Miniatur als Vorbild zur Kupferplatte. Foto: Schwarzwälder Bote

Gebetbuch: Faszination zu Farben und Formen im Mittelalter / Bei Vortrag viel Wissenswertes erfahren

"Der Vortrag hat mir viel Wissenswertes vermittelt", sagte eine Besucherin am Informationsabend zum Herrenalber Gebetbuch und verabschiedet sich lächelnd von Monika Amann.

Bad Herrenalb. Die stellvertretende Filialleiterin der Sparkasse Bad Herrenalb hatte zu einem Vortrag in die Schalterhalle der Sparkasse eingeladen, um Interessenten die Möglichkeit zu bieten, Wissenswertes über das Herrenalber Gebetbuch zu erfahren.

Sabine Zoller, Historikerin und Initiatorin der Spendenaktion, die zum Kauf eines Faksimiles aufruft, war vor Ort. Sie berichtete nicht nur über die Herstellung des Buches in der Schreibwerkstatt (Skriptorium) des ehemaligen Zisterzienserklosters, sondern auch über den Schreiber Johannes Zürn, der als Mönch und Kantor im Herrenalber Kloster mehr als 30 Jahre lang lebte und wirkte.

Das in den Jahren 1482 bis 1484 entstandene Gebetbuch war die Auftragsarbeit seines Klosterbruders Ludwig von Bruchsal, der als Verwalter des Herrenalber Klosterhofs in Merklingen tätig war und sich für den persönlichen Gebrauch ein eigenes Gebetbuch anfertigen ließ.

Neugierige Zuhörer

Betrachtet man die Geschichte des Klosters, so entstand das kostbare Einzelstück noch in der Hochphase des Klosterbetriebes. 50 Jahre später wird die Reformation in Württemberg eingeführt und trotz nachfolgenden Kriegswirren und Verwüstungen des Klosters blieb das kostbare Buchjuwel als Relikt aus dem Mittelalter bis heute unversehrt und komplett erhalten.

Ein Thema, das in der heutigen, schnelllebigen Zeit fast unvorstellbar ist. Über soziale Medien wie Instagram, Facebook und Twitter werden Informationen ebenso wie Bilder versendet. Alles ist online und wird in Clouds gespeichert – was fehlt ist die Entschleunigung und Haptik. Ein Gefühl, das beim Anfassen von Dingen eine Empfindung auslöst und damit die Wahrnehmung für Dinge sensibilisiert. Kein Wunder also, dass die neugierigen Zuhörer des Vortrags gespannt darauf warteten, das Gebetbuch selbst in die Hand nehmen zu können, um nicht nur die Arbeiten des Schreibers, sondern auch die leuchtenden Miniaturmalereien mit Purpur und Gold zu bewundern, was das Gebetbuch bis heute so wertvoll macht.

Farben waren oftmals eines der best gehüteten Geheimnisse eines Klosters. Für die Malerei mussten diese dazu eigens angerührt und zusammengemixt werden und Karminrot zum Beispiel entstand aus Safrangelb, also den getrockneten Blütennarben einer Krokuspflanze, und der Farbe der Schildlaus. Und eben diese individuellen "Zutaten" ermöglichen die bis heute unvergänglichen Malereien, die in der notariell beglaubigten Reproduktion dem Original in nichts nachsteht.

Die 30 Miniaturen begeistern durch Form und Farbigkeit.

Die mittelalterliche Malerei entsteht aus dem Bedürfnis, Gott zu ehren und ist daher christlich geprägt. Farbig gestaltete Kirchenhallen dienten daher weniger der Dekoration denn der Information. Die Bevölkerung konnte in der Regel weder lesen noch schreiben und war daher auch nicht in der Lage eine lateinische Messe oder die Bibel zu verstehen.

Daher war das Bild das wichtigste Medium des Mittelalters. Im Herrenalber Gebetbuch sind Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu und dem Leben Mariens sowie Einzeldarstellungen von bekannten Heiligen wie Christopherus, Margaretha oder Katharina, den beiden Nothelferinnen, dargestellt. Besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass zwölf der 15 Szenen aus dem Leben Jesu nach Vorlagen von Kupferstichen entstanden sind.

Als Künstler der Kupferstiche wird Martin Schongauer aus Colmar genannt, der zu einem der bedeutendsten Grafiker vor Albrecht Dürer zählt. Bis heute gelten seine Arbeiten nicht nur wegen der technischen und künstlerischen Qualität zu Meisterwerken. Daher wurden sie bei der Reproduktion des Gebetbuches im 21. Jahrhundert erneut in Szene gesetzt.

Bürger spenden

Als Hommage an das Mittelalter ziert das in der Schalterhalle in Herrenalb ausgestellte Gebetbuch zwei Kupferplatten mit Szenen aus dem Leben Jesu, die exakt nach den Malereien im Inneren des Buches entstanden sind. Damit schließt sich der Kreis vom Mittelalter bis heute. Denn aufgrund der aufwendigen Reproduktionen kann die außergewöhnlich detailreiche und exakte Malerei des Mittelalters nun wieder als Kupferstich gezeigt werden. Die Verknüpfungen von einst und heute bieten ein interessantes Umfeld und so ist es nicht verwunderlich, dass sich bereits viele Bürger mit ihrer Spende für den Erwerb des Herrenalber Gebetbuches ausgesprochen haben.

Das "Juwel aus der Vergangenheit" ist ein Mosaikstein der Geschichte die Herrenalb vom Kloster zum Kurort geführt hat.

Daher wird am Freitag, 30. November, ein zweiter Vortrag zum Gebetbuch angeboten. Im Park Restaurant im Kurhaus stellen die Pächter ihre Räumlichkeiten zur Verfügung. Als Referent wird Herbert Krempel von 16 bis 17 Uhr über den Aufbau und Inhalt des Gebetbuches sprechen.