domra), Sergej Riasanow (Knopfgriff-Akkordeon) und Wassilij Sokolov (Bariton). Foto: Glaser Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: "Russische Weihnacht" ohne Weihnachtslieder bei "Klassik im Kloster" / Honorarkonsul zu Gast

Es ist der längste stehende Applaus gewesen, den es in der zwölfjährigen Geschichte der Konzertreihe "Klassik im Kloster" jemals gegeben hat. Wassilij Sokolov (22) löste diesen Beifallssturm aus.

Bad Herrenalb. Dabei stand er nicht einmal auf dem Programm des Konzerts "Russische Weihnacht" am Sonntag in der evangelischen Klosterkirche von Bad Herrenalb.

Aus Moskau angereist

Sokolov ist Bariton-Sänger. Und er ist ein russisches Gesangstalent mit einem Engagement an einem Moskauer Theater. Eigentlich sollte sein älterer Bruder Petr bei "Klassik im Kloster" auftreten. Aber er lag krank im Bett. Wassilij reiste aus Moskau an und sprang für seinen Bruder ein.

Mit einem lang anhaltend gesungenen Ton betrat er die kleine Bühne vor dem Altar der Klosterkirche. Dann sang er bekannte russische Lieder mit Verve, die den Kirchenraum bis in den letzten Winkel zum Schwingen brachte. Begleitet wurde er von Sergej Riasanow mit einem Knopfgriff-Akkordeon und Anna Zlobina mit einer Domra, einem dreisaitigen Instrument, das an eine Mandoline erinnerte.

Kirschrotes Tuch

Mit "Russischer Weihnacht" hatte das alles aber nichts zu tun. Sergej Riasanow, der mit Humor durchs Programm führte, erklärte das so: "Es gibt nur ganz wenige reine Weihnachtslieder in Russland." Kirche und Staat seien seit Langem über Kreuz. So lange, dass sich auch alte Weihnachtslieder nicht überliefert hätten.

Also lauschte das Publikum stattdessen Arien, Volksliedern und Romanzen. Thema dieser Lieder war zum Beispiel ein kirschrotes Tuch, das eine Frau an ihren Verflossenen erinnerte. Oder zwei Bäume, die ineinander verliebt waren, aber nicht zueinander kommen konnten.

Leise und zarte Empfindungen brachte das Saiteninstrument Domra zum Klingen. Temperamentvolles vertonte das Akkordeon. Während europäische Lieder meist in Dur gestimmt sind, sind russische Lieder in der Regel in einer Moll-Tonart komponiert. "Immer jammert irgendwer", meinte Sergej Riasanow und begründete das so: "Sie jammern, weil Russland in seiner Geschichte viel gelitten hat." Dann hörte man auch noch ein trauriges Lied in Dur.

Eigenkomposition gespielt

Das gefiel dem Publikum. "Das ist die russische Seele. Diese Musik hat Emotionalität und Kraft!", sagte Brigitte Krauskopf aus Bad Herrenalb in der Pause. Instrumentaler Höhepunkt war eine Eigenkomposition von Riasanow. Er spielte sein Werk "Nostalgie und Happy Day" auf einem digitalen Akkordeon. Am Instrument leuchteten kleine blaue Lichter.

Erlös wird verdoppelt

Beim Drücken der Bassknöpfe hörte man nicht den typischen orgelartigen Klang, sondern Töne, die an ein Keyboard erinnerten. Im heiteren Teil des Stücks wurde die Diskantseite des Instruments zum Glockenspiel. Das klang dann doch ein wenig weihnachtlich.

Der Erlös des gut besuchten Konzerts wird Sabine Zoller, Organisatorin von "Klassik im Kloster", an das Projekt Fatima Baalika Dayadhaam in Indien spenden. Es kümmert sich um Straßenkinder-Mädchen in Rangia/Assam. Andreas Lapp, Honorarkonsul der Republik Indien für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wird den Betrag verdoppeln. Er war beim Konzert anwesend.